Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 3/23 von Marcus Lacroix
Sind wir zu verwöhnt?
Der Februar ist gelaufen und damit die meisten Frühjahrsmessen. Im Norden stehen im März noch Wiesmoor und Dortmund an, im April geht es dann Open Air in Augustfehn weiter. Zeit für ein kleines Zwischenfazit.
Ich habe die Motorradmessen in Brake und Oldenburg sowie die Bremen Classic Motorshow als Besucher erlebt. In Hamburg auf den HMT waren wir traditionell drei Tage mit einem eigenen Stand vertreten.
Die Bremen Classic mal ausgenommen, die ausstellermäßig offenbar direkt an die Vor-Corona-Zeit anknüpfen konnte und wie gewohnt alle Hallen der Messe Bremen sowie ein Zelt beschickte, gab es auf den anderen Messen mehr oder weniger große Ausfälle, was die Aussteller anging. Lediglich die kleinen lokalen Messen waren ausgebucht. Hersteller und Händler trauten dem Corona-Braten offenbar nicht oder scheuten angesichts der Gesamtlage die oft nicht unerheblichen Kosten, die ein Messeauftritt verursacht. Die Motorradmessen in Berlin und Wiesbaden wurden mangels Engagement der Aussteller/Marken ganz abgesagt.
Das ist sehr schade, denn die Motorradszene ist offensichtlich heiß auf Präsenzveranstaltungen. Alle Veranstaltungen waren, trotz der Lücken, sehr gut besucht und verbuchten z.T. neue Besucherrekorde. Die Stimmung vor Ort war bei allen von mir besuchten Veranstaltungen sehr gut – bei Händlern wie Besuchern. Das machte wirklich Spaß!
Der wurde einem Abends dann prompt verhagelt, wenn man in den (a)sozialen Medien stöberte. Verrisse von vorne bis hinten, Gemotze über Eintrittspreise (auch bei Preissenkungen), fehlende Aussteller (Ausstellerverzeichnisse gab es vorher Online), Parkplätze (zu wenig, zu teuer), Essen (Preise, Qualität, Auswahl), Besucherandrang, Staus auf den Zufahrten usw. Dazu das übliche „nie wieder“, „das war das letzte Mal“, „reine Abzocke“, „zu viel Gastronomie“ usw.
Nun mache ich den Job ja nicht erst seit gestern und habe in den 1990er Jahren auch aktiv an den Motorradmessen in Neumünster (Motorrad-Weihnachtsmarkt) und Bremen (Krad) mitgearbeitet. Wir waren außerdem in Hamburg und Husum als Aussteller und ich kenne somit alle drei Seiten. Irgendwie hat sich in den Jahren nichts geändert. Die Leute motzen und schimpfen, damals per Leserbrief, heute online auf Facebook & Co. Gefühlt gibt es heute mehr Kritik. Ist das die typisch deutsche Unzufriedenheit? Oder liegt es nur daran, dass ein böser Online-Kommentar schneller hingerotzt ist als ein Leserbrief geschrieben und die Menge der Unzufriedenen ist gleich? Oder ist unser Anspruchsdenken einfach jenseits von Gut und Böse? Sind wir zu verwöhnt?
Mir hat bei uns auf Facebook der Kommentar von Steffi B. zur HMT sehr gut gefallen: „Wann hat man schon die Gelegenheit, an einem Tag auf ’ner Triumph, BMW, Harley, Kawa, Suzuki, Yamaha, Indian und Royal Enfield zu sitzen? Eben! Alles könnte ich theoretisch auch in Berlin. Da wär ich aber ’ne Woche unterwegs. Und ich habe tatsächlich alle Probe gesessen und musste nicht mal anstehen.“
In diesem Sinn hoffe ich, dass Veranstalter, Hersteller, Händler und sonstige Aussteller uns auch zukünftig das geballte Live-Erlebnis bieten.
Live ist auch das Stichwort für den Hinweis auf die anstehenden Aktionstage. Achtet auf die Anzeigen unserer Händler! Viele starten am 1. und 2. April durch, andere schon im März. Wir sehen uns dann offline in der echten Welt, bleibt fröhlich und dankbar für dieses Leben!
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