aus Kradblatt 11/19 von Jogi & Tine / penta-media.de

Rechte Seite, Honda CB 125 R Neo Sports Cafe - Modell 2019

Starker Auftritt

Spätestens seit der Idee des Verkehrsministers Scheuer, Inhabern der Führerscheinklasse B (PKW) unter bestimmten Bedingungen auch das Fahren leichter Motorräder bis 125 ccm und 15 PS in Aussicht stellen zu wollen, sind die „Kleinen“ als preiswerte Alternativen und zur Entlastung des Verkehrsraumes nicht nur erneut in den Fokus derer gerückt, die sich bisher vor der nötigen Fahrlizenz gedrückt haben. Bis dahin müssen 125er Fahrer mindestens 16 Jahre alt sein und die A1 Fahr- und Theorieprüfung bestanden oder ihren PKW-Führerschein vor dem 01.04.1980 erworben haben.

Die meisten Fahrzeuge dieser Klasse werden als Motorroller verkauft. Mir erscheint das völlig logisch, denn die Roller bieten guten Wetterschutz, der sogar durch eine hohe Scheibe noch optimiert werden kann und besitzen unglaublich viel Stauraum unter der Sitzbank und im Topcase. Im Notfall kann man bei vielen Rollern zusätzlich einen Einkaufsbeutel im Fußraum deponieren und an einen Haken hängen. Das macht sie zu echten Nutzfahrzeugen mit Gute-Laune­-Faktor. Die üblicherweise verbaute Variomatik ermöglicht einfachstes Fahren und die volle Konzentration auf das Wesentliche.

Linke Seite, Honda CB 125 R Neo Sports Cafe - Modell 2019 Warum sollte man in dieser Hubraumklasse, mit ihrer relativ geringen Motorleistung, auf den Komfort und praktischen Nutzen eines Rollers verzichten und statt dessen in sechs Gängen herumfüßeln? 

Die Antwort darauf hätte ich im Alter von 16 Jahren sofort parat gehabt: „Weil leichte Motorräder cooler sind als Roller und einfach besser abgehen! Wofür brauche ich Stauraum? Ich habe doch einen Rucksack. Das reicht.“

Als alter Sack Ü50 denkt man darüber schon praktischer, aber übersieht nur zu leicht, dass die kleinen Motorräder den konsequenteren Weg zum angestrebten „Voll-Motorradfahrer“ der Klasse A vorzeichnen. Das wissen die Hersteller auch und haben, nach dem Ende der Ära der unfallträchtigen 80 ccm Leichtkrafträder im Jahre 1997, sportliche und sehr erwachsen aussehende 125er Motorräder nachgeschoben.

Damit hatten insbesondere die fernöstlichen Hersteller keinerlei Probleme, war doch halb Asien auf diesen Fahrzeugen mit der gesamten Familie, Hund und Hühnerkäfig unterwegs. Hersteller wie Kreidler und Zündapp verabschiedeten sich hingegen. Die Rechte an deren Namen wurden nach China verkauft. Von dort kommen auch die heutigen Zweiräder dieser Marken. Während Suzuki gleich mit drei 125er GSX Modellen versucht den zukünftigen Motorradfahrer zu ködern, hat Honda dafür die als Klassiker geltende Monkey, die modern-poppige MSX und die CB125R im Programm.

Heck, Honda CB 125 R Neo Sports Cafe - Modell 2019 Letztere ist vom Design so eng an die erwachsene CB1000R angelehnt, dass aus der Entfernung tatsächlich Verwechselungsgefahr besteht. Auf den zweiten Blick entlarvt sie natürlich nicht nur ihre nicht vorhandene Größe und der kleine Einzylinder. 

Als erwachsener Mann fühlt man sich auf der kleinen CB125R zunächst wie der sprichwörtliche Affe auf dem Schleifstein. Mit knapp über zwei Metern Länge ist die 125er sehr kurz. Dafür ist die Sitzhöhe mit 818 mm relativ hoch. Bedingt durch die kurze Bauform finden die Füße erst weiter hinten die Rasten, sowie Schalt- und Bremshebel. Die Sitzposition ist wirklich gewöhnungsbedürftig.

Trotz der großen 17 Zoll Räder scheint die Honda CB125R zunächst kippelig und nervös zu sein, bis man sich an ihre anders­artige Ergonomie gewöhnt und Vertrauen in das Fahrwerk gewonnen hat. Danach lernt man schnell diese Eigenschaften in unglaubliche Agilität und Wendigkeit umzusetzen und der Ritt beginnt.
„Let’s Ride!“ erscheint treffend als erstes Lebenszeichen auf dem Tacho-Display, sobald man den Zündschlüssel gedreht hat.

In 17,3 Sekunden lässt sich die 126 kg leichte Honda auf 100 km/h beschleunigen. Da kommen die rund 10 kg schwereren Variomatik-Roller dieser Hubraumklasse kaum hinterher. 

Auch beim Spritkonsum zeigt sich die CB125R geringfügig sparsamer als ein Roller, was wohl auch der längeren Übersetzung des sechsten Ganges zu verdanken ist. Mit durchschnittlich nur 2,1 Litern Super auf 100 km und dem 10,1 Liter fassenden Tank ergibt sich bei flüssigem Fahrstil eine Reichweite von locker 450 km plus Reserve, ohne Angst haben zu müssen plötzlich trocken zu laufen. 

Davor würde im Ernstfall ohnehin das Tachoinstrument warnen. Es ist, wie bei einem ausgewachsenen Motorrad, mit allen Anzeigeinstrumenten komplett bestückt, sogar mit einer Gang­anzeige und Schaltblitz.

Der Zwei-Ventil-Viertakter leistet 13,3 PS bei 10.000 U/min und übertrifft die aktuellen SH 125 Roller aus gleichem Hause damit um fast 1 PS. Schön wäre es, wenn Honda die gesetzlich zulässigen 15 PS (11 kW) voll ausschöpfen würde – Leistung sticht in der Klasse nicht nur beim Quartett.

Die vorhandene Leistung reicht für echte 101 km/h, die sich auf dem Tacho als 111 km/h darstellen. Bis zum roten Bereich des Drehzahlmessers bleiben unter Volllast im sechsten Gang trotzdem noch mindestens 1.500 Touren Sicherheitsabstand, abhängig von Gefälle, Rückenwind und flach liegendem Fahrer. 16-jährige dürften beim Leistungsgewicht hier die meisten Ü50er ausstechen.

Der Schaltblitz beginnt bei 7.000 Touren müde zu blinken, wird bei 7.500 hektischer und geht ab 8.000 U/min in ein Dauer­leuchten über. Hier ist laut Datenblatt das höchste Drehmoment von 10,4 Nm erreicht. Eine individuelle Einstellung des Schaltblitzes ist möglich.

Cockpit, Honda CB 125 R Neo Sports Cafe - Modell 2019 Aktives Schalten und Fahren machen mit der kleinen Maschine unglaublich viel Spaß. Die notwendigen Kräfte zum Kuppeln und um die Gänge hineinzukicken könnten nicht niedriger sein. Alles flutscht fast wie von alleine. Individuell einstellbar sind die Hebel an den Lenkerenden jedoch nicht.

Musikalisch untermalt der Unterflur-Doppelkammer-Auspuff die Bemühungen von Mensch und Maschine. Man wundert sich, aber es ist den Technikern von Honda auch mit Euro 4 Norm gelungen, der 125er einen Bass-Sound zu verpassen, den sich manch Fahrer einer hubraumstärkeren Maschine wünschen würde. Dabei ist die Honda eher leise. Sound und Lautstärke werden irrtümlich oft verwechselt.

Das Staufach unter der Sitzbank reicht für die Papiere und Bordwerkzeug, ist aber nicht gegen Regen und Spritzwasser abgedichtet. Ein Zoplock-Beutel hilft.

Das Heck trifft den Zeitgeist, hält Spritzwasser bei Regen aber nur unzureichend ab.

Die Reifen, 110er vorne und 150er hinten, kleben prima am Asphalt. Dass der Bodenkontakt stets gehalten wird, bewirkt unter anderem die gut angepasste 41 mm Upside-down-Gabel. Die CB125R ist wirklich sportlich ausgelegt. Mutti wird es nicht gefallen: „Möchtest du nicht doch lieber den schönen, roten Roller haben, Junge? Ich hätte dabei wirklich ein viel besseres Gefühl.“ – „Ach nö! Die Schwarze da, bitte!“

Es gäbe die CB125R wahlweise auch in Perl-Weiß, Rot-Metallic oder mattem Grau-Metallic. 

Vorderradbremse, Honda CB 125 R Neo Sports Cafe - Modell 2019 Zu Muttis Beruhigung sei erwähnt, dass die Bremsen ebenfalls sehr leistungsstark sind. Sie verzögern das leichte Motorrad vorzüglich und lassen sich sehr fein dosieren. Die vier Kolben der radial verschraubten Nissin-Bremszange beißen ambitioniert in die vordere 296 mm Single-Scheibe. Hinten wirkt ein Kolben auf eine 220 mm Scheibe. ABS ist ohnehin inzwischen bei allen 125ern vorgeschrieben.

Die Beleuchtung der CB125R ist komplett in LED-Technik gehalten. Das Abblendlicht leuchtet bei Dunkelheit tadellos die Fahrbahn aus. Selbst am Tage ist das dem Tageslicht farblich sehr nahekommende Abblendlicht sehr gut für andere Verkehrsteilnehmer sichtbar. Beim Einschalten des Fernlichtes werden zusätzliche LEDs unter Strom gesetzt. Das Ergebnis ist ein Lichtkegel, der mit herkömmlichen, legalen 60/55 W Glühlampen kaum zu erreichen ist. Die als Positionsleuchten glimmenden, vorderen Blinker unterstreichen die Front-Silhouette der Honda und sehen einfach nur klasse aus.

Spaß kostet. Das gilt auch für die CB125R, für die der Listenpreis von 4.490 Euro inklusive Überführung aufgerufen wird. In Anbetracht von großzügig verbauter Technik und wertigem Finish ist der Preis zwar gerade noch nachvollziehbar, großzügige Zuwendungen zur Konfirmation sind aber willkommen. Außerdem ist anzunehmen, dass die Maschine nur eine kurze Verweildauer bei ihrem Besitzer haben wird, der vermutlich schon zwei Jahre später, mit Erreichen des 18. Lebensjahres, die nächsthöhere Klasse anstreben wird. (A2 mit max. 48 PS). Vielleicht ist das eine weitere Erklärung dafür, warum sich 125er Motorroller besser verkaufen. Trotzdem verkauft sich die CB125R recht gut. 

Obwohl viele technische Gemeinsamkeiten bestehen, sind die Wünsche und Vorstellungen der Zielgruppen von Motorrad oder Roller doch recht different.

Persönliche Notiz: Dass Jugendliche auf die CB125R abfahren, kann ich nach den Tagen und Kilometern mit der kleinen Maschine, die uns die Firma MotoFun aus 24568 Kaltenkirchen (www.motofun.de) zur Verfügung stellte, nur allzu gut verstehen, möchte selber jedoch nicht auf die Vorzüge unseres praktischeren Rollers verzichten.

EDIT: Bei der Beschleunigung war im Text eine 1 verschwunden. Es gibt keine Herstellerangaben, deshalb habe ich mit der Stoppuhr selber gemessen. Es sind nicht 7,3 sondern ca. 17,3 Sek. auf 100.
Andere haben 11,4 Sek. auf Tempo 50 gemessen. Ich habe auch auf der Suche nach Daten auch 13,4 Sek. auf 50 gefunden. Das stimmt aber ganz sicher nicht, die Honda ist viel flotter. Die Werte kommen bis 80 km/h in etwa hin. Danach wird es zäh und ist auch stark vom Gewicht des Fahrers abhängig.
Ich habe den Versuch auf gerader Strecke mehrfach mit leichten Abweichungen hinter dem Komma gemacht. Im Schnitt also 17,3 Sek. 16 jährige Leichtgewichte sind sicher noch flotter auf 100 km/h.