Die Isle of Man ist vor allem wegen ihrer Rennen berühmt, doch auch abseites der Strecke gibt es sehr viel Sehenswertes. Eine Motorrad-Gruppenreise mit JR-Touren …
aus Kradblatt 9/15
von Ralf Bonewald
Gruppenreise zur Isle of Man 2015
Am 27. Mai startete ich in diesem Jahr meine dritte Reise nach 1998 und 2013 zur berühmten Tourist Trophy auf der Isle of Man.
Wer es noch nicht weiß: Das berühmte und gefährlichste Motorradstraßenrennen der Welt, die Tourist Trophy oder kurz „TT“ genannt, wird seit 1907 alljährlich auf der kleinen Insel zwischen England und Irland ausgetragen. Die gesamte Veranstaltung läuft über 2 Wochen. Die Trainingswoche startet in der letzten Mai-Woche, in der darauffolgenden Woche werden die Rennen ausgetragen. Das Beeindruckende aber auch Gefährliche ist, dass die Rennen auf öffentlichen Straßen, die nur zu den Trainings- und Rennzeiten abgesperrt sind, gefahren werden. Start- und Ziellinie ist beim Fahrerlager und die Haupttribüne, der „Grandstand“, in der Hauptstadt Douglas. Mit einer Gesamtlänge von ca. 60,72 Kilometer führt der Rundkurs, dessen Streckenführung sich seit 1911 nicht geändert hat, durch Ortschaften, Wälder und Hügel. Während einer Runde des so genannten Mountain Course müssen die Rennfahrer über 200 Kurven, durch die Straßenbeschaffenheit bedingt einige Sprünge, langsame und oftmals wirklich schnelle Passagen, aber auch Spurrillen und sehr wellige Belägen bewältigen. Auslaufzonen mit Kiesbetten und Sicherheitseinrichtungen, wie in den bekannten Rundstreckenrennen, sucht man vergeblich. Die Streckenbegrenzung besteht aus Bordsteinkanten, Hauswänden, den typischen Wallhecken und Steinwänden, Bäumen, Telefonhäuschen und in den Bergen einigen Abhängen. Vereinzelt werden Strohballen an den gefährlichsten Mauern oder Kurven platziert, einige Baumstämme tragen Ummantelungen aus Schaumstoff.
Es werden Rennen in den Klassen Superbike, Gespanne, Supersport, Stocksport, Zero (Elektroantrieb), Lightweight und die Senior-TT gefahren. Während der Rennen, je nach Klasse bis zu 6 Runden, werden Spitzengeschwindigkeiten von über 330 km/h erreicht. Die schnellste Rennrunde und damit auch ein neuer Rekord, wurde in diesem Jahr von dem Engländer John McGuinness – immerhin 43 Jahre alt und zweiterfolgreichster Fahrer mit 23 Siegen – in 17 Minuten/ 3,57 Sekunden, mit einem Rundenschnitt von 212,98 km/h im Senior-Rennen gefahren. Nur zum Vergleich: Meine Runde im normalen Verkehr über den Mountain Course dauert ca. 55 Minuten.
Mein Reiseveranstalter JR-Touren aus Bookholzberg (www.jr-touren.de) bietet jeweils die Trainingswoche sowie die Rennwoche an – ich habe mich in diesem Jahr entschieden, den gesamten Zeitraum der Trainings- sowie Rennwoche vom 27. Mai bis zum 13. Juni zu buchen. Die anderen Teilnehmer kamen aus allen Teilen Deutschlands, wir trafen uns am Reisetag an verschiedenen, festgelegten Rastplatztreffpunkten auf dem Weg zum Fährhafen in Rotterdam. Unsere erfahrenen Tourguides waren Frauke, Carsten und Jürgen, die uns mit viel Um- und Übersicht z.B. durch das 40 km lange Hafengebiet von Rotterdam lotsten. Nach dem Einchecken fuhren wir die Motorräder aufs riesige Fährschiff, bereit zum Festzurren mit Spanngurten. Aber auch richtig „Festzurren“ – 2013 erlebten wir nach stürmischer Überfahrt gekippte Motorräder mit ausgelaufenem Benzin.
Mit dem Schiff ging es über Nacht zur Ostseite von Großbritannien. Nachdem gemeinsamen Abendbüfett, diversen Unterhaltungsmöglichkeiten und dem Abschlussbierchen rief die Koje. Dieses Jahr war die Überfahrt ruhig und angenehm.
Nach dem zeitigen Frühstücksbüfett konnten wir in Ruhe die Sachen packen bevor es um ca. 8 Uhr von Bord ging. Schnell noch die „Links Fahren“-Aufkleber an den linken Spiegel geklebt und dann ging es nach den Zollformalitäten problemlos durch Großbritannien zur zweiten Fähre in Liverpool.
Das Fahren im Linksverkehr war für manchen Teilnehmer Anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, wurde dann aber schnell zur Routine und wir waren rechtzeitig an unserem Bestimmungsort.
Mit dem High-Speed Katamaran ging es abends in knapp 3 Stunden zur Isle of Man. In diesem Jahr hatten wir wieder Glück, die See war sehr ruhig, man erblickte viele aufgeregte, erwartungsfreudige Biker und Bikerinnen. Gegen 22:30 Uhr erreichten wir die Inselhauptstadt unserer Träume – Douglas und fuhren weiter über kleine, meist unbeleuchtete Straßen zu unseren Unterkünften.
Der Wettergott bescherte uns kühles und windiges, aber trockenes Wetter, Regenschauer sind selten und meistens schnell vorbeigezogen. Was viele Menschen nicht wissen, diese kleine Insel bietet außer dem außergewöhnlichen Rennsport auch landschaftlich und kulturell sehr viel. Außerdem sind die „Manx“, so nennen sich die Einheimischen, sehr freundlich, hilfsbereit und motorradverrückt. Man bekommt sehr schnell Kontakt und wird herzlich aufgenommen. Es ist eine ganz andere Atmosphäre auf der Insel. Alle Inselbewohner, vom Kind bis zur Omi, sind im TT-Zeitraum auf die Motorradfahrer eingestellt, alle sind zuvorkommend und aufgeschlossen. Als Streckenposten/Marshall bei den Trainings und den Rennen dabei zu sein, gilt fast als Privileg. Die Akzeptanz ist nicht zu vergleichen mit meinen Erfahrungen in Deutschland. Nicht nur der Rennsport, sondern das Ganze zusammen gesehen und erlebt, ist das Faszinierende an dieser kleinen Insel.
Da wir frühzeitig ankamen, konnten wir schon am ersten Tag die Trainingsläufe und Rennen der Classic-TT besuchen. Diese Rennen laufen vor dem offiziellen TT-Training auf einem kleinen Rundkurs im Süden der Insel. Da die Rennstrecke, wie bereits beschrieben, ein Teil der öffentlichen Straßen ist, wird sie von 18 bis ca. 21 Uhr gesperrt um die Trainingsläufe zu absolvieren … sofern es die Wetterlage zulässt! Wegen Sturm und Regen wurde das erste Training abgesagt, der Tag war zur freien Verfügung. Ich trotzte dem Wetter und besichtigte ein Motorrad-Museum auf der Insel.
Den Tag ließen wir bei Getränken und gemütlichem Beisammensein im Hotel-Pub, das im Übrigen direkt an der Rennstrecke liegt, ausklingen. Die Unterbringung erfolgte im Hotel und angeschlossenem Farmhouse in Ein- und Zweibettzimmern mit liebevoll angerichtetem englischem und kontinentalem Frühstück.
An jedem der folgenden Tage konnten wir unsere täglichen Touren in die schönen und unterschiedlichen Regionen der Insel wie geplant durchführen. Im Anschluss fuhren oder gingen wir zu interessanten Aussichtsplätzen, um die Trainings zur TT zu sehen. Denn bei der Streckenlänge und dem Höhenunterschied kann es vorkommen, dass auf einer Seite strahlender Sonnenschein und in den Bergen durch dichten Nebel keine Sicht herrscht. Dann kann es vorkommen, dass kurzfristig die Trainingssession bzw. das Rennen abgebrochen und verschoben wird.
Im Übrigen hat das Fahrerlager ständig geöffnet und man kann ohne Eintritt bezahlen zu müssen den Teams beim Schrauben zusehen, sich mit einigen Fahrern unterhalten, Autogramme erhalten und Fotos machen. Bei der TT nehmen sich die besten Rennfahrer der Welt Zeit für ihre Fans … das gibt es auch nicht überall! Selbstverständlich befuhren wir auch den berühmten Mountain Course, auf dem die Rennen stattfinden. Die meisten Teilnehmer unserer Reisegruppe waren danach beeindruckt und auch sehr darüber verwundert, wie schnell doch die Rennfahrer diese Strecke bei dem Zustand umrunden.
Interessante und schöne Aussichtspunkte konnten sowohl als geführte Tour oder auch in Eigenregie erkundet und genossen werden. In den Städten und Ortschaften luden Restaurants, Shops und Pubs zum „Geldausgeben“ ein. Die Isle of Man ist autonomer Kronbesitz, jedoch kein Teil des Vereinigten Königreichs und hat eine eigene Währung, das Isle-of-Man-Pfund. In der quirligen Inselhauptstadt Douglas mit ca. 25.000 Einwohnern und einer traumhaften Promenade (auf der es, je näher die Rennen rücken, immer verrückter wird) kann man locker den Tag vertrödeln. Es gibt traumhafte Küstenstädtchen wie Peel, den höchsten Berg Snaefell (zu befahren mit der historischen Snaefell Mountain Railway), das Museumsdorf Cregneash, wunderbare Aussichtspunkte wie Maughold Head, die Chasms und den Point of Ayre, (von da aus kann man bei guter Sicht Schottland sehen), das größte Wasserrad der Welt in Laxey, das zum Abpumpen des Wassers aus einer Erzmine genutzt wurde, die Niarbyl Bucht, die zu erwandernden Glens und noch so viel mehr, dieses alles aufzuzählen nähme kein Ende.
Den Teilnehmern der Reise bietet der Reiseveranstalter geführte Touren, Trainings- und Rennbesuche an diversen Aussichtspunkten aber auch Zeit zur freien Verfügung.
Zur Rennwoche wird es auf der Insel sehr voll, es kommen ca. 50.000 Besucher auf diese, 572 km² kleine Insel. Und die wollen Rennen sehen, Party machen und viele Veranstaltungen wie verschiedene Rahmenrennen, Markentreffen oder auch die Flugshow der Red-Arrows und Stuntshows besuchen. Das Fahren auf der Insel wird dann etwas schwieriger. Man muss sich schon auskennen oder sich Tipps von Inselkennern holen, um noch ein ruhiges Fleckchen zu finden. Im Vergleich zu anderen Jahren ist der Mad-Sunday, der berühmte Sonntag an dem der Ausnahmezustand auf der Insel herrscht, auch wohl durch das wetterbedingte Nachholen des Superbike-Rennens, etwas ruhiger verlaufen. Während der Rennwoche finden an jedem zweiten Tag die Rennen statt, dann wird die Strecke stundenweise gesperrt und man kann sich nur innerhalb oder außerhalb des Rundkurses bewegen, ob zu Fuß oder per Motorrad.
Die Rückfahrt verlief wieder bei bestem Wetter ohne große Zwischenfälle, alle Häfen wurden rechtzeitig erreicht, im Gepäck viele Erinnerungsstücke von der Insel und der TT, tolle Eindrücke und Unmengen von Fotos und Videos.
Obwohl die Insel relativ klein ist, entdecke ich immer wieder Neues, Faszinierendes – deshalb war dies auch nicht mein letzter Besuch – 2017 bin ich wieder auf meiner Trauminsel!
Auf Facebook findet ihr mich und viele Fotos der Isle of Man unter „Honda Ralle“.
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