Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 11/18
von Marcus Lacroix
Die Rückkehr der kleinen Motorräder
Eine Sache, die mich richtig freut: es gibt zunehmend tolle kleine Motorräder neu zu kaufen. Auf der INTERMOT standen einige davon rum. Damit meine ich nicht die Bikes, die heutzutage gemeinhin als „Einsteigermotorräder“ gelten, denn die liegen eher in der Klasse um 700 ccm und haben ungedrosselt mehr als die A2-tauglichen 48 PS. Ich meine die wirklich kleinen Maschinen mit 250 bis 500 ccm, die auch offen die Leistung der A2-Klasse nicht ausschöpfen.
Wobei, wenn ich mich gerade so zurück erinnere … als ich 1986 mit dem Motorradfahren anfing, hatte meine 400er Honda 27 PS. Damals normal für einen Anfänger und sie hat mir eine neue Welt eröffnet. Heute bekommt man die alten Kisten für kleines Geld und sie werden bevorzugt zu Café Racern, Scramblern u.ä. umgebaut. Auch schön …
Ich freue mich aber über die modernen kleinen Motorräder mit ABS und anderen netten Zutaten. KTM hatte mit der 200er und 390er Duke gut vorgelegt. Beide habe ich besessen und beide haben viel Spaß gemacht. Coole 300er gibt es von allen Japanern und selbst BMW ist mit der G310 in der Klasse dabei. Unbekanntere (alte) Marken wie Mondial und Fantic stehen bereit, neue Marken, auch aus China, kommen dazu.
Warum ich mich so über die kleinen Motorräder freue? Ich habe nicht nur jobbedingt in den letzten 32 Jahren so allerhand an Motorrädern fahren dürfen und Spaß macht mir sowieso alles, was einen Motor hat. Bei den kleinen Motorrädern schwingt aber auch heute noch der Teil von Abenteuer mit, den ich damals mit der 400er Honda empfand. Und bei Motorrädern geht ja bekanntlich viel übers Gefühl. Klar, ein reisetaugliches Motorrad bringt einen komfortabler ans Ziel, aber auch mit der 390er Duke bin ich problemlos an einem Tag von Oldenburg an den Bodensee geritten.
Einen ganz großen Vorteil der Kleinen durfte ich aber neulich mal wieder – im wahrsten Wortsinn – erfahren, als ich einen 1000er Vierzylinder mit über 140 PS auf der Landstraße Probe fuhr. Das Teil lief toll, handlich, leicht, alles passte – nur mal ordentlich an Kabel ziehen durfte man nicht, denn schon im zweiten Gang war man ratzfatz jenseits der 100 km/h. Aber gerade beim Angasen fühlte sich die Maschine so richtig gut an. Natürlich hat der Fahrer das selbst in der Hand – zumindest theoretisch – aber wo bleibt da der Spaß? Bei einer 150 PS 1200er wollte ich nur mal die Traktionskontrolle aus der Kurve heraus testen, hab das Teil ordentlich durchgeladen und zack – 200 auf der Uhr. Das darf man eigentlich niemandem erzählen, Vorbild und so, aber mal ehrlich: schafft ihr es, die nahezu perfekten Motorräder von heute im Rahmen der STVO annähernd spaßbetont zu bewegen?
Das ist einer der Gründe, warum ihr von mir bevorzugt keine Fahrberichte über solche Granaten lest. So toll die sind, ich bin immer in Versuchung. Und lese ich die Unfallmeldungen, die gerade in der Saison und an schönen Wochenenden zu Genüge reinkommen, geht das nicht nur mir so.
Mit einem kleinen Motorrad kann man natürlich auch zu schnell fahren und wer generell schlecht fährt, packt sich eh mit allem potentiell auf die Nase. Aber so ein kleines Teil kann man beim Beschleunigen mal richtig ausdrehen – auch auf der Landstraße, ohne im 2. Gang schon den Lappen los zu sein. Dazu kommen noch geringe Kosten bei Anschaffung und Unterhalt und eine einfache Handhabung.
Probiert es einfach mal aus, holt euch eine kleine Maschine als Zweitmoped und dann schaut mal, ob nicht doch die Große nach und nach in die zweite Reihe rutscht. Wundern würde es mich jedenfalls nicht …
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Kommentare
4 Kommentare zu “Editorial 11/18 – Die Rückkehr der Kleinen”
Hallo,
… bei allem, was ich noch so fahren werde (aktuell Triumph), die SR400 war meine erste Wahl für den Neueinstieg und wird die letzte Maschine sein, die mich wieder verlassen wird, wenn ich die anderen schon lange nicht mehr halten kann.
Die Last der großen Maschinen besteht nicht nur in ihrem Gewicht! Ihr praktischer Nutzen für lange Touren oder den Renneinsatz auf der Strecke sei unbestritten. Auch gibt es für mich absolut nachvollziehbare, nicht so rationale Gründe für die Wahl eines Big-Bike.
Meine Freude bei der unbeschwerten Spritztour mit der „Kleinen“ ist nicht kleiner als mit der „Großen“!
Trotzdem sollten die großen Maschinen nicht durch die kleinen ersetzt werden. Ein schickes Angebot an kleinen wird die Anzahl an den großen Maschinen automatisch auf ein Minimum zurückgehen lassen und somit den immer wieder zitierten und auch notwendigen Umwelt-Effekt liefern.
Viele neue, interessante Möglichkeiten im Bereich der kleineren Bikes scheinen in nähere Aussicht zu rücken. Bin schon gespannt.
Gute Fahrt.
Auch bei mir steht eine X300 in der Garage und es waren genau die beschriebenen Gründe, die zu dieser Entscheidung führten. Günstig, spaßig und einfach überall zu Hause. Ausprobieren und mal 5 Minuten den Leistungswahn und die Statussymbole ignorieren .. aber Vorsicht, könnte Spaß machen 😛
Feiner Beitrag! Gut geschrieben! Macht Spaß zu lesen!
Aber ob daraus ein Trend wird? Ich kann es mir nicht vorstellen, wenn ich mir die derzeit beliebten Wuchtbrummen ansehe.
Mir selbst fehlt die Auswahl beim Irgendwo-Dazwischen bei geländetauglichen Reisemotorrädern.
Hallo,
ich habe mir eine Kawasaki X 300 als Zweitmotorrad geholt. Klasse leichte Maschine in die man sich Verlieben kann.
Gute Fahrt.