Ein Besuch in Hammelburg


aus Kradblatt 04/17
von Jogi & Tine, www.penta-media.de
Fotos: Tine, Jogi, Michael Dietrich und Armin Kuchenbrod

 

Die Region Franken gehört zu Bayern. Das muss erwähnt werden, obwohl es die Franken gar nicht gerne hören. Es ist aber notwendig, damit auch wir Norddeutschen grob einordnen können, wo wir auf der Karte suchen müssen.

Frankens älteste Weinstadt heißt Hammelburg und wurde bereits 716 erstmals urkundlich erwähnt. Unweit davon liegt das Dorf Feuerthal. Genau dorthin hat uns Armin eingeladen, den unser Freund Jochen zufällig beim letzten Wacken Open-Air-Festival kennengelernt hatte.

DieburgArmin kurvte ein wenig auf der Hauptstraße des Dorfes Wacken herum, das zu Zeiten des jährlichen Festivals über 85.000 Metal-Fans zu verkraften hat, wie so häufig mit vereinzelten, den Vorderreifen schonenden, Stunteinlagen. Da weder Jochen noch Armin kontaktscheue Zeitgenossen sind, kamen beide schnell ins Gespräch, was nicht nur eine Enduro-Reise durch die Ardèche, sondern auch einer Einladung nach Feuer­thal zur Folge hatte. Und weil Armin sehr gastfreundlich ist, durften wir zusammen mit einigen Kollegen daran teilnehmen.

Armin und seine Familie widmen sich seit Generationen dem Weinanbau und der Herstellung des edlen Saftes. Auch der eine oder andere Schnaps wird in ihrer kleinen Keller-Brennerei vom Großvater mit sehr viel Liebe und Know-how produziert. Der Brand hat nach einmaliger Destillation fast 90 % und muss danach auf Trinkstärke herabgesetzt werden. Das ist eine große Kunst, denn der Alkohol soll die Aromen transportieren, nicht zu sehr brennen, aber im Magen angelangt eine wohlige Wärme verbreiten. Ausschank und Verkauf finden in der hauseigenen Wirtschaft statt, die früher sehr gut besucht war. Heute ist es ruhiger geworden. Armins Familie ist es recht, denn es war mehr Arbeit und Stress, als auf Dauer zu verkraften ist.

Genauso einig wie beim Winzern ist sich die Familie bei der Wahl des gemeinsamen Hobbys, Motorrad zu fahren. Die Familie verfügt über eine beachtliche Zahl von fahrfertigen Maschinen und einigen, die es mal waren oder noch werden wollen. Der leichte Hang zur Marke BMW deutet jedoch darauf hin, dass die Franken wohl doch etwas mehr zu Bayern gehören, als sie es gerne zugeben mögen.

Eine Unterkunft fanden wir in dem gerade neu eröffneten Pensionsbetrieb von Armins Freund Harald. Alles ist im Western-Stil gehalten, denn mit Harald kann man die Landschaft rund um Feuerthal auch vom Rücken eines Pferdes aus erleben. Aber nicht nur Reiter, auch Motorradfahrer sind gerne gesehene Gäste in seinem Saloon.

Bereits am Tage der Anreise unternahmen wir eine kleine Tour rund um das Dorf und in Armins Weinberge, um uns einen ersten Eindruck zu verschaffen. Dabei besuchten wir das anliegende Dorf Fuchsstadt, das von über 50 großen Parabolantennen geprägt – einige sagen verschandelt – worden ist, die einst von der Deutschen Bundespost zur Datenübermittlung über Satelliten aufgestellt wurden. Ab 1990 wurde der Betrieb langsam eingestellt, weil auf Übertragung per Glasfaser-Kabel umgerüstet wurde. Heute werden nur noch einige der Schüsseln von der amerikanischen Firma Intelsat betrieben. Die meisten von ihnen stehen nur noch als technische Hinterlassenschaft der Bundespost herum und sind für nichts mehr gut, außer als willkommene Foto-Kulisse. Die größten Schüsseln haben immerhin einen Durchmesser von 32 Metern.

Der Tag endete in Armins Wirtschaft bei einer zünftigen Brotzeit mit Weinprobe, aber auch mit einigen lokalen Bierspezialitäten. Das können die Bayern, sorry… wir meinten natürlich die Franken, auch sehr gut.

Am nächsten Morgen machten wir uns sehr früh schon wieder auf den Weg in die Weinberge, um dort den Frühnebel und die ersten Sonnenstrahlen erleben zu können. Armins Tochter Annika begleitete uns dabei. Sie ist zur aktuellen Hammelburger Wein-Prinzessin gekürt geworden und darf sich deshalb nun mit repräsentativen Aufgaben rund um den Wein beschäftigen. Den Job erledigt sie nicht ohne einen gewissen Stolz.
Während wir noch auf dem Weinberg mit der Fotoausrüstung herumfummelten, leistete sich Armin eine kleine Offroad-Sonderprüfung quer durch seine Rebstöcke. Kein Wunder, dass kurze Zeit später die örtliche Weinberg-Polizei auftauchte und ihn verhaftete.

Die Sache war natürlich inszeniert. Das Polizeifahrzeug gehört zu einem Pool von restaurierten und zu mietenden US-Fahrzeugen von Bekannten aus dem Dorf. Die Überraschung war jedenfalls gelungen und auch wir konnten einer Verhaftung nicht entgehen.

Mitgefangen, mitgehangen...Weiter ging es nach Hammelburg. Hier scheint sich fast alles um Wein und Wein-Tourismus zu drehen. Rund 70 Winzer bewirtschaften die umliegenden Rebenhänge, darunter fünf moderne Vollerwerbsbetriebe. Auch wenn viele im Hauptberuf anderen Tätigkeiten nachgehen müssen – ihre Liebe gehört dem Weinbau. Neben den klassischen Sorten wie Müller-Thurgau, Bacchus und Silvaner kultivieren die Winzer der Region auch moderne Frankenweine wie den Riesling. Das Terrain, das Zusammenspiel natürlicher Einflüsse, wie das des Bodens und der Witterung auf den Rebstock, prädestiniert die Landschaft um Hammelburg für den Weinbau.

Armin fuhr mit uns eine kleine Ex­tra­Runde durch die Altstadt, über den Marktplatz vor dem Rathaus mit seinem Renaissancebrunnen, vorbei am Kloster und dem anliegenden Kellereischloss, das im Volksmund nur das „Rote Schloss“ genannt wird. Es diente einst als fürstbischöfliche Sommerresidenz. Von der Altstadt aus können interessierte Besucher auf dem 5,8 km langen Weinlehrpfad wandern, der anhand von 17 Info-Tafeln Wissenswertes über die Besonderheiten des Weinanbaus im fränkischen Saaletal und die enge Verbundenheit der Äbte aus Hammelburg zu Fulda vermittelt.

Eine kleine Pause legten wir bei der befreundeten Winzer-Familie Ruppert ein, die uns zeigte, wie die moderne Weinherstellung im kleinen Stil heute aussieht. Auf den frischen Federweißen mussten wir leider verzichten, denn wir hatten noch einige Kilometer vor uns.

Die HammelburgHammelburg war einst mit einer stattlichen Wehranlage versehen. Heute stehen noch drei der Mauertürme der Stadtbefestigung von 1220–1260. Wir besuchten den Baderturm, einen Halbschalenturm, der nur nach außen geschlossen ist, das sparte Baumaterial. Das einstige Holztreppenhaus wurde gegen eine Stahlkonstruktion getauscht. Der Name stammt von den früher in diesem Stadtteil an den Turm angrenzenden Badestuben. Später diente der Turm als Gefängnis, weshalb er auch als Faulturm bezeichnet wurde.

Bei der weiteren Fahrt rund um Hammelburg besuchten wir natürlich die Hammelburg selbst und das nicht weit entfernt liegende Schloss Saaleck, das seit dem 12. Jahrhundert ebenfalls als Weingut genutzt wird und einst als Amtsburg der Landesherren aus dem Kloster Fulda diente.

Eine weitere Pause gönnten wir uns auf dem Übungsgelände des ADAC Nord-Bayern, bevor Armin uns dort eindrucksvoll die Geländefähigkeit seiner BMW R 1200 Cruiser demonstrierte. Das animierte uns auch Tines Diversion 600 über die Hügel zu jagen, bevor wir nach Diebach aufbrachen. Trotz Straßenbereifung – geht doch!

Die „Rödermühle“ in Diebach ist eine Schenkung Karl des Großen aus dem Jahre 777. Mit den drei Wasserrädern wurde früher Getreide gemahlen. Heute sind nur noch zwei Wasserräder vorhanden, die zur Energiegewinnung eingesetzt werden. Die damaligen drei Wasserräder sind jedoch immer noch im Stadtwappen von Diebach zu finden. Auf der angrenzenden Brücke steht der „Brückenheilige“ Johannes von Nepomuk und sorgt für eine sichere Überquerung der Tauber.

Die vorgesehene Kaffeepause in Morlesau fiel wegen „geschlossener Gesellschaft“ leider aus. Eine Motorradfahrgemeinschaft namens „Volles Rohr“ kam uns zuvor und wir wollten die Herren nicht weiter stören.

Kloster HammelburgEin Stück weiter überqueren wir die unterfränkische Saale an der Rossmühle über eine Pontonbrücke. Schöner hätten sie auch die Pioniere der Bundeswehr nicht errichten können. Unsere Kaffeepause hielten wir im anliegenden Restaurant ab. Von dort aus hat man eine gute Aussicht auf die Stauanlage und die daneben errichtete Fischtreppe.

Die Straßen rund um Hammelburg führen nicht nur durch schöne Landschaften, sie haben auch reizvolle Kurvenstrecken zu bieten. Wir haben sie ausgiebig genossen. Trotzdem mussten wir langsam wieder zurück in Richtung unserer Pension in Feuerthal fahren, denn Harald hatte im Saloon schon alles für ein leckeres Grill-Gelage vorbereitet.

Alte Parabol-Antennen bei FuchsstadtDie Region rund um Hammelburg hat viel an Natur, Kultur und Fahrspaß zu bieten. Ein verlängertes Wochenende ist viel zu kurz dafür. Wir werden also wiederkehren müssen. Vorerst erfreuen wir uns aber noch an einem Karton Silvaner und zwei Rebstöcken, die uns Armin und seine motorradverrückte Familie zum Abschied mit auf den Weg gaben. Sie werden bei uns im Garten einen angemessenen Platz finden. Die Rebstöcke – nicht die Flaschen.

 

Unterkunft & Verpflegung:

  • Pension Harald Thums,
    Kreuzstr. 20, 97762 Hammelburg/Feuerthal
    Tel. 09732-787788 (ab 20.00 Uhr)
    www.ferienwohnungenthumstone.de
  • Weinbau Armin Kuchenbrod
    Feuerthaler Str. 21, 97762 Hammelburg/Feuerthal
    Tel. 09732-79321

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