Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 10/18
von Jürgen Theiner, Motorprosa • Geschichten aus der Kurve
Wer schmeißt eigentlich den Müll in die Gegend!
Es gibt da diese eine Pass-Straße, den Weg auf das Stilfser Joch, die jährlich Tausende Unterwegs-Menschen anzieht. Ob mit dem Auto, dem Motorrad, dem Wohnmobil, dem Fahrrad, auf Roller-Skis, zu Fuß, im Autobus: sie stehen im Tal, blicken hoch und wollen – müssen – drüber.
Ihre verwegene Konstruktion, ihre Höhe, die Anzahl ihrer Kehren machten sie weltberühmt. Sie ist nicht die höchste asphaltierte Pass-Straße der Alpen, dieser Titel gehört dem Col de la Bonette in Frankreich – aber sie ist bei weitem bekannter. Dementsprechend ist die Pass-Höhe auch belebt.
Das ist aber nur ein Teil der Faszination, bewegt man sich doch in einem der größten Naturparks und Schutzgebiete Europas: dem Nationalpark Stilfser Joch. Auf dem Weg durch die 48 Kehren bis auf knapp 2.800 Meter Meereshöhe kann man einer Vielzahl von Tieren begegnen, vom kleinen Eichhörnchen und flinken Rehen über fette und lässige Murmeltiere bis hin zum majestätisch über allem schwebenden Bartgeier.
Diese einzigartige Landschaft ist für alle zugänglich und erlebbar. In die Führung des Parks, in die Erhaltung von Wanderwegen, für Dokumentations-Zentren und die Sicherheit der Besucher auf der Pass-Straße werden Millionen ausgegeben.
Nachdem 2018 das 25. Jahre ist, dass ich mit dem Motorrad auf das Stilfser Joch fahre, habe ich mir vorgenommen, die Straße ohne Motorkraft, nur mit dem Fahrrad, zu bezwingen. Bei einer notwendigen Pause in Kehre 25 konnte ich dann Aufnahmen machen, die mich einfach nur traurig stimmen – an einer einzigen Stelle, knapp groß genug für zwei Autos, lagen viele gedankenlos weggeworfene Plastikverpackungen.
Die Natur beschenkt uns Menschen überaus reichlich. Hier riecht man das frische Gletscherwasser des Suldenbachs, das satte Grün der kräftigen Bäume hinter Trafoi, das Modern des feuchten Waldbodens in den Kehren vor dem Weißen Knott. Man blickt auf den höchsten Berg Südtirols, sieht gewaltige Felswände, gekrönt von weiß-grauen Eismassen, gerahmt von immensen Morären. Man hört das Pfeifen der Murmeltiere und ihr unermüdliches Arbeiten im Berghang, und wenn man Glück hat, dann lässt sich der hier einst ausgerottete Bartgeier von einem Aufwind nach oben tragen.
Warum bringt es der Mensch fertig, hier seinen Müll liegen zu lassen?
Der Mensch war intelligent genug, hier in dieser einzigartigen Gegend einen Nationalpark, ein Schutzgebiet für Flora und Fauna, einzurichten. Der Mensch war clever genug, Aussichtspunkte und Plätze zum Verweilen anzulegen, genau an den Orten, wo die Ausblicke am schönsten sind. Warum ist der Mensch dann nun nicht imstande, dieses Paradies, das er sich zum Teil sogar selbst erschaffen hat, zu schätzen, zu bewahren und es vor allem Dingen nicht zu verschmutzen? Das zwingt mich einfach zum Nachdenken …
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Kommentare
Ein Kommentar zu “Editorial 10/18 – Alles voller Müll …”
Schöner Kommentar, danke dafür.
Wie meistens müssen wir bei uns selbst anfangen. Ich gehe mal davon aus, dass jeder Leser hier seinen Müll in dafür vorgesehenen Behältnissen entsorgt, inklusive Zigarettenkippen!
Ich spreche auch Leute nett an, bei denen ich sehe, wie sie die Gegend vermüllen. Bis jetzt waren sie immer einsichtig.