Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 9/22 von Mathias Thomaschek, www.zweirad-online.de
Moderne Kundenkommunikation …
Als Mensch, der zur schnellen und unkomplizierten Kommunikation im privaten wie geschäftlichen Bereich gern zum Telefon greift, muss ich immer öfter feststellen, dass dies wohl „Oldschool“ und nicht mehr gewünscht ist. Klar, wenn es klingelt, ist oft Wundertüte angesagt. Da kann sich am anderen Ende der Leitung entweder ein ernsthafter, netter und/oder interessanter Kunde, aber auch die größte Laberbacke befinden.
Wenn inzwischen Gewerbetreibende aber Telefonsprechzeiten zum Schutz vor ihrer Kundschaft einrichten und außerhalb dieser zuverlässig unerreichbar sind und ein auf den AB geflötetes flehentliches Bitten um einen Rückruf ignorieren, dann kommt man ins Grübeln.
Das Schlimme dabei: Wir haben uns an die telefonische Unerreichbarkeit längst gewöhnt und akzeptiert, dass wir nach ellenlangen Ansagen und Drücken diverser Ziffern Minuten später schulterzuckend im Nirwana der Nebenstellenanlage stranden.
Aber deshalb gibt es ja inzwischen WhatsApp, Messenger, Mail, oder eine Chatfunktion. Ich hatte in diesen Tagen das Vergnügen, mit jemandem zu chatten, von dem ich bis jetzt nicht weiß, ob es ein Mensch oder eine KI war.
Chat funktioniert so: Kaum rufst du im Internet die Homepage auf und interessierst dich für ein Produkt, ploppt ein Fenster auf und ein „Mitarbeiter“ fragt freundlich, ob er helfen kann. Ganz ehrlich, ich mag diese ausdrucklose Art der Kommunikation nicht sonderlich, aber okay, wenn das die Zukunft ist – meinetwegen.
Da bestelle ich bei einem Zubehörspezialisten etwas, melde mich wie gewünscht als Neukunde an, suche alle wichtigen Daten raus, setze ein paar Kreuze und schließe die Bestellung ab. „Lieferung erst nach Zahlungseingang!“ lese ich und dabei fällt mir auf, dass ich bis jetzt überhaupt keine Möglichkeit hatte, die angebotene PayPal-Zahlungsvariante zu aktivieren.
Ich klicke vor, ich klicke zurück – nichts. Macht nix, da war ja noch dieses Chatfenster. Also dort flugs zwei Zeilen platziert und meine scheinbare Unfähigkeit, eine simple Onlinebestellung korrekt abzuschließen, geschildert.
Die Frau soundso (Name der Redaktion bekannt) würde sich gleich bei mir melden, kommt die (wahrscheinlich vom Roboter) generierte Antwort bereits nach einer Minute. Eine weitere Minute später teilt mir das Unternehmen mit, dass Frau Soundso leider zurzeit digital unpässlich sei. Ich möge doch bitte meine E-Mailadresse angeben, man würde sich dann bei mir melden. Eine Stunde später dann die Erklärung per Mail: „Webshopbestellungen sind für uns erst mal Bestellanfragen, welche wir technisch prüfen müssen. Sie erhalten voraussichtlich morgen von unserer Buchhaltung per separater E-Mail einen Link für die PayPal Zahlung.“
Alter, was geht hier ab? Ich kann nicht einfach wie bei Amazon etwas bestellen, was im Shop vorrätig zu sein scheint sondern muss erst eine als Bestellung getarnte Bestellanfrage stellen. Worauf geprüft wird, ob ich überhaupt würdig bin, die gewünschte Ware – natürlich gegen Bezahlung – zu erhalten. Falls sie überhaupt lieferbar ist, oder was?!
Einen Tag später kommt dann per Mail ein „Auftrag“. Puh, noch mal Glück gehabt! Und wo steht jetzt die PayPal-Adresse? Nein, ich beginne keinen neuen Chat, ich will einmal friedlich sterben, nicht final herzkaspernd auf meinem Bürostuhl!
Inzwischen ist es mir gelungen, dem Unternehmen die auf dem Auftrag geforderte Summe per PayPal zukommen zu lassen. Wird schon alles gut werden – falls jetzt der völlig überforderte Paketdienstler mir meine Sendung wirklich an die Bürotür (EG!) bringt und nicht einfach wieder mitnimmt, weil er seit zwei Stunden Feierabend hat …
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