aus Kradblatt 6/14
von Marcus Lacroix
Spaß im Sandkasten – Endurotraining für Straßenfahrer
Die Enduro-Academy veranstaltet schon seit vielen Jahren Endurotrainings im Hoope-Park bei Wulsbüttel (zwischen Bremen und Bremerhaven) und speziell das Einsteigertraining soll sich an Motorradfahrer wenden, die noch nie im Gelände unterwegs waren. Da fragt man sich, doch welchen Sinn die Dreckferkelei haben soll – Straßenfahrer fahren ja aus gutem Grund auf der Straße. Ende April konnte ich es selbst ausprobieren.
Gefahren wurde in zwei Gruppen. In der Gruppe der Reiseenduros traten echte Schwergewichte, wie die BMW R 1200 GS, auf. Die Gruppe der Sportenduros bestand aus leichten Ackerfräsen. Eine Straßenzulassung ist nicht nötig. Wer kein eigenes Geländemotorrad hat, kann beim Veranstalter eines mieten. Ich startete also mit der neuen 450er Beta RR, die bei mir, für unser Einsteigertraining, aber eigentlich eine „Perle für die Sau“ war. Die Sportendurogruppe definierte sich übrigens durch die Maschinen, nicht über die vermeintlichen Fähigkeiten der Fahrer! Bei der Visite vorm Start fiel mein Kofferraum voll Motorradbekleidung bei den Trainern durch – alles nicht wirklich Off-Road tauglich befand Ralf „Ralle“ Buttgereit und so nahm ich auch noch die angebotene Mietbekleidung in Anspruch. Glücklicherweise, wie sich schnell herausstellte. Die Reiseendurofraktion startete mit Rukka, Rev’It & Co. in den Tag, bemerkte aber auch recht schnell, dass Atmungsaktivität sehr enge Grenzen hat und zog sich um.
Kurze Begrüßung, Team-Vorstellung, Fragen nach Erwartungen und Erfahrungen – das übliche Programm. Ein Fahrer wollte seine Fehler korrigiert wissen, ein anderer hatte das Training zum Geburtstag bekommen. Eine anstehende Island-Reise war ebenso ein Grund wie einfach mal der Wunsch zu gucken, was im Gelände so geht. Mit halbwegs grobem Profil geht da auch mit Reiseenduros erstaunlich viel. Wenn die weltbesten Straßenrennfahrer Offroad trainieren, muss da ja irgendwas dran sein. Es folgte die Ermahnung, über den Tag reichlich von den bereitgestellten Getränken zu nehmen, was ich persönlich geistig mit einem „jaja…“ abnickte. Nach dem Aufwärmen, das mal gerade 10 Minuten dauerte, dämmerte uns aber schon der Grund der Ermahnung. Trotz angenehm frühlingshafter Temperaturen dürfte der Tag etwas schweißtreibender werden.
Ralle griff sich die Reiseendurogruppe und Axel nahm uns Sportfahrer unter die Fittiche. Bei den Reiseenduros wurde der Luftdruck auf 1,5 bar gesenkt, Spiegel und Windschutzschilder abgeschraubt. Es folgten erste Trockenübungen – wie stehe ich auf dem Motorrad, wohin schaue ich, wie halte ich Hände und Arme und wie dehne ich die Unterarme wenn sie verkrampfen („wieso sollten sie?“) usw. Wir waren heiß und wollten endlich mit Dreck werfen. Und dann ging es auch schon los…
Das Gelände des Hoope-Parks ist wirklich ein erstaunlicher, sehr vielseitiger und gut angelegter Spielplatz. Nicht nur für uns Große, wie wir schnell feststellten, auch viele Kinder waren auf kleinen Geländemaschinen und sogar E-Bikes unterwegs. An dem „Ride for Fun Wochenende“, an dem unser Training stattfand, war das Gelände für echte Moto-Crosser tabu. Der Unterschied zu Sportenduros erschloss sich uns Laien allerdings nicht so direkt. Jeder darf gegen einen kleinen Obolus trainieren. Wer absolut keine Enduro-Erfahrung hat, dem sei aber ein Kurs, wie der hier vorgestellte, empfohlen. Mal eben mit einer alten XT, XL o.ä. drauflosknattern, könnte sonst schnell zu Frust führen. Speziell die Wald-Sektion, die wir quasi als „Krönung“ am späteren Nachmittag noch fuhren, hat es in sich. Ganz ehrlich: Ohne das Training hätte ich wahrscheinlich irgendwo auf dem Parcours wie eine Mimi auf einem Baumstumpf gehockt und darauf gehofft, dass mich irgendwer da raus holt. Noch wussten wir aber nicht, was da noch alles auf uns zukommen sollte und so drehten wir fleißig mit Axel und Ralle unsere Runden.
Grundfahrübungen standen auf dem Plan und es war erstaunlich, wie schnell man sich an losen Untergrund gewöhnt. Beschleunigen, Bremsen, Gewichtsverlagerung – mal Runden nur mit der Gashand am Lenker, mal rechts, mal links auf der Raste stehend, im Damensitz usw. Ein großer Vorteil sind die niedrigen Geschwindigkeiten, mit denen man bei so einem Training unterwegs ist. Mindestens drei mal (oder so) habe ich die Beta in den Dreck geworfen. Mensch und Maschine machte das rein gar nichts aus.
Für unser Training war ein Bereich mit leichterem Gelände reserviert, in dem aber alle kommenden Herausforderungen super trainiert werden konnten. Die erstaunlichste Erfahrung war für mich, dass wir den ganzen Tag ausschließlich im zweiten Gang unterwegs waren. Ohne Anleitung hätte ich mit Sicherheit panisch im Getriebe herumgerührt. Sehr viele Fahrmanöver werden aber über die Kupplung reguliert, ein Grund warum der linke Zeigefinger ständig auf dem Hebel liegt. Der Rechte liegt ebenso permanent auf der Bremse, damit man jederzeit reagieren kann. Die eingangs erwähnte Dehnübung für die Unterarme kam dann auch schon kurz vor Mittag zum Einsatz.
Mit großem Bedauern machte Ralle uns dann klar, dass im Hoope-Park zwei Stunden strickte Mittagsruhe angesagt sind. Ehrlich gesagt fand ich das überhaupt nicht schlimm. Mittagessen (im Preis enthalten) gab’s im Bistro und das kühle (alkoholfreie) Weizen zischte echt gut durch die Kehle. Von den angebotenen Wasserflaschen zog ich mir über den Tag übrigens auch noch drei rein und das Einpacken trockener Kleidung für die Rückfahrt zahlte sich ebenfalls aus, obwohl kein Tropfen Regen fiel und auch die Wasserdurchfahrten kein Problem darstellten.
Punkt zwei Uhr und deutlich erholt ging es weiter. Das Programm verschärfte sich etwas, es ging rauf und runter, durch schmale Passagen und eng um die Bäume herum. Mal fuhren die Trainer vorweg, mal standen sie stets korrigierend, ermahnend und ermunternd an den Sektionen. Schließlich fand Axel uns für tauglich genug, den großen Kurs zu fahren. Auch hier bewegten wir die Sportenduros nur im zweiten Gang. Nach einem kurzen sandigen Einstig und einer uneinsehbaren Kuppe hatte ich echt den Eindruck, ich steh‘ im Wald! Ok, dem war ja auch so. Die ersten Runde kam mir endlos vor und meine Orientierung war auf dem verwinkelten Einbahnstraßenkurs schnell passé. Zwischendurch wurden wir von schnelleren Fahrern (also eigentlich fast allen) die dort frei trainierten überholt. Das klappte bei aller Enge im Wald erstaunlich gut und zivilisiert.
Die Reiseendurofahrer tobten sich währenddessen auf der Kinderbahn aus – meinen Spruch „da wo wir waren, kommt ihr mit euren Eisenhaufen nie hin“ konterte Ralle allerdings mit einem „doch, die haben morgen den Aufbaukurs und fahren da auch“. Schade, dass ich nur einen Tag Zeit hatte!
Fazit: Das Training mit der Enduro-Academy im Hoope-Park und der Park selbst sind unbedingt empfehlenswert. Man lernt sehr viel, das auch im Alltag von Nutzen ist – vor allem Selbstvertrauen auf losem Untergrund. Wer es selbst probieren (oder verschenken) möchte: Mit der eigenen Maschine kostet das Training inkl. der Streckenmiete, Mittagessen und Getränken erträgliche 199 Euro. Für das Rundumsorglospaket inkl. Leihmotorrad, Benzin und Bekleidung zahlt man 399 Euro. Ein Führerschein ist nicht erforderlich, Motorradfahren muss man aber schon können. Auch Minderjährige können teilnehmen und für Kurzbeinige gibt es passende Maschinen (Beta Alp + Trials).
Alle Informationen, Termine und Buchungen bekommt man online unter www.enduro-academy.com oder per Telefon 0173-2311069. Auch Firmen-Events oder individuelle Trainings z.B. für Freundeskreise o.ä. werden nach Absprache organisiert.
Natürlich kann man auch ohne ein Training mit seiner Enduro oder einer Mietmaschine im Hoope-Park Spaß haben. Das Ganze ist günstig und vor allem legal! Infos unter www.hoopepark.de oder Telefon 04795/954820.
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