aus bma 11/10 – Lesererfahrung

von Gert Samblowski

Honda CB 250 NAlles begann im Spätsommer 1999. Mein Sohn war gerade 18 Jahre alt geworden und im Besitz der Fahrerlaubnis für Motorräder. Um die Geldbörse des Schülers und angehenden Studenten zu schonen, sollte ein leichtes Motorrad her um ein wenig mobiler zu sein und schon mal (wenn möglich) schadensfreie Versicherungsjahre zu sammeln.

Zufällig wurde in der Nähe eine Honda CB 250 N Baujahr 1979 angeboten. Eindruck machte nur ein ganzer Stapel Reparaturrechnungen jüngeren Datums, das Fahrzeug selbst sah desolat aus. Eigentlich war es schrottreif und in einer Fachwerkstatt mit vertretbarem Aufwand nicht mehr zu reparieren. Ich wollte mich jedoch der Herausforderung stellen.

Erfreulich war, dass sich Rahmen, Gabel und Schwinge in noch brauchbarem Zustand befanden. Sofort erkennbar: Alle Gummiteile rissig, Motor stark verölt, Kettensatz verschlissen, Scheinwerferreflektor verrostet, Drehzahlmesser ohne Funktion, Tachobeleuchtung defekt. Sicherungskasten verschmort, Lampenhalter und Schutzblech vorn völlig vergammelt. Bremsklötze verschlissen und statt Bremsflüssigkeit schwarzer Schlamm und Wasser im System.

Mit dem Motor ist das ja so eine Sache: Motoren aus dem 70er Jahren hatten eine Lebenserwartung von ca. 30 – 40000 km. Danach waren Kolben und Zylinder verschlissen. Durch diese Undichtigkeiten wirkt der Kompressionsdruck auf das Kurbelgehäuse und der Motor ölt aus allen Löchern. Nachdem Zylinder geschliffen und Kolben mit Übermaß 0,25 eingebaut waren, konnte man weiterfahren. Es gab dann noch Übermaß 0,5 und 0,75, danach ging es wieder von vorn los, sofern der Rahmen des in die Jahre gekommenen Mopeds den Motor noch tragen konnte. Daher hier gleich der Hinweis: Wenn ein „toller Motor mit erst 40000 km“ angeboten wird, Vorsicht!

Motorinstandsetzungen gehörten früher zum Tagesgeschäft einer Reparaturwerkstatt. Leider sind die Lohn- und Materialkostenkosten heute so hoch, dass dies nur noch für ausgesprochene Liebhaberfahrzeuge in Frage kommt, oder man macht sich selbst ans Werk.

Wobei neue Probleme auftreten: Allgemein werden Neuteile knapp, zum anderen hat Honda in den letzten Baureihen der CB 250 N (trifft auch auf die CB 400 N zu) Zylinderschrauben mit Gummikragen verbaut, die nur einmal verwendet werden können. Diese sind heute als Ersatzteil kaum noch zu beschaffen. Da hilft dann nur noch Heimwerkerpfusch mit Silikon oder ähnlicher Dichtmasse.

Honda CB 250 N CockpitIst der Motor schon mal auseinander sollte man auch einen Blick auf den Rest werfen: Kurbellager, Pleuelaugen, Ölpumpe und Steuerkette. Nichts ist ärgerlicher, als nach eine paar Monaten den Motor erneut öffnen zu müssen, weil man ein wenig Zeit sparen wollte.

Vor dem Einbau des Motors lohnt ein Blick auf die Rahmenteile, die sonst nicht frei zugänglich sind. Natürlich kann man alles zerlegen und den Rahmen mit Pulver beschichten. Aber auch ein wenig Schleifpapier, Rostschutz und Farbe helfen die nächsten Jahre zu überstehen. Jetzt sollten auch alle Bowdenzüge kontrolliert werden. Das steht zwar in jeder Betriebsanleitung, macht aber kein Mensch, weil es viel mehr Spaß macht, wenn das verrostete Teil unterwegs abreißt.

Zwei Dinge sind bei diesen Motoren sehr sorgfältig zu erledigen: Einstellen der Ventile und Synchronisieren der Vergaser. Natürlich läuft der Motor sonst auch, aber man ist überrascht, wie er nach korrekter Einstellung sauber hochdreht und auch wieder die vom Hersteller versprochene Leistung zur Verfügung steht.

Hier auch ein Hinweis: Die in vielen Internet-Foren vertretene Meinung, nur eine schärfere Nockenwelle hilft, hängt meist mit den oben beschriebenen Problemen zusammen. Für einen verschlissenen Motor, der eventuell auch noch schlecht eingestellt ist, kommt der Exitus mit der neuen scharfen Nockenwelle um so rascher.

Noch ein Wort zu den Ersatzteilen. Zunächst beim Hersteller fragen. Etliche Teile sind noch lieferbar, da sie später auch in anderen Modellreihen verbaut wurden. Reine Verschleißteile erhält man auch bei den großen Motorradversandhändlern. Im Internet gibt es (noch) viele Gelegenheiten an Teile zu gelangen. Regel Nummer 1: Erst in Ruhe schauen, keine Spontankäufe. Außerdem sollte man sich immer vor Augen führen, dass das gewünschte Material nicht nur am eigenen Fahrzeug verbaut wurde, sondern dass z.B. ein besonders stark verrosteter Lampenhalter sich an allen anderen Fahrzeugen im gleichen Zustand befindet, sofern er nicht schon mal gewechselt wurde.

Um auf der Rennstrecke Bestzeiten zu erreichen ist solch ein Fahrzeug sicher nicht geeignet, aber mit ein wenig Pflege kann man es mit vertretbarem Aufwand noch jahrelang am Leben erhalten.

Heute zeigt das Motorrad zwar leichte Spuren des über 30-jährigen Alters, springt jedoch jederzeit für eine Ausfahrt an und übersteht jede Hauptuntersuchung ohne Mängel. Vergessen sollte man nicht, den Stahltank immer randvoll zu halten um Rostbildung zu vermeiden und bei längeren Fahrpausen die Vergaserschwimmerkammern zu entleeren.