aus Kradblatt 1/24 von Jogi & Tine, penta-media.de

Dem Frühling entgegen …

Roller, Motorrad oder Auto - auf Kreta kann man alles mieten
Roller, Motorrad oder Auto – auf Kreta kann man alles mieten

Es kann im Frühjahr häufig noch etwas frisch sein und auch die Sonnenstunden sind nicht immer so verteilt, wie man es sich wünscht. So ist das halt, wenn man in Norddeutschland lebt.

Wir nahmen Roller, die sind praktisch und machen viel Spaß
Wir nahmen Roller, die sind praktisch und machen viel Spaß

Die griechische Insel Kreta hingegen ist mit dem Frühling schon etwas weiter. Überall blüht es am Wegesrand und Temperaturen um die 20 Grad machen das Motorradfahren im Frühling angenehm. Nichts wie hin!

Was uns von Kreta trennt sind rund 3,5 Flugstunden von Hamburg nach Heraklion – oder rund 2.300 km.  Dazu noch etwas Transfer mit dem Bus zum Hotel, schon kann das Abenteuer beginnen.

Bereits auf dem Transfer gewinnt man die ersten Eindrücke. Entlang der Küstenlinie, der National Road, passiert man Dörfer, die anscheinend nur aus Bars, Tavernen und Fahrzeugvermietungen zu bestehen scheinen. Dazwischen Hotels, Supermärkte und kleine Läden, die die typischen Produkte für Badegäste anbieten. Oha! Tourismus pur?

Der erste Eindruck täuscht. Zwischen den Dörfern in Küstenlinie liegen wunderschöne Serpentinen und kurvige Streckenverläufe, die von Motorradfahrern mit Begeisterung gefahren werden. Achtung! Auch auf Kreta wird geblitzt.

Die ersten Tage haben wir uns am Strand erholt und an der Weite des Meeres und der ausgezeichneten griechischen Küche erfreut. Praktisch findet man alles, was auch die typisch griechischen Restaurants daheim anbieten, nur dass es dabei nicht ganz so fleischlastig zugeht. Stattdessen gibt es viel Gemüse, welches regional in Gewächshäusern angebaut wird. Frisch gefangener Fisch darf selbstverständlich nicht fehlen. Knoblauch und Kräuter finden reichlich Anwendung.

Udo Jürgens „Griechischer Wein“ ist recht bekömmlich und auch die Rebsorten Cabernet und Syrah haben auf Kreta inzwischen ein Zuhause gefunden. Wir wurden nie enttäuscht. Weniger berühmt ist griechisches Bier, welches klimabedingt und gut gekühlt seinen Zweck im Urlaub erfüllen mag, aber den herb-hopfigen Geschmack eines Norddeutschen nicht wirklich trifft. 

Für alles Lebensnotwendige ist soweit gut gesorgt – mangelt es nur noch an einem fahrbaren Untersatz.

Roller lassen sich problemlos überall parken
Roller lassen sich problemlos überall parken

Da gefühlt jeder dritte Laden eine Fahrzeugvermietung ist, fällt das Mieten eines Motorrades nicht schwer. Die Preise liegen für Roller und PKW bei 25 Euro pro Tag, für Quad oder Motorrad muss man um die 70 Euro rechnen. Für mehrere Tage werden Preisnachlässe gewährt. Die Konkurrenz ist groß. Optisch sehen die Fahrzeuge bereits nach wenigen Jahren alt aus, so sehr hat ihnen das Sonnenlicht und das See-Klima zugesetzt. Der TÜV sorgt jedoch auch in Griechenland für Ordnung und nötigt die Vermieter, alle zwei Jahre für den technisch einwandfreien Zustand ihrer Fahrzeuge zu sorgen.

Wein, Brot & Käse... yummy …
Wein, Brot & Käse… yummy …

Da auf Kreta ein Tempolimit von 50 km/h innerorts und 90 km/h außerorts gilt und die Geschwindigkeit durch Beschilderung geregelt selten mehr als 70 km/h zulässt, ist der Motorroller das bevorzugte Fortbewegungsmittel auf der Insel. 

Wir entschieden uns für zwei 125er Kymco Agility mit in allen Tonlagen pfeifender, aber wirksamer Gebläsekühlung. Mehr braucht man hier nicht wirklich, es sein denn, dass man irgendwas verkaufen möchte. 

Pick-ups beladen mit Blumen, Gemüse oder politischem Auftrag cruisen überall auf der Insel herum und bieten ihre Waren per Megaphon lautstark an. Der griechischen Sprache nicht mächtig, wirkten diese fliegenden Händler bei den ersten Begegnungen recht befremdlich auf uns.

Da die meisten Straßen an der Küste entlangführen, ist die Orientierung nicht besonders schwer. Im Zweifel hilft ein kurzer Blick auf das Handy und Google Maps.

Unser erstes Ziel war das Bergdorf Kournás. Kaum hat man die Hauptstraße verlassen, fährt man durch Olivenhaine, vorbei an Zitronenbäumen und Weinhängen. Dazwischen immer wieder Einzäunungen, in denen Schafe, Ziegen und Hühner gehalten werden. Hier ist von Tourismus nichts zu sehen, stattdessen Getreidefelder und Blumenwiesen, die von emsigen Bienen angeflogen werden. 

Kreta ist unter anderem auch für seinen Honig bekannt. Auf einigen Höfen im Hinterland kann man ihn direkt vom Imker kaufen, aber auch die Supermärkte halten ein breites Sortiment an kretischem Honig bereit. Blüten- und dunkler Pinienhonig sind die vorherrschenden Sorten.

Unweit von Kournás liegt der gleichnamige Bergsee. Er ist der einzige natürliche Süßwassersee der Insel und beherbergt viele Fischarten, Vögel und Schildkröten, die sich im für Menschen nicht ohne weiteres erreichbaren Uferbereich sonnen. Sie wissen warum.

Zum Baden ist es uns noch zu kühl
Zum Baden ist es uns noch zu kühl

Und hier kommt wieder der Tourismus ins Spiel. Natürlich lieben es die Touries dort Tretboote zu mieten, griechisch anmutende Keramik als Souvenir zu kaufen, einen Kaffee zu trinken oder sich gar Gyros und Ouzo reinzupfeifen. Auf Kreta trinkt man eigentlich Raki, aber den mögen viele Gäste nicht. Er ähnelt dem italienischen Grappa, vielleicht etwas schärfer und ein wenig muffig. 

Zuverlässige Wettervorhersage
Zuverlässige Wettervorhersage

Kurz nach unserer Ankunft am See erschien auch schon der erste Reisebus mit einer Horde von wild durcheinander quackelnden Touristen. Vorbei war es mit der Idylle. Wir ergriffen zusammen mit einigen Wildgänsen und Fröschen die Flucht. 

Über Máthes trugen uns unsere fleißigen Kymcos wieder bergab in Richtung Georgioupoli. 

Hier ist endlich wieder alles für uns lesbar, denn wo sich viele Touristen herum tummeln, da hat man sich die Mühe gemacht, die kyrillische Schrift zu übersetzen. In den kleineren Dörfern fühlt man sich hingegen zeitweilig wie ein Analphabet. Die Kommunikation erfolgt für Nicht-Griechen ansonsten mit einigen Wörtern auf Deutsch, etwas Englisch und mit Händen und Füßen. Die Menschen auf Kreta begegneten uns stets sehr freundlich und bemüht. Irgendwie klappte es immer. Die griechische Gastfreundschaft ist wirklich sprichwörtlich. Geschriebene Texte kann man übrigens mittlerweile mit dem Smartphone übersetzen – den „Google Übersetzer“ starten und die Kamera auf den Text halten, der wird dann direkt im Bild übersetzt. Die Ergebnisse sind dabei recht brauchbar – schöne neue Welt! 

Mehrfach hielten wir im weiteren Verlauf der Tour an, um den grandiosen Ausblick von den Bergen aus bis zum Meer zu genießen.

Wer nicht nur gerne mit dem Motorrad oder Roller fährt, sondern auch gerne wandert, kann rund 100 wilde Bergschluchten auf Kreta durchkraxeln, wie zum Beispiel die Iríni-Schlucht. Wir fahren aber lieber mit dem Roller.

Entdeckung der Langsamkeit
Entdeckung der Langsamkeit

Müll scheint auf Kreta ein nicht ernst genommenes Problem darzustellen. An den Straßenrändern sammeln sich Getränkedosen und Plastik aller Art. Es fehlt ein wirksames Pfandsystem, das zumindest eine Reduzierung bewirken könnte. Plastikfolien von den Gewächshäusern, den Thermokípia, verweht der Wind. Müllentsorgung auf griechische Art. Den Bauern bringen sie Geld, der Umwelt nur Müll. Wo keine Touristen verweilen, spült das Meer Plastik ans Ufer. Keiner kümmert sich darum. Das Meer spült es an – das Meer spült es auch wieder weg. Die Strände in Hotelnähe werden jedoch ab und zu geharkt. Dafür zahlen die Gäste pro Tag und Person 2 Euro Strandsteuer, eine Art von Kurtaxe.

Georgioupoli ist eine Kleinstadt, die gut auf Gäste eingerichtet ist. Vom Hafen aus werden Ausflüge mit Booten angeboten, die die zahlreichen Höhlen und Buchten im Steilküstenbereich der Insel ansteuern. Dort liegt am Ende einer unwegsamen Mole eine kleine Kapelle. In ihrem Inneren befindet sich ein einfacher, geschmückter Altar, auf dem die Besucher ihre Wünsche und Bitten auf Papier geschrieben hinterlassen.

Die Stadt ist eine schöne Mischung aus Wohnhäusern, Tavernen und Läden für den täglichen Bedarf. Wer ein wenig verweilt, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer freundlichen Katze begrüßt. Sehenswert ist auch die Kirche von Georgioupoli. Kreta ist, wie der Rest Griechenlands, christlich-orthodox geprägt. In kaum einem Dorf fehlt eine Kapelle und miniaturisierte Gebetshäuschen säumen nahezu jede Straße, als müsste man aus Dankbarkeit wieder 300 Meter unfallfrei geschafft zu haben, dem Herrn dafür Tribut zollen. Manufakturen für diese kleinen Gebetshäuschen gibt es natürlich auch. Wie immer entscheidet der Geldbeutel, wie prächtig es werden darf.

Die Roller reichen auch in den Bergen
Die Roller reichen auch in den Bergen

Rund vierzig Kilometer weiter befindet sich Chania, eine der großen Städte Kretas mit knapp 54.000 Einwohnern. Hier herrscht typisches Großstadt-Gewusel. Viele Straßen wurden in der Innenstadt zu Einbahnstraßen erklärt, weil Verkehr aus beiden Richtungen sonst zum Kollaps führen würde. Hier spielt der Motorroller seine Vorzüge am besten aus. Ständiges Stop-and-go, enge Verhältnisse und Sprints zwischen freien Lücken sind genau sein Ding. Der linke Fahrbahnrand dient in der Regel als Parkplatz für Roller. Mittig der Straße stehen die Autos im Stau, während links und rechts Roller und Motorräder vorbeifahren. Für unsere Verhältnisse Chaos pur. Hier ist höchste Konzentration beim Fahren geboten.

Die Cafés sind noch ziemlich leer
Die Cafés sind noch ziemlich leer

n der Altstadt geht es hingegen etwas gemächlicher zu. Hier sehen die Gebäude auch schon eher wie die aus, die romantisch und verschlafen beim Griechen daheim im Restaurant als Bilder an der Wand hängen. Der finanzielle Zwang hat dazu geführt, dass die meisten Häuser inzwischen aus ausgemauerten Betonskeletten bestehen oder komplett aus Betonplatten.

Am Stadtrand von Chania befindet sich das Hafengebiet. Fischtraw­ler, Fähren, Ausflugsboote und Segelyachten sorgen für geschäftiges Treiben. Da auch Militär präsent ist, darf man nicht alles fotografieren, was man interessant findet. Die verschlafenen Dörfer gefallen uns definitiv besser. 

Mit nur einem Besuch kann man natürlich nicht alles sehen, was Kreta zu bieten hat. Für alte Bauwerke und antike Ausgrabungen fehlte es leider an der nötigen Zeit, aber wir kommen bestimmt wieder auf die Insel. Dann schauen wir uns vielleicht das archäologische Museum von Rethymno oder Iráklio an. Und wir werden ganz bestimmt wieder einen Roller mieten.