Ab dem 1. Januar 2017 gilt für neuzugelassene Motorräder bindend die Euro 4. Der Ausverkauf hat begonnen, neue Modelle stehen (hoffentlich) in den Startlöchern und werden im Herbst auf dem Messen INTERMOT und EICMA präsentiert … 

Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 9/16
von Marcus Lacroix

Euro 4 – die Axt im Motorradwald?

Marcus antik

Jetzt geht es spürbar los: die Euro 4 Norm, die für alle ab 1. Januar 2017 neu zugelassenen Motorräder verbindlich gilt, fordert erste Opfer auf dem Motorradmarkt. Hersteller bringen manche Modelle als „Final Edition“ – wie z.B. Kawasaki den hübschen luftgekühlten Paralleltwin W 800 oder als „Last Order“ wie Victory die hammergeile Hammer. Und auch bei den Motorradhändlern schreitet der Abverkauf voran.

Neulich stand ich bei einem Vertragshändler im Laden und traute meinen Augen kaum. Nur wenige Neufahrzeuge begrüßten mich, Vorführer waren gar nicht verfügbar. Darauf angesprochen war die Ansage klar „die bei uns gefragten 2016er Modelle sind eh nur noch schwer oder gar nicht lieferbar, also wozu welche zulassen“. Der Kunde hat in dem Fall zwar ein wenig das Nachsehen, den Händler kann ich aber gut verstehen. Risikominimierung würde ein Bänker wohl sagen, denn trotz reichlich Vorlauf weiß noch keiner so genau, was modellmäßig für 2017 auf uns zu kommt.

Klar ist: die Euro 4 Norm fordert niedrigere Schadstoffwerte, ein serienmäßiges ABS und einen On-Board-Diagnose-Stecker über den sich Daten auslesen lassen (bekannt vom PKW), Dauerhaltbarkeit von Katalysatoren, weniger Geräusche nach ECE-R41, eine geschlossene Tankentlüftung mit Aktivkohlefilter (hat der US-Markt schon lange) und Verschiedenes mehr. Es reicht also nicht, nur die Abgaswerte irgendwie zu drosseln. ABS dürfte das geringste Problem sein, sieht man von Modellen wie der Kawa W 800 ab, die hinten eine Trommelbremse hat. Die Elektrik erfordert da schon mehr Arbeit – zu viel für manche Modelle.

Und was soll das Ganze bringen? Da kann man natürlich drüber streiten. Ich persönlich begrüße zwar leisere Motorräder, mit der zunehmenden Digitalisierung der Elektrik tue ich mich als Bastler hingegen etwas schwerer. Aber auch den Umgang wird man lernen. Für die meisten Motorradfahrer ändert sich spürbar eher nichts. Neue Vorschriften bringen aber auch immer neue Entwicklungen mit sich und unterm Strich hat uns das rückblickend ja viele tolle Motorräder und technische Fortschritte beschert.

Aber was macht man jetzt als inte­ressierter Motorradkäufer? Warten oder starten? Im Oktober läuft schließlich die INTERMOT (Freikarten-Verlosung siehe Seite 59) und kurz danach die EICMA in Mailand. Die Hersteller dürften einiges in den Schubladen haben um die wegfallenden Modelle aufzufangen – und das sind nach ersten Meldungen nicht wenige. Bei Aprilia soll die komplette V2-Serie auslaufen, beliebte BigBikes wie Yamahas XJR 1300 oder die BMW K 1300 sterben wohl ebenso wie Hondas CBR 600 RR und die 1299er Ducati Panigale. Viele weitere Modelle dürften folgen. Zum Jahresende wird die Zahl der Maschinen mit Tageszulassung 2016 sicher zunehmen. Wer allerdings jetzt schon ein Auge auf ein bestimmtes Modell geworfen hat, sollte den Kontakt zu seinem Händler nicht abreißen lassen, vor allem wenn es eine Neumaschine sein soll. Eh man sich versieht, ist der Markt nämlich leer.

Ich freue mich auf die INTERMOT. Am 4. und 5. Oktober ist das Kradblatt vor Ort und wir werden direkt von dort die ersten Bilder über unsere Facebook-Seite verbreiten. Falls ihr sie noch nicht „geliked“ habt, schaut doch rein und seid dabei: www.Facebook.com/kradblatt.

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