Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 9/23
von Mathias Thomaschek, www.zweirad-online.de

Der Weg bleibt das Ziel …

Mathias Thomaschek
Mathias Thomaschek

Da gibt es bei Facebook und anderswo Gruppen, die gemeinsam ausfahren. Eine großartige Sache, bei der man – wenn Leute und Fahrstile zueinanderpassen – richtig Spaß haben kann.

 Wo es hingeht, bestimmt der Tourguide, ein selbsternannter oder erwählter Road-Captain, oder sonst jemand, der sich mit den diversen Apps, die um die Gunst des Bikers buhlen, bestens auskennt.

Anders gesagt: Der einen Start, einen Zwischenstopp und ein Ziel einprogrammiert, auf dass die Algorithmen zu rechnen beginnen.  

Schieberegler für „Kurven“ ganz nach oben und schon besucht die Motorradgruppe nach durchschnittsgeschwindigkeitsmordendem Herumhoppeln auf Flurbereinigungswegen Bauer Müller und seine Hochleistungsmilchkühe. Ob der sich darüber freut, lass ich mal dahingestellt sein. Die Planungssoftware kennt alle öffentlichen Straßen. In welchem Zustand die sich allerdings befinden, weiß sie nicht. Und wenns schön kurvig sein soll, nimmt sie Wegstrecken, die in der Wegachse zwischen zwei Punkten möglichst oft die hinterlegte Gradzahl wechseln. Dann muss es dort kurvig sein. Fertig – mehr ist das nicht.

 Wenn die folgsamen Tourenfahrer dann den Guide nach dem Helmabnehmen zuerst mit den vorwurfsvollen Worten „Du kennst vielleicht Straßen“ verbal niedermetzeln – drückt das die Stimmung, ist aber der Software völlig egal.

 Darum merke: Navigationssoftware ist herrlich geeignet, um bei einem aus den Fugen geratenen Spritmanagement möglich schnell die nächste Tanke zu finden. Oder bei völligem Orientierungsverlust das Abdriften z.B. ins Nirwana der inneren Fränkischen Schweiz zu verhindern.

Und man kann – aber muss nicht – mit ihr Strecken entdecken, die man noch nie auf dem Zettel hatte. Ober auch beim Bauer Müller mit seinen Hochleistungs…

 Angesichts der momentanen massiv grassierenden Umleiteritis allerorten, geraten Tourenplanungen mit der Straßen-KI oft zur Lottorie. Weil sie Umleitungen nicht berücksichtigen und so einen – typisch deutsch – auf die Minute festgelegten Zeitplan komplett über den Haufen schmeißen.

 Es geht aber auch andersherum. Beispiel gefällig? Google Maps zeigt seit Wochen die Ortsdurchfahrt und Kathi-Haupteinflugschneise durch Aufseß (das Kathi-Bräu in Oberfranken, Mathias’ Hausstreckengebiet) als gesperrt an und zwingt so schasch­liksüchtige und andere Jünger zu massiven Umwegen durch Gegenden, die schon wieder fast lebensbedrohlich erscheinen. Glaubst du nicht? Lies mal die Einträge bei Facebook! Man kann aber in Aufseß auch ganz normal – aber illegal – durch die durchaus befahrbare Baustelle rollen (Achtung: Dies ist kein offizielles Statement. Wer sich erwischen lässt, zahlt selbst!). Verlasst euch nur einfach nicht blind auf Apps. Und man kann – ich weiß ich wiederhole mich in regelmäßigen Abständen – den ganzen GPS-Firlefanz zwar als Backup mitlaufen lassen, sich aber ansonsten beim Motorradfahren auf seine Augen, seine Nase und seine Erfahrung verlassen. Auch heute noch …

 Merke: Der Weg ist das Ziel, nicht der sekundengenaue, weil computerberechnete Aufschlag im Biergarten. Das ist echte Biker-Freiheit.