Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 6/23 von Marcus Lacroix

Bye, bye Fischbrötchen?

Bleibt der Lühe-Anleger attraktiv?
Bleibt der Lühe-Anleger attraktiv?

Eigentlich war es zum Saisonstart relativ ruhig, was die üblichen Streitthemen angeht. Von Streckensperrungen, Lärmdiskussionen und Demonstrationen hört man wenig. So ruhig hätte es von mir aus gerne weiter gehen könne. Hätte … 

Aktuell gibt es aber Stress am beliebten Motorradtreff „Lühe-Anleger“ zwischen Stade und Hamburg. Auf dem Parkplatzgelände, mit idyllischem Blick auf die Elbe und die vorbeiziehenden Schiffe, stehen diverse Foodtrucks bzw. Imbisswagen. Ein idealer Halt, wenn man durch das Alte Land cruist und mal eben etwas futtern und trinken will. An schönen Tagen trifft man dort immer Gleichgesinnte und kann beim Snack schnacken und Mopeds gucken.

Den Stress gibt es dort nicht zum ersten Mal, aber diesmal geht es nicht um potentielle Sperrungen und Motorradlärm sondern um die Parkplatzgebühren. Von denen blieben Motorradfahrer bisher nämlich verschont – zumindest inoffiziell.

Als das Stader Tageblatt am 10. Mai 2023 berichtete, dass zukünftig auch Motorradfahrer für das Parken zahlen sollen, kochte der Zorn in der Community hoch. 

Nun ist die Gebührenpflicht am Lühe-Anleger nichts Neues, die wurde bereits 1999 verabschiedet. Die Parkscheine wurden bei Motorrädern bisher nur nicht kontrolliert. Der Aufwand dafür lohnte sich wohl nicht. Die kleinen Zettelchen kann man ja nicht mal eben hinter die Windschutzscheibe legen. Über die Easy-Park-App kann man seinen Parkplatz jetzt aber bequem über das Smartphone bezahlen – und offenbar lassen sich darüber Nichtzahler auch leicht identifizieren. Zitat aus dem Artikel des Stader Tageblatt: „Die Samtgemeinde Lühe beschäftigt eine Verkehrsüberwacherin. […] Da man nun per App zahlen kann, wird Parken ohne das Entrichten der Parkgebühr zukünftig auch geahndet. Das heißt: Wer nicht zahlt, muss 20 Euro blechen.“

Dass manche Motorradfahrer jetzt für sich ein Gewohnheitsrecht beanspruchen und gegen die Gebühren schimpfen, kann ich nicht verstehen. Aus Sicht der Auto- und Wohnmobilfahrer wäre Gratisparken für Motorräder auch ziemlich ungerecht. Den meisten – so wie auch mir – ist allerdings entgangen, dass eine vermarktete Werbetafel am Biker-Parkplatz in den letzten Jahren unsere Parkgebühren getragen hat. Die hat uns offenbar 2006 den Treff gerettet, da drohte eine komplette Sperrung für Motorräder (Hamburger Abendblatt vom 21.2.2006, Danke an „Cest Lavie“ über Facebook für den Link). Mit der Nutzung der App hätte ich somit nicht mal ein Problem. 

Was mich aber ärgert ist, dass Autos und Motorräder das Gleiche zahlen sollen: 1 Euro je angefangene halbe Stunde (oder 6 €/Tag). Dass ein PKW-Stellplatz für mindestens zwei Motorräder gut ist, wurde dabei wohl übersehen. Und die meisten PKW sind sicher auch mit mehr als einer Person besetzt, die potentiell mehr Müll und Entsorgungskosten verursachen.

Motorradfahrer sind bekanntlich etwas sensibel, der Motorradtreff Lühe-Anleger könnte also durchaus sterben. Ob die dortige Saison-Gas­tronomie das anderweitig auffangen kann, bezweifele ich. Denkbar sind aber auch Flashmob-Parkdemos wie mancherorts in den 1990ern.

Die Frage ist nun also, wie es am Lühe-Anleger weitergeht. Ich habe dazu Frau Nele Dehmel (Leitung Fachbereich Bürger & Bauen) der Samtgemeinde Lühe angeschrieben, die auch sehr schnell und freundlich geantwortet hat. Fragen und Antworten findet ihr unten stehend (bzw. auf Seite 64/65 in Ausgabe 6/23).



Bikertreff: Stress am Lühe-Anleger

Fragen und Antworten

Lühe-Anleger
Wie oben im Editorial (bzw. auf Seite 3 in Ausgabe 6/23) erwähnt, findet ihr hier unsere Fragen und die Antworten von Nele Dehmel von der Samtgemeinde Lühe. Das Ganze lief sehr kurzfristig, und wir bedanken uns bei Frau Dehmel, dass sie sich die Zeit genommen hat.

KB: War das Parken für Motorräder bisher auch schon kostenpflichtig und das Nichtzahlen wurde nur geduldet?

Das Parken für Motorräder ist bereits seit 1999 gebührenpflichtig. Da die Erfüllung der Gebührenpflicht mit klassischen Parkscheinen nachgewiesen werden musste, wurde auf eine Ahndung der Verstöße verzichtet, da die Verwaltung die Problematik des Anbringens der Parkscheine am Motorrad durchaus nachvollziehen konnte. Da seit dem 15.7.2022 die Möglichkeit besteht, die Parkgebühr per App zu entrichten, bieten wir nunmehr zwei Optionen zur Zahlung an, sodass das Nichtzahlen mangels Anbringungsmöglichkeit kein Hindernis mehr darstellt bzw. auch in die Gegenrichtung: Wer nicht per App zahlen möchte, oder kann, hat weiterhin die Option einen Parkschein zu lösen.

 KB: Besteht nicht zugunsten der dortigen Gastronomie die Möglichkeit, das Parken für Motorräder weiter kostenfrei zu halten?

Aufgrund des Zeitungsartikels im Stader Tageblatt sind wir in einen guten Austausch mit Motorradfahrern und zu guten Lösungsansätzen gekommen. Dass eine Gebührenpflicht an einem touristischen Anlaufpunkt wie dem Lühe-Anleger besteht, ist unseres Erachtens grundsätzlich nachvollziehbar. Es sollen nun verschiedene Optionen geprüft werden: Können die Gebührensätze ggf. angepasst werden? Kann ein Jahresticket eingeführt werden? Es kam auch der Vorschlag, ob die Standbetreiber die Parkgebühren für die Biker übernehmen können. Das ist natürlich auch für die Standbetreiber eine Wirtschaftlichkeitsrechnung und kann nicht ohne vorherige Gespräche zugesagt werden. Auch wurde in den Gesprächen um die Gebührenpflicht vorgeschlagen, dass ein Werbetafel-Inhaber, der auch Motorrad-Freund ist, einen Teil der Ausfällen zahlen würde, um die Parkgebühren mit Werbeeinnahmen auszugleichen. Hier befinden wir uns wie gesagt derzeit in der Prüfung, um eine gemeinsame Lösung zu finden.

 KB: Würde es nicht reichen, 1 € für eine Stunde zu kassieren? Die meisten (wie ich auch) sind selten länger als 40 Minuten vor Ort.    Eine halbe Stunde ist allerdings arg knapp bemessen. 1 € wäre mir pers. egal, bei 2 € würde ich aber dann aus Prinzip doch eher eine andere Fischbude auf der Strecke anfahren.

Wie ich bereits oben ausgeführt habe, haben wir den Austausch mit den Bikern zum Anlass genommen verschiedene Möglichkeiten zu prüfen. Eine gute Lösung, die in unserer alle Sinne ist, sollten wir hier sicherlich finden können.

 KB: Zielt die Maßnahme gar nicht auf die Erhebung von Parkgebühren sondern auf das Vergrämen der Motorradfahrer ab?

Nein, wir sind dankbar für die Motorradfahrer, die uns in unserer schönen Samtgemeinde besuchen. 

Wie bereits oben beschrieben, gibt es die Gebührenpflicht bereits seit 1999. Die Samtgemeinde Lühe hat im vergangenen Jahr damit begonnen, die Einhaltung der Gebührenpflicht für PKW- und Wohnmobil-Fahrer zu kontrollieren. Leider wurde hierbei festgestellt, dass die wenigsten Fahrzeuge einen Parkschein lösen.

Die Gemeinde Grünendeich zahlt jedes Jahr eine Pacht an den Eigentümer der Fläche, damit dieser schöne Standort überhaupt touristisch genutzt werden kann. Ich bitte hier auch um ein wenig Verständnis für die Gemeinde, die andernfalls die Kosten alleine tragen würde. Aufgrund der finanziellen Situation der Gemeinde Grünendeich, ist diese dazu angehalten worden, freiwillige Ausgaben zu kürzen, wenn nicht sogar zu streichen, und die Ausgaben auf Pflichtaufgaben zu konzentrieren. Im Worst-Case-Szenario würde dies ggf. auch bedeuten, dass die Gemeinde den Pachtvertrag kündigen müsste, da es sich haushaltsrechtlich um eine freiwillige Ausgabe handelt, und die Samtgemeinde Lühe und der Landkreis Stade würden einen wichtigen touristischen Standort verlieren. Dies ist für uns keine Option. 

Protestaktionen sind meiner Kenntnis nach auch nicht geplant. Jedoch haben sich einige Biker bei uns gemeldet und sind mit uns in einen freundlichen Austausch getreten. Dafür kann ich mich nur bedanken. Wir sind als Verwaltung immer offen für Anregungen und Gespräche und setzen die Wünsche unserer Biker und Gäste bestmöglich um.

Wie ich Ihnen bereits beschrieben habe, geht es im Worst-Case auch darum, diesen Standort überhaupt erhalten zu können. Wir setzen uns u.a. auch bei der Deicherhöhung dafür ein, dass wir den Lühe-Anleger weiterhin zugänglich machen können.

 Auch wenn durch Facebook- und Zeitungskommentare teilweise der Eindruck entstand, wir würden BikerInnen vergrämen wollen, so ist dies ausdrücklich nicht unser Ziel. Als Kommune unterliegen wir dem Gleichbehandlungsgrundsatz und können daher nicht Parkverstöße auf einem Teil der Parkflächen am Lühe-Anleger ahnden und auf einem anderen nicht.

Wir legen außerdem viel Wert da­rauf, dass unsere BürgerInnen und Gäste gemeinsam eine schöne Zeit haben. Ziel sollte es daher auch sein, eine gemeinsame Lösung zu finden. Dies bedeutet für uns, dass wir nicht nur die Parkverstöße unserer BürgerInnen ahnden, sondern im Sinne der gegenseitigen Rücksichtnahme leider auch die der Touristen/BikerInnen. Würden wir die Nichtzahlung weiterhin dulden, könnte ich den Unmut darüber bei unseren BürgerInnen durchaus verstehen.

Freundliche Grüße aus dem Alten Land, Im Auftrag,
Nele Dehmel, Fachbereich Bürger & Bauen
www.luehe-online.de


Nachtrag Ausgabe 7/23

Eine Last-Minute-Meldung hat uns noch zu dem Thema der Park-Problematik am Lühe-Anleger erreicht. Wir berichteten in Ausgabe 6/23 und auf unserem Facebook-Kanal. Von Frau Dehmel (Leitung Fachbereich Bürger & Bauen) erhielten wir diese Nachricht:

„Wie bereits angekündigt, hat sich die Gemeinde in der gestrigen Sitzung (Anmerk.d.Red.: 22.6.2023) Gedanken zum weiteren Vorgehen am Lühe-Anleger gemacht. 

Die Politik der Gemeinde Grünen-
deich kann die Reaktion der Biker-
Innen verstehen, da eine schwerwiegende Misskommunikation herrschte. 

Als Gemeinde fühlt man sich verantwortlich für die Gleichbehandlung der BürgerInnen und Touristen, aber auch für den Erhalt des Betriebs der Standbetreiber am Lühe-Anleger. 

Zu Recht gingen die BikerInnen aber auch davon aus, dass die Parkgebühren durch Werbeeinnahmen gedeckt worden wären. 

Wir haben uns daher dafür entschieden, eine dauerhafte Lösung nach der Sommerpause zu erarbeiten, angedacht ist hier speziell die Einführung einer Jahresvignette . Weitere Überlegungen sind die Senkung der Parkgebühr für Motorräder und die Einführung einer „Brötchen-Taste“.

Bis eine Lösung im vorgenannten Sinne erarbeitet wurde, wird die Ahndung von Park-Verstößen auf diesem Parkplatz für Motorrad-fahrer ausgesetzt.

Freundliche Grüße aus dem Alten Land, Im Auftrag
Nele Dehmel, Samtgemeinde Lühe
www.luehe-online.de

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