Vorwort der bma-Ausgabe 1/12 von Marcus Lacroix

Hallo Leute!

Ausgespielt bei POLO?

Die Meldung, die Anfang Dezember auf dem Redaktions-Compi erschien, sorgte erst mal für ein schweres Schlucken:

„Der Motorradbekleidungs- und Zubehör-Händler POLO mit Hauptsitz in Jüchen hat gestern (6. Dezember 2011) Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Das Amtsgericht Mönchengladbach bestellte heute Rechtsanwalt Horst Piepenburg zum vorläufigen Insolvenzverwalter.

Vom Insolvenzantrag sind deutschlandweit über 800 Mitarbeiter betroffen, davon ca. 230 am Hauptsitz in Jüchen. Die weiteren rund 570 Mitarbeiter sind in den 95 Filialen deutschlandweit tätig. Die Löhne und Gehälter aller Beschäftigten werden über das Insolvenzgeld bis Ende Januar 2012 gesichert.

Derzeit verschafft sich ein Expertenteam den Überblick über die Vermögenssituation und mögliche Sanierungsansätze von POLO. „Jetzt machen wir eine Bestandsaufnahme. Der Betrieb wird auf jeden Fall erst einmal vollständig fortgeführt. Das gilt auch für sämtliche Filialen des Unternehmens“, so Piepenburg in einer ersten Stellungnahme. Erste vorläufige Ergebnisse werden erst innerhalb der nächsten zwei Wochen erwartet. POLO zählt zu den führenden Anbietern von Motorradbekleidung, Motorradzubehör und Motorradtechnik. Den Vertrieb der Produktpalette von mehr als 30.000 Artikeln erfolgt über ein Filialnetz an mehr als 95 Standorten in Deutschland und sechs in der Schweiz sowie ü̈ber einen Katalog-Versandhandel und den POLO-Onlineshop.”

Für die Mitarbeiter war das natürlich kein schönes Weihnachtsgeschenk, denn gerechnet hat damit – abgesehen von manchen Gläubigern – wohl kaum jemand.

Über die Gründe kann man nur spekulieren. Immerhin, die NGZ-online (Jüchen) vom 10. Dezember schreibt „Der Grund sind Finanzierungsprobleme für turnusmäßige Anschaffungen, bei denen Banken diesmal nicht mehr aushelfen wollten.” (Quelle). Mit anderen Worten: Polo steht wohl schon in der Kreide und die Ban­ken betreiben Risikominimierung. Klar, haben wir die Finanzhäuser ja auch gerade erst mit Steuergeldern schön aus der selbstproduzierten Scheiße gezogen…

Andererseits hat die US-amerikanische Fairchild Corporation, die 49% Anteil an Polo besitzt, schon im März 2009 Insolvenz nach Chapter 11 im US-Recht angemeldet. Die Firma versucht sich in so einem Fall umzustrukurieren und ist vor den Gläubigern geschützt. Was dabei rausgekommen ist, lässt sich aber zumindest auf der Fairchild-Website nicht herauslesen. Letzter Eintrag dort unter „Investor Relations” ist die Insolvenzanmeldung 2009. Auch Presseinfos gibt es seit dem keine mehr auf der Website und selbst wenn man sich die Finger wundgoogelt, irgendwie findet man nichts Greifbares zu den Aktivitäten.

In wie weit das mit der Polo-Insolvenzanmeldung zu tun hat, weiß ich nicht. Bei dem Gedanken an einen US-amerikanischen Investor beschleicht aber sicher die meisten von uns ein ungutes Gefühl. Bankenkrise & Außenpolitik der Amerikaner schaffen – milde ausgedrückt – kaum Vertrauen.

Die übrigen 51% von Polo gehören übrigens Klaus Esser, der Polo 1980 mitgegründet hat. Seine Anteile hat er Ende 2008 – also kurz vor der Fairchild-Insolvenz – von Fairchild gekauft, die mit den 15 Millionen offene Löcher bei Banken stopften. Vor Fairchild gehörte Polo (wie Hein Gericke) übrigens auch schon mal zur Eurobike AG, die 2003 pleite ging. Beide Firmen wurden seinerzeit von Fairchild übernommen.

Auf die meisten von uns haben solche Entwicklungen keinen direkten Einfluss. Der Motorrad-Fachhandel kann auch so mit Markenvielfalt und tollen Angeboten punkten. Es muss ja nicht immer ein Supermarkt zum Einkaufen sein. Wie es mit Polo weiter geht, wird sich in der nächsten Zeit zeigen. Hoffen wir mal, dass die Insolvenz nicht nur dazu genutzt wird, Mitarbeiter und Gläubiger über die Klinge springen zu lassen.

Nichts desto trotz wünsche ich allen bma Lesern, Kunden & Freunden an dieser Stelle eine frohes neues Jahr, erfolgreiche Geschäfte und vor allem Gesundheit!

 

NACHTRAG:

6.1.12
Nach RP-Online Meldung vom 6.1.12 gibt’s wohl eine Zwischenfinanzierung durch die Hausbank i.H.v. 9 Millionen Euro.

7.1.12
Neues von Polo: wohl 12 Shops vor Schließung, noch kein Katalog, Mitarbeiter-Abbau? RP-online ist dran.

27.1.12
Presseinfo: „ab dem 22. Februar wird der neue POLO-Katalog “Bestseller 2012” an die Kunden ausgeliefert und in allen POLO Stores in Deutschland verfügbar sein. Zusätzlich kann er unter www.polo-motorrad.de online bestellt werden. Mit 784 Seiten hat der 21 mal 29 Zentimeter große Katalog gegenüber dem Vorjahr an Stärke noch einmal zugelegt und setzt ein ein klares Signal in Richtung Zukunft. Über den Stand des des vorläufigen Insolvenzverfahrens erhalten Sie in Kürze eine gesonderte Presse-Information.“