Fast alles und jeder wird mittlerweile im Internet mit Bewertungen versehen, Sterne, Sonnen, Daumen – aber kann man denen wirklich vertrauen? 

Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 8/16
von Marcus Lacroix

Bewertungen – alles nur Beschiss?

Marcus Zero Selfie

Ein Bekannter erzählte mir neulich von einem Hotel, das er auf einer Motorradtour angefahren hatte. In einem kleinen Heftchen, das einer Motorradzeitschrift beilag, hatte er es gesehen. Die Beschreibung klang gut und das Ganze erweckte den Eindruck, als ob die Redakteure auch wirklich vor Ort waren. Leider entsprach das Vorgefundene weder seinen Erwartungen noch der Beschreibung und zu guter Letzt stellte sich auch noch heraus, dass die Hotels in dem Heftchen für die Einträge bezahlen. Mein Bekannter fühlte sich verarscht und das kann ich auch gut verstehen. Schließlich hatte er für die Zeitschrift bezahlt und nicht damit gerechnet, dass der „Hotelführer“ nur eine Werbung darstellt, denn die war nicht als solche für ihn erkenntlich.

Da stellt sich die Frage, ob man mit Bewertungen auf den diversen Internetseiten und Portalen nicht besser fährt. Schließlich wird heutzutage fast alles und jeder bewertet, sei es durch Vergabe von Sternen, Sonnen, Punkten, Daumen oder im besten Fall ergänzend dazu frei zu formulierenden Kommentaren.

Aber auch da ist zur Vorsicht geraten, erzählte doch ein bei uns werbender Hotelier von Gästen, die ganz frech nach Preisnachlass oder Extras verlangten mit der Drohung, ihn sonst negativ zu bewerten.
Neu ist diese Masche offenbar nicht, denn im Internet findet man viele Artikel zu dem Thema „Bewertungs-Erpressung“. An Motorradfahrer hatte (bzw. habe) ich pers. aber einen höheren Anspruch. Wer auf klassische Motorradfahrer-Werte, freundschaftlichen Zusammenhalt, Grüßen, Gemeinschaft usw. Wert legt, der darf sich an der Rezeption oder am Tresen nicht als Arschloch aufführen. Und dabei geht es nicht nur um Hotels, denn mittlerweile werden ja selbst Motorradhändler bewertet. Nicht auf ebay, da kennt man das ja seit langem, sondern auch z. B. bei mobile.de. Händler können dort immerhin auf unzufriedene Kunden reagieren, die am Tresen den Mund nicht aufkriegen und sich erklären bzw. Lösungen anbieten. Dem potentiellen Neukunden bleibt nach dem Lesen von Anklage und Verteidigung dann die Rolle des Richters. Wem soll er vertrauen?

Bei mir bleibt mittlerweile ein ungutes Gefühl, wenn ich Bewertungen lese. So habe ich früher z. B. immer gerne die Kundenrezensionen, speziell von Elektronikprodukten, bei Amazon angeschaut. Seit ich weiß, dass diese einfach gekauft werden können – selbst dafür gibt es ein Portal – bin ich noch skeptischer. Früher fuhr man immer gut mit den Bewertungen im mittleren Bereich. Keine Lobeshymnen aber auch kein niveauloses Runtermachen. Heute nutzen Profis den Bereich, nehmen Belanglosigkeiten zur Abwertung und loben den Rest hoch. Und auch manch scheinbar unabhängiger Blogger wird gesponsert und umgarnt …

Irgendwie kann man sich doch nur auf die eigenen Erfahrungen verlassen. Auch wenn ihr bei uns im Kradblatt Fahrberichte oder Artikel in der Rubrik „Ausprobiert“ lest, ist das immer nur eine subjektive Erfahrung des Autors. Die Testprodukte bekommen wir i.d.R. zur Verfügung gestellt. Wir hoffen aber, ihr seid aufmerksam und zieht für euch trotzdem gute Informationen daraus. Und ihr könnt die meisten unserer Artikel auch auf unserer Website kommentieren und mit eurer Erfahrung ergänzen. Lasst euch aber nicht dafür bezahlen 😉
Wie denkt ihr über Bewertungen: Segen oder Fluch? Schreibt uns einfach per E-Mail oder Post oder auf www.Facebook.com/kradblatt.

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