aus Kradblatt 4/14
von Angela Meyer

Frauen und Motorradfahren? Warum nicht!

„Wenn du es einmal probierst, wirst du es lieben und niemals wieder damit aufhören.“ Dieser Satz ist wie für das Motorradfahren gemacht. Und ob Man(n) es glaubt oder nicht, er gilt nicht nur für Männer, sondern ebenso für Frauen.

Im Motorradsport sind Frauen nach wie vor stark in der Unterzahl. Es gibt generell sehr wenige Frauen, die fahren. Oft aus Angst, sie könnten die ca. 200 kg schwere Maschine nicht richtig halten. Doch das ist Unsinn, denn wenn man richtig mit dem Motorrad umgeht, bleibt auch alles stehen. Als typischen Frauensport kann man das Motorradfahren allerdings dennoch nicht bezeichnen. Zu starker Benzingeruch, zu hohe Lautstärke – nicht unbedingt das Frauenspielzeug erster Wahl. Auch ich war nicht gerade begeistert von dieser Art Zweiräder. Die ersten 17 Jahre meines Lebens war ich der festen Überzeugung, dass alle Motorradfahrer mehr oder weniger durchgeknallt und lebensmüde sind. Ich konnte einfach nicht verstehen, warum man sein Leben für ein bisschen Adrenalin riskiert. Doch meine Meinung änderte sich schlagartig, als ich als Sozia auf einer Kawasaki ZX-10R mitgefahren bin.

Dieses Gefühl, was ich beim Fahren hatte, war unbeschreiblich. Es war nicht nur der Geschwindigkeitsrausch, der mich in den Bann zog, oder das unbändige Freiheitsgefühl, das einen beispielsweise an einem sonnigen Frühsommertag überkommt, wenn man über eine freie Autobahn – ohne Geschwindigkeitsbeschränkung – fährt. Viel mehr überkam mich ein so intensives Gefühl, das mit nichts zu vergleichen war und ich bisher erlebt hatte. Und das war der Moment, indem mir bewusst wurde, dass ich eine neue Leidenschaft für mich entdeckt hatte. Als Frau. Das konnte was werden!

Durch einen Freund kannte ich bereits einige Motorradfahrer. Durchweg Männer, die meistens nichts anderes als Motorräder und deren schnellstmögliche Fortbewegung im Sinn haben. Da kam ich mir nicht selten fehl am Platz vor.

Vor allem als meine Monate als Soziafahrerin vorbei waren und ich einen eigenen Motorradführerschein hatte, graute es mir vor der ersten gemeinsamen Tour. Ich wollte als Motorradfahrerin wahrgenommen werden und nicht als Frau, die mit steifer Körperhaltung eine wackelige Linie fährt, aus zu viel Respekt vor Kurven und der Geschwindigkeit. Nein, ich wollte richtig Gas geben, wollte mir beweisen, dass ich es auch kann.
Als ich dann zum ersten Mal eine Tour mitgefahren bin, wurde mir klar, dass meine anfänglichen Bedenken völlig überflüssig waren, denn „mithalten“ muss auf der Landstraße niemand, es gibt schließlich nichts zu gewinnen. Wobei diejenigen, die zügiges Fahren mögen, immer gerne gesehen sind.
Bei der ersten Pause in der Applauskurve, bekam ich einige bewundernde Worte von den Jungs zu hören. Später berichtete ich von meiner Angst, als Frau ja sowieso nicht von den Männern ernst genommen zu werden. Da wurde ich aber schnell eines Besseren belehrt.

Männliche Biker finden es super, wenn Frauen Motorrad fahren. Generell gilt, je zügiger und sicherer eine Frau ihr Bike bewegt, desto ernster wird sie genommen. Doch Schnelligkeit sollte gerade als Fahranfängerin nicht ganz oben auf der Prioritätenliste stehen. Man sollte sich zuerst an erfahrene und besonnene Fahrer wenden, die einem bei Ausfahrten Tipps geben können, um das Mopped so sicher wie möglich in der ungewohnten Umgebung bewegen zu können. Die Scheu, das wir eventuell untergehen, in der großen Männergruppe, oder dass wir ja sowieso immer am langsamsten fahren, sollten wir Frauen ganz schnell ablegen.

Allein die Tatsache, dass wir Motorradfahren, zeigt sowohl Willenskraft, als auch Ausdauer, Risikofreude, Lebenslust und Selbstbewusstsein. Alles begehrenswerte Eigenschaften, die eine Frau zwangsläufig mitbringen muss, wenn sie auf Dauer als Motorradfahrerin bestehen will.

Und das Bild einer motorradfahrenden Frau als Rockerbraut mit Motorradkluft und entsprechendem Image trifft bei Weitem nicht auf alle zu. Manchmal kommen unter Helm und Lederkombi ganz zierliche Frauen zum Vorschein, die abseits der Straße ein komplett anderes Leben führen, ihrer Leidenschaft aber trotzdem nachgehen wollen. So wie es bei mir der Fall ist.

Denn Tatsache ist nun mal, dass sich absolut jeder mit dem Virus „Motorrad“ infizieren kann. Das habe ich schließlich am eigenen Leib erfahren. Wenn man einmal ein Motorrad in sein Leben lässt, verändert es einen für immer. Denn Motorradfahren ist Freiheit pur, Adrenalin, und der Zusammenhalt untereinander ist unbeschreiblich. Motorradfahren ist eben nicht nur eine Phase, sondern eine Lebenseinstellung.