aus Kradblatt 3/20 von Ralf Tausche & André Brosda

So schnell vergeht die Zeit …

H-Kennzeichen für Suzuki GSX 1100 F

Gemeinsam schrauben macht halt mehr Spaß, Punkt. Während André neue Zündkerzen in den Motor seiner Suzuki schraubt, schaue ich wie hypnotisiert auf den Strahl heißen, alten Schmieröls, welches sich nach Entfernen der Ablassschraube aus dem Motor meiner Suzuki ergießt. Dabei möchte jeder einzelne Tropfen Öl davon erzählen, wie oft er durch die Pleuel- und Nockenwellenlager gewandert ist um anschließend an der Zylinderwandung hoch und runter zu klettern, sich durch die Getriebezahnräder quetschte und zu guter Letzt, nun stark erhitzt, im Wellnessbereich des Ölkühlers kurzzeitig die thermische Linderung seiner Arbeitsstrapazen erfahren durfte. Die Erlösung vom Arbeitsstress im Motor endet unspektakulär im Altöl Auffangbehälter. 

„Hast du schon mal über ein H-Kennzeichen für unsere Motorräder nachgedacht“, fragt André, während ich hochkonzentriert einen neuen Dichtring auf die Ölablassschraube fummele. „Hm“, grummele ich „Lohnt sich doch gar nicht!?“ 

Den persönlichen Irrglauben, dass Motorräder mit einer H-Zulassung nach PKW Maßstäben besteuert werden, also pauschal mit fast 180 Euro, korrigierte André mit klaren Fakten. Potenziell historische, also mindestens 30 Jahre alte Motorräder, würden eben anders besteuert werden als PKW. 

H-Kennzeichen für Suzuki GSX 1100 FVon Baujahr 1987 und 1989 sind unsere Motorräder. Mit 1127 Kubikzentimeter Hubraum ist der Motor unserer Suzukis nach normalem Steuersatz 84 Euro im Jahr teuer. Nach Einstufung als historisches Fahrzeug gehen nur noch 46 Euro an den Fiskus. Also fast 40 Euro im Jahr weniger, immerhin. Während André seine GSX nun schon 10 Jahre besitzt habe ich meine, aus 1. Hand, mit knapp 20.000 km, vor fast fünf Jahren erworben. War die 87er GSX von André bei Kauf ziemlich runtergerockt, fristete meine Schwarze ihr Dasein mehr in der Garage des Vorbesitzers als auf der Straße. Gemeinsames Ziel war es, die Maschine von André wieder in den originalen Zustand zu versetzen, was mit dem Kauf des einen oder anderen Ersatzteilträgers auch gelang. Für meine Suzuki suchte ich lediglich einen Givi-Kofferträger, der neu nicht mehr verfügbar war, auch hier kauften wir einfach ein ganzes Motorrad. So wanderten gut und gerne fünf GSX 1100 F durch die heimische Garage, mal als Teileträger, mal um sie mit den zahlreichen Ersatzteilen aus dem Fundus wieder flott zu machen und zu verkaufen.

Nun ist es ruhiger geworden. Außer Instandhaltungsarbeiten brauchen unsere Kräder keine weitere Zuwendungen und so ein H-Kennzeichen am Heck würde sich schon gut machen. 

Anlaufpunkt, um den Status Oldtimer im Fahrzeugschein zu bekommen, sind die verschiedenen Prüforganisationen wie TÜV-Nord, Dekra, KÜS oder GTÜ. Kostentechnisch sinnvoll ist eine Vorführung aber nur dann, wenn eh der Termin für die Hauptuntersuchung ansteht. Eine technische Überprüfung des Fahrzeuges ist nämlich Bestandteil der Abnahme für ein H-Kennzeichen. 

So führte ich die zwei Suzukis bei einer GTÜ-Prüfstelle in Bremen, Stadtteil Vahr, vor. 

Da beide Motorräder sich in einem originalen Zustand befanden, wie sie auch ab Werk ausgeliefert wurden, gestaltete sich die Abnahme zum „Historischen Fahrzeug“ recht entspannt. Ein No-Go für die Klassifizierung zum Oldtimer wären natürlich LED-Blinker oder ähnlicher, neumodischer Klimbim. Zeitgenössische Umbauten mit Zubehör, welches damals für das Motorrad schon erhältlich war, sind für eine Abnahme nicht hinderlich. Gut 100 Euro kostete dann die HU inklusive der Abgasuntersuchung sowie Prüfung für die Zuteilung des H-Kennzeichens. Kommen noch ca. 40 Euro Gebühren für das Ändern der Fahrzeugpapiere bei der örtlichen Zulassungsstelle und ein neues Kennzeichen für 15 Euro dazu. Bereits nach altem Satz gezahlte Kfz-Steuern werden nach neuer Einstufung natürlich rückerstattet.

So lohnt sich also das ganze Szenario, zumindest wenn das Motorrad entsprechend viel Hubraum besitzt. 

Ja, und ist so eine profane, in großen Stückzahlen produzierte Suzuki GSX 1100 F nach erfolgreicher Oldtimer-Abnahme nun „Historisches Kulturgut“? Aus Sicht mancher Leute sicher nicht. Aber sie funktioniert bei minimaler Pflege nach über 30 Jahren immer noch sehr zuverlässig, ihr Motor ist für mehr als 100.000 km gut, ihre Fahrleistungen können sich im direkten Vergleich zu modernen Motorrädern, immer noch sehen lassen. Wir finden dass sie sich das H-Kennzeichen redlich verdient hat.