aus bma 09/05

von Dieter Stöhr

Reisegruppe Unser TRIUMPH-Händler aus Dithmarschen, Ingo Heller, informierte im März 2004 seine Kundschaft über eine Werksbesichtigung mit einem Besuch der Insel in der Zeit vom 26.-30.09.2004. Schnell waren genügend begeisterte Biker gefunden, die diese Englandtour, die Motorradproduktion, sowie die neuen 2005er Modelle interessierten.
Am Sonntag, dem 26. September 2004, ging es los. Wir trafen uns mit mehreren Maschinen, darunter eine Rocket III, eine BMW und eine Yamaha, in St. Michaelisdonn auf dem Parkplatz der Fa. Heller&Soltau. Von dort aus fuhren wir im leichten Regen, wie sollte es auch auf einer Englandreise anders sein, mit zunächst 8 Krädern in Richtung Glückstadt zur Elbfähre. Auf der Fähre herrschte ein ziemliches Gedränge. Die Mopeds standen selbst in der kleinsten Lücke, und wir waren froh, noch vom freundlichen Fährmann mitgenommen worden zu sein. Nach der Elbüberquerung, die unsere Raucher schnell für eine „Schmöktime” nutzten, kamen wir gut in Wischhafen an und fuhren von Bord. Auch der Regen hatte inzwischen nachgelassen. In einer kleinen Kolonne ging es weiter in Richtung Cuxhaven, wo wir noch schnell die halbleeren Kraftstofftanks befüllten. Danach setzten wir unseren Weg zum Fährhafen fort. In unserer Gruppe hatten wir einen echten Käpt´n und Elblotsen, der sich gut im Milieu auskannte und uns zum Restaurant „Kleine Fischkiste” führte.

 

Hier konnten wir uns vor der großen Seefahrt gen England noch einmal richtig stärken. Der Tip von Käpt’n Thies war ausgezeichnet, das Restaurant kann weiterempfohlen werden. Vor dem Fährterminal traf uns die andere Reisegruppe und somit waren wir dann vollzählig: 18 Maschinen und 22 Personen (darunter vier Ladies). Gegen 15.00 Uhr erfolgte am DFDS-Terminal zügig die Zoll-Ausweiskontrolle:„ Helm ab, Haube runter und Sonnenbrille weg”, um die verkleideten Biker mit dem Ausweisfotos vergleichen zu können. Um 16.15 Uhr begann die Einschiffung auf der Fähre „Duchess of Scandinavia”, die uns von Cuxhaven nach Harwich (England) brachte. Die Alarmanlagen der Bikes mußten aus Sicherheitsgründen abgeschaltet sein, der Laderaum durfte während der Überfahrt auch nicht betreten werden. Mit stärkeren Tauen (seemännisch Tampen) hatten wir unsere Maschinen festgezurrt, stehend auf dem Seitenständer, Gang eingelegt und so gesichert. Trotz Seegangs war keines unserer Mopeds verrutscht, umgekippt oder beschädigt, wir hatten also gute Arbeit geleistet. In der Nacht der Überfahrt hatten wir etwas Seegang, an einigen blassen bis grünen Gesichtern konnte man es ablesen. Am Morgen des 27.09. nahmen wir im Bordrestaurant ein reichhaltiges englisches Frühstück für 9,50 £ ein. Jetzt waren wir für die Weiterreise auf englischem Boden erst mal kräftigst gestärkt. Gegen 10.30 Uhr (engl. Zeit) rollten wir von der Fähre durch eine Personenkontrolle, die ruhig und reibungslos ablief.
Reisegruppe< Zunächst befuhren wir im Hafengelände einen größeren Platz, um uns zu sammeln und die Weiterfahrt nach Hinckley/Leicester zu besprechen. Vom ADAC hatten wir ausgedruckte Road-Maps, die unser Dealer Ingo besorgt hatte. Er fuhr als Tourguide vorweg, so daß auch der Linksverkehr für uns nicht zu schwierig wurde. Einige unserer Teilnehmer waren noch nie mit eigenem Fahrzeug auf der „falschen Straßenseite” unterwegs, ich gehörte auch dazu. Man gewöhnt sich aber trotzdem schnell an die dortige Fahrweise, die auf Autobahnen und Fernstraßen oftmals sehr rasant war.
Von Harwich ging es zunächst durch mehrere Kreisverkehre, in England gibt es so gut wie keine Straßenkreuzungen mehr, in Richtung Colchester. Weiter auf der 120/M11 nach Cambridge, wo eine Pause bei kleinem Imbiss, Kaffee und Zigarette im Pub „John Barras” eingelegt wurde. Als Universitätsstadt ist Cambridge bekannt, doch während unserer Durchfahrt waren keine Besonderheiten erkennbar. Auf der M14 wurde Kettering in Richtung Coventry passiert. Die M14 verließen wir, um auf die 5 zu gelangen, die wir bis Hinckley benutzen. Gegen 18 Uhr waren wir am 27.09. in unserer Unterkunft. Das COMFORT INN HOTEL in Hinckley, Leicester, in dem wir zwei Tage wohnten, kann durchaus empfohlen werden. Saubere Zimmer mit Bad, freundlicher Service und gutes englisches Frühstück, Bikerherz, was willst du mehr? Ein indisches Restaurant in der Nähe unseres Hotels, welches Lothar von der Insel Sylt uns schmackhaft machte, suchten wir auf, um die Küche aus 1000 und einer Nacht zu probieren. Für den freundlichen Inder war es „the golden Monday” als wir mit 18 ausgewachsenen, halbverhungerten Bikern den Tempel bevölkerten. Ruck-zuck waren mehrere Tische und Stühle zusammengestellt, nach Speisen und Getränken gefragt, und wir wurden bestens versorgt. Lammbraten, Hühnchen, verschiedene scharfe bis explosive Saucen und Reis sowie Salate waren im Angebot. Zum Teil waren auch milde Gerichte mit leichtem, süßen Geschmack dabei. Wir ließen uns das Essen schmecken, aber trotzdem war es nicht jedermanns Geschmack. Ich konnte es an einer Bemerkung aus dem Hintergrund venehmen: „Und jetzt einen anständigen Schlag Bratkartüffeln oder Grönkohl mit Wurst und Swinsbacke!” Nach dem Essen erfolgte ein Verdauungsgang von einer guten Stunde in der Mainstreet bei Vollmond und frühlingshaften Temperaturen. Wir gingen, nur mit T-Shirt und kurzärmeligen Hemden bekleidet, ohne Kühle zu verspüren.
Am nächsten Tag, dem 28.09., fand sich unsere 22 Personen zählende Gruppe um 10 Uhr bei der Fa. TRIUMPH ein. Der Factory-Guide Peter Clark erwartete uns für eine Werksbesichtigung. Bei Kaffee und leichtem Gebäck bekamen wir eine Kurzeinweisung über den Produktionsablauf. Besucherausweise, funkgesteuerte Kopfhörer und Schutzbrillen erhielten wir als Ausrüstung. In den Fabrikationshallen herrschte z.T. größerer Lärm, den wir aber über Kopfhörer nicht vernahmen, sondern nur die Erklärungen von Peter. Er sprach ein deutliches Englisch, und parallel zu den Erklärungen konnte man die Arbeitsabläufe erkennen. Auf den Bändern und Straßen wurden mehrere Modelle hintereinander laufend wie ROCKET III, THRUXTON 900, BONNEVILLE 100, BONNEVILLE AMERICA, BONNEVILLE SPEEDMASTER usw. gefertigt. Auf einem Abstellplatz in der Halle konnte man weitere Fahrzeuge nach ihrer Fertigstellung, klar zur Verpackung, sehen. Gewaltig war der 2300 ccm Motor des Flagschiffs ROCKET III anzusehen. Kurbelwellen, Nockenwellen, Zahnräder und Ausgleichswellen auch anderer Motoren, konnten wir in die Hand nehmen und so die Gewichte dieser Motorteile erkennen. Die Kurbelwelle des 2,3 Liter Motors ist ein perfektes Trimmgewicht (17 kg) zum Aufbau einer starken Armmuskulatur, gut für jede Mucki-Bude! Diese Werksbesichtigung war für uns alle ein besonderes Erlebnis. Die Sauberkeit und die Präzision, mit denen diese Motoren und die weiteren Bauteile zu einer Maschine zusammengefügt wurden, zum großen Teil in Handarbeit, war für uns alle sehr beeindruckend. In den Werkshallen herrschte absolutes Rauch- und Fotografierverbot! Logo, oder?
Mallory-ParkNach der Werksbesichtigung stärkten wir uns in einem McD-Laden und fuhren danach über Land. Kleinere Straßen und Wege nahmen wir unter die Räder. Unser Ziel hieß MALLORY-PARK, eine ältere Rennstrecke, auf der bereits britische und ausländische Fahrer ihre Siege in früheren Jahren erzielt hatten. Am Eingang der Rennstrecke zeugen Gedenktafeln, Denkmäler und Bronzefiguren von den Erfolgen der großen Ehemaligen. Hier sahen wir, wie junge Biker, auch junge Frauen waren darunter, als Nachwuchsfahrer ihre Runden auf dem Ring mit Speed drehten. Ich war vom Können der jungen Leute begeistert. Nach ein paar Stunden ging es über Nebenstrecken zurück in Richtung Hinckley. In einem der typischen Kreisel verlor ich meine Vorderleute, die von einem 40-Tonnen-Truck, der von rechts kommend in den Kreis einfuhr, verdeckt wurden und somit für mich verschwunden waren. Jetzt begann es zu allem Überfluß auch noch zu regnen, gießkannenartig. Aus die Maus! Wohin? Raus aus dem Kreisel, nächste Abfahrt ein kleiner Ort mit Tanke; Gott sei Dank, kein Spritmangel! Tanke angefahren, Pfundnoten in der Hosentasche, also kein Problem. Den zu zahlenden Betrag laß ich an der Kasse ab. Die Kassiererin bekam das Geld, und ich den Restbetrag auf die Hand zurück. Da ich des Weges unkundig war, fragte ich die junge Frau nach der kürzesten Verbindung nach Hinckley. Meine Bonni war zum ersten Male in ihrem Geburtsland, also konnte sie mir auch nicht weiterhelfen. Sie hatte zwar 24.000 km in Deutschland abgespult, Roads and Highways waren ihr jedoch genau so fremd wie mir. Auf meine Frage erhielt ich von der Lady eine Antwort, die keine war, weil ich sie nicht verstand. Die junge Frau hatte keine Zähne im Mund, vermutlich zur großen Inspektion abgegeben. Außerdem nuschelte sie in einem Dialekt, der nicht nach Oxford-Englisch klang. Zum Glück befand sich noch ein anderer Tankkunde im Kassenraum, der meine Schwierigkeiten erkannte. Er fragte, ob er helfen könne, und ich nickte nur. Da der freundliche Helfer meine Frage schon gehört und verstanden hatte, erklärte er mir in gut verständlichem Englisch die weitere Fahrtstrecke. Außerdem machte er eine kleine Skizze mit drei hintereinander befindlichen Kreiseln und einer Abfahrt, der Road No. 447- Hinckley. Fahrstrecke ca. 30 Minuten. Ich wiederholte die aufgenommene Information, mein Helfer bestätigte, ich war gerettet! Aber denkste, als ich auf meine Maschine zuging kam mein Junior Dirk mit seiner TROPHY angeheizt, und ich erhielt meinen Segen! Ich wurde kurz ausgezählt nach dem Motto: „Vater, wo bleibst du denn? Willste hier vielleicht übernachten? Wir warten seit über einer viertel Stunde und dann in diesem Sauwetter!” Ich hatte aber eine Skizze und die richtige Straßennummer erkundet. Dirk übernahm die Führung der kleinen Gruppe und über die richtige Abfahrt No. 447 im dritten Kreisverkehr kamen wir bald in unseren Ferienort. Die Strecke betrug, wie der freundliche Helfer mir sagte, ca. 30 Meilen. Dort zum Hotel, Maschinen auf dem Parkplatz abgestellt und gesichert. Aufs Zimmer, dann noch schnell eine Dusche genommen. Den ersten Teil des Abends verbrachten wir im Hotelrestaurant mit einem guten Essen. Es gab Lammbraten in Rotweinsauce mit Reis und Beilagen. Danach warmen Apfelkuchen mit Vanilleeis. Die Engländer nennen diese Nachspeise Apple-Pie. Nach diesem Menü zog es uns in den nahegelegenen Pub „Lord Nelson”. Ein außergewöhnlicher Name!
Mallory-ParkDort wurden dann einige Biere gelenzt. Um 23 Uhr war Schluß der Vorstellung. Kurz und knapp hieß es „Time please now” und mit der obligatorischen Hausglocke, ähnlich der Schiffsglocke der „Gorch Fock”, wurde angezeigt, daß das Etablissement zu räumen ist. In diesem Laden war eine gute Stimmung, wenn man sich auch vor starkem Tabakqualm kaum noch sah. Nach meiner Rückkehr in Schleswig-Holstein mieften meine Klamotten immer noch nach „Merry old England”, es gehört aber dazu. Nach einem guten und reichhaltigen Frühstück traten wir am 29.09. unsere Rückfahrt an. Zuvor packten wir die Tankrucksäcke, Packtaschen und weiteres Gerödel zusammen und verstauten es auf den Maschinen. Die Rückfahrt in Richtung Harwich nahmen wir zunächst auf den Highways und Fernstraßen vor. Da wir aber noch genügend Zeit hatten, die Fähre mußte um 15 Uhr (Ortszeit) erreicht sein, konnten wir einige kleinere Orte und Dörfer auf den üblichen Roads befahren. Kleinere Häuschen, z.T. sehr romantisch und schön anzusehen, mit Fachwerkbau, weißen Anstrichen, Reetdächern, Sprossen- fenstern und winzigen, schmalen Haustüren, reich verziert oder bemalt, bei denen ich mich jedoch frage, wie man dort Möbel wie z.B. Tische in das Haus bekommt. Ich nehme an, die Schweden haben von den alten Briten gelernt und so die Möbelmontage mit dem 5 mm Imbusschlüssel als Idee aufgenommen. Aber weiter zur englischen Landschaft. Sie ist wunderschön, leichte Hügel und Felder, kleine geschwungene Straßen, Wiesen, Wälder, Buschgruppen und Hecken, Natursteinwälle, uralte Eichen, die wahrscheinlich zu King Arthurs Zeiten gepflanzt wurden, machen die Landschaft sehenswert. Dazu kam ein herrlicher Sonnenschein. Gegen Mittag trafen wir in Harwich ein, die Bikes wurden am Straßenrand abgestellt, und dann suchten wir an der Pier einige Seafood-Buden auf, an denen wir etwas aßen. Diese Mahlzeiten waren essbar, ein etwas anderer Geschmack, doch man konnte es überleben. Wer mehrere Jahre Flottenverpflegung bei der Marine hinter sich hat, den haut so schnell nichts mehr um in Sachen Mampfen. Nach dem Befahren der Fähre „Duchess of Scandinavia” wurden die Bikes vertäut, verzurrt und gesichert, diesmal im zweiten Unterdeck bei den Trucks. Danach ab in die 4-Mann-Kabineen und erst mal geduscht. Durch die Motorradbekleidung, die warmen Temperaturen in England und den Arbeiten an den Bikes, sowie das Entern der Niedergänge über mehrere Decks in den Wohnbereich, kamen wir ganz schön ins Schwitzen. Pünktlich um 16 Uhr legte das Schiff ab, wir betrachteten „Merry old England” nun von der Seeseite her. Die Rückfahrt nach Cuxhaven verlief bei äußerst ruhiger See. Mit unserer Bikergruppe saßen wir im Bordrestaurant oder an der Bar bei entsprechenden Getränken und Gesprächen. Das englische Bier an Bord ist wesentlich leichter, es kann mit dem deutschen Getränk nicht verglichen werden. Nach einer guten Seefahrt trafen wir am 30.09. um 11.30 Uhr in Cuxhafen ein. Entladen der Bikes, keine Schäden oder Schrammen dank guter Sicherung und der Prüfung unseres Leiters. Durch den Zoll: „Helm ab, Mütze runter, Sonnenbrille ab; mit dieser Verkleidung kann ich nicht mal meine eigene Mutter erkennen!”, so der freundliche Zollbeamte. Nach dieser Aktion trafen wir uns noch einmal an der „Kleinen Fischkiste” zu einem guten gemeinsamen Abschlußessen. Nach einer teilweisen Verabschiedung fuhren die Berliner, Magdeburger (Schönebek), Niedersachsen und unser Bayer aus Günzburg eine andere Route als wir Schleswig-Holsteiner. Bei Wischhafen setzten wir über die Elbe. Als der freundliche Fährmann unsere Truppe kommen sah, ließ er noch einen PKW auf sein Schiffchen und schloß die Schranke vor unserer Nase, obwohl wir mit acht Motorrädern noch genügend Platz gefunden hätten. Aber na ja, es sollte halt nicht sein! Des Fährmanns Wille ist sein Himmelreich! Auf Glückstädter Seite verabschiedeten wir uns voneinander. In Gedanken eine gute Fahrt und ein schönes Erlebnis ohne körperliche oder materielle Schäden gehabt zu haben. Dank Ingo, der uns prima geführt, sowie die Vorbereitungen und Buchungen bestens vorbereitet hatte. Abschließend möchte ich sagen, die Fahrt war ein schönes Erlebnis. Spaß und Freude waren bei dieser Tour dabei. Der Zusammenhalt, die Kameradschaft und Hilfsbereitschaft, sowie die gute Stimmung in unserer Bikergruppe waren großartig.