Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 8/23 von Marcus Lacroix
Eine unerwartete Begegnung …
Im Editorial geht es ja meistens um Themen, über die man sich irgendwie aufregen kann, Dinge die schief laufen. Oder um Warnungen, gute Ratschläge, Durchhalteparolen im Winter, Aufrufe zu Sicherheitstrainings oder Werkstattterminen.
Dieses Editorial wollen wir aber der Freude widmen. Gerade in den aktuellen Zeiten, wo wir gefühlt von einer Katastrophe in die nächste schlittern oder uns – noch besser – im permanenten Katastrophenmodus befinden. So kommt es einem jedenfalls vor, wenn man sich über mehrere Kanäle mit Nachrichten und Meldungen versorgt. Die Apokalypse potenziert sich, das Abendland ist verloren, der Planet sowieso und allerorten ist Alarm. Dass am Ende der Berliner Löwe doch nur ein Wildschwein ist, geht dabei unter.
Lange Vorrede, kommen wir zum nebenstehenden Bild – das irgendwie natürlich damit zusammenhängt.
An einem warmen und im Laufe des Tages heißen Sonntag im Juli schaltete ich morgens die Nachrichtenkanäle ab, zog die Mopedklamotten an und tingelte mit meiner alten BMW GS planlos über Sträßchen und Feldwege der Wildeshauser Geest. Das macht den Kopf frei! Abbiegen wo man will, halten wo man will, kein Druck, kein Ziel, nur fahren.
Der Rückweg führte mich in Oldenburg an eine Aral-Tankstelle, die ich nur äußerst selten besuche. Aber irgendwie war mir gerade danach und die GS eh auf Reserve.
An der Tanke stehen zwei Maschinen mit Kennzeichen RZ – Kreis Herzogtum Lauenburg / Ratzeburg. Ob das wohl Kradblatt-Leser sind, denke ich so bei mir, als der Fahrer der 850er BMW hinter der Säule hervor kommt und mich auf meine GS anspricht. Ich stutze … „Konstantin?“ – er stutzt noch mehr als ich … „Ähhh??? Ja?“.
Ich kann es kaum glauben, da treffe ich an einer Aral-Tanke in Oldenburg Konstantin Winkler. Kradblatt-Fans kennen ihn, er schreibt schon seit ungefähr 25 Jahren für uns Artikel, vorwiegend über alte oder ganz alte Motorräder, meist aus seiner eigenen umfangreichen Sammlung. Konstantin ist Alteisen-Fan. Und ohne Witz: wir mailen, wir chatten, wir telefonieren – aber wir sind uns noch nie im richtigen Leben begegnet. Es hat sich irgendwie nie ergeben.
Für ein Eis reicht es auch diesmal aus zeitlichen Gründen nicht, aber das holen wir irgendwann in den nächsten 25 Jahren sicher nach!
Auf jeden Fall war die Freude riesengroß und noch Tage danach – wie auch jetzt beim Schreiben des Editorials – muss ich innerlich lachen und das macht gute Laune.
Womit sich auch der Kreis schließt: bei all den negativen Meldungen, der Aufregung und den Diskussionen, von denen die meisten sogar völlig überflüssig sind, wie sich im Nachhinein oft herausstellt (die Setzerin hat gleich gesagt, das ist ein Wildschwein), vergesst nicht einfach mal abzuschalten. 1981 fand ich den Spruch von Peter Lustig am Ende von Löwenzahn doof und bevormundend, inzwischen verstehe ich ihn sehr gut. Wir vergessen das Abschalten und das ist nicht gut …
Also: bleibt munter, genießt den Sommer und freut euch an den schönen Dingen im Leben, es ist bekanntlich kürzer, als man denkt.
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