Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 5/22 von Marcus Lacroix

Von Dingen und Menschen …

 

DVISION HUD und Royal Enfield
Mit HighTech + LowTech auf Tour

Ich weiß nicht, ob es ein rein deutsches Phänomen ist, es triggert mich aber immer wieder: Die Anmaßung, anderen sagen zu müssen, was man braucht und was man nicht braucht. Mit dieser Attitüde des Absoluten. 

Ihr kennt das sicher alle, egal ob vom Bikertreff oder aus Social Media. Und während man an ersterem noch einer überschaubaren Menge von Menschen gegenübersteht, ist das Online gleich eine ganz andere Hausnummer. Das Verhalten begegnet einem natürlich nicht nur im Motorradbereich, berufsbedingt fällt es mir hier nur am häufigsten auf. 

Nun zähle ich mich zu den Menschen, die grundsätzlich erst mal neugierig sind. Ich probiere einfach gerne neue Dinge aus, denn wie kann man sich ein echtes Urteil erlauben, wenn man etwas nicht selbst ausprobiert hat. Dabei steht die Frage ob „man“ das braucht erst mal hinten an, denn mal ehrlich: was „braucht“ man schon wirklich? Ein Dach über dem Kopf, genug zu essen und Frieden, DAS brauche ich. Alles andere macht das Leben im besten Fall nur angenehmer.

Im konkreten Fall geht es um das HUD von DVISION, das wir euch im Heft auf Seite 38 und <hier> präsentieren. Natürlich habe ich den Neuzugang in der Redaktion auch auf unseren Social-Media-Kanälen präsentiert und es kam postwendend – als ob es ein Reflex wäre – das typisch abwertende „das braucht kein Mensch“ bzw. „wer braucht denn so was?“ oder „haben wir früher auch nicht gebraucht“. Aaaahhhh …

Ok, ich könnte auch einfach die Finger still halten und mich von Facebook, Instagram oder Bikertreffs fernhalten. Dann gibt’s auch keine ablehnenden Reaktionen. Andererseits findet man aber hier wie dort auch immer wieder Menschen, die offen und interessiert durch die Welt gehen, deren Horizont nicht beim Vergaser ihrer 1978er xyz hängen geblieben ist bzw., die immer noch glauben, im Notfall besser zu bremsen als ein ABS (ja ich weiß, es gibt ein paar ganz wenige Spezialisten, die das nicht nur in der Theorie schaffen).

Nun nimmt die Neugier mit zunehmendem Alter offenbar schneller ab und die Motorradszene wird heutzutage bekanntlich von grauhaarigen Männern dominiert. Ok, ok, mit 55 und weitgehendem Pigmentverlust gehöre ich auch dazu. Trotzdem möchte ich mich nicht mit dem Umstand abfinden, dass wir ab einem gewissen Alter in der Vergangenheit leben. Wir waren doch früher auch nicht so, oder?! Waren es nicht die Alten die uns damals erzählten, dass eine Transistorzündung überflüssig sei, weil mal eben Kontakte einzustellen für einen „echten“ Motorradfahrer ja nun wirklich kein Problem ist?

Ob ein Produkt sich am Markt durchsetzt, zeigt letztendlich die Zeit. Wir leben in dem Luxus, uns aus vielen tollen Optionen die pers. Rosinen herauspicken zu können. Freuen wir uns doch darüber. Bleibt offen, bleibt neugierig! Man muss nicht alles was neu ist in seinen Alltag integrieren. Aber bei allem was erfunden wird, hat sich jemand Gedanken gemacht und das alleine ist doch schon honorabel.  

In eigener Sache: Das Kradblatt existiert nur durch die Anzeigenkunden. Druck- und Versandkosten sind deutlich gestiegen und wir freuen uns über jede Firma, die uns mit ihrer Anzeige unterstützen möchte. Ihr müsst nicht zwingend aus dem Motorradbereich kommen, auch Motorradfahrende sind schließlich vielseitig interessiert. Gerne machen wir euch ein Angebot. Auch ohne Werbung, wenn ihr das Kradblatt nur für eure Kunden auslegen möchtet.