Beim Motorradfahren ist besondere Vorsicht gefragt, doch oft genug ziehen wir am Kabel nach dem Motto „wird schon gutgehen“, oder?! Wie denkt ihr darüber?
Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 7/15
von Marcus Lacroix
Wir haben es (oft) selbst in der Hand!
Dass es risikoärmere Hobbys als Motorradfahren gibt, ist uns allen bewusst. Wann sticht man sich beim Häkeln schon mal ins Auge, oder stolpert beim Schach? Egal, der Spaß beim Motorradfahren überwiegt und das Leben ist eh kurz genug, oder?! Über Motorradunfälle redet man aber nicht gerne. Und erst recht nicht in einer Motorradzeitschrift, denn wir sind schließlich auf die Werbung angewiesen und verkaufen Frohsinn.
Ich möchte das Thema trotzdem aufgreifen, da mich zwei Sachen im Juni bewegten. Zum einen ist da Kevin. Er ist 2011 durch einen Fahrfehler schwer verunglückt. Als ich die Bilder sah hätte ich gewettet, dass er mit Kumpels im Rennmodus unterwegs war, aber nein, es war ein ruhiger Familienausflug. Er hat halt nur im falschen Moment nicht aufgepasst. Seine Geschichte – so krass sie ist – wird sicher vielen Mut machen. Ihr lest sie <hier>. Besucht Kevin auch auf seiner Facebook-Seite!
Einen anderen Unfall haben wir Mitte Juni fast live erlebt: Ein Supersportler knallt Vollgas auf der A28 an uns vorbei. Die Setzerin sagt noch „ hoffentlich liegt der nicht gleich daneben“, ich nur „ach Quatsch, das passt schon“. Keinen Kilometer weiter sehen wir einen LKW mit Warnblinker halb auf dem Pannenstreifen, blaues Trümmerfeld auf der Fahrspur, vor dem Laster lag die Maschine. Ich direkt rechts ran, raus aus dem Wagen und mit einem Blutbad gerechnet. Aber der Biker lief da lebendig rum! Ich konnte es kaum glauben! Mit dem Handy die 110 angerufen und erst danach registrierte ich den PKW, der ein ganzes Stück vor uns stand und in den der Biker eingeschlagen war. Den Insassen ist auch nichts passiert. Gut, der Biker hatte dicke Eier vom Aufprall am Tank und eine Schürfwunde am Bein und natürlich tat ihm sein schönes Moped furchtbar Leid – aber ich hätte keine 5 Euro auf sein Leben gewettet! Die BAB macht an der Stelle eine leichte Biegung und bei Vollgas ist es durchaus eine Kurve …
Ich selbst hatte seit 1986 auf bisher über 400.000 Motorrad-Kilometern fünf Unfälle bei denen ich mehr oder weniger starke Verletzungen davon trug. Zwei der Unfälle ereigneten sich ohne Fremdbeteiligung auf der Straße, einer im Gelände. Alle drei absolut zu 100 % vermeidbar und entstanden aus einer Mischung von Dummheit, Übermut und fehlendem Können! An den beiden anderen waren PKW beteiligt. Beide innerorts bzw. bei niedriger Geschwindigkeit, in beiden Fällen hätte mich ein ABS wahrscheinlich vor einem Sturz bewahrt oder zumindest die Folgen gemildert.
Hätte, wäre, wenn hilft uns bekanntlich nicht weiter, hinterher ist man immer schlauer. Worauf ich hinaus will: statistisch gesehen mögen wir Motorradfahrer ja die Opfer sein, aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir es sehr oft selbst in der Hand haben – unabhängig von der Fremdbeteiligung.
Deshalb erneut der Aufruf an unsere Leser: Schaltet mit der Zündung auch euer Gehirn ein! In Facebook-Gruppen und Foren lese ich so oft von „sportlichen“ Ausfahrten zu denen man sich trifft (und nicht nur die jungen Leute). Klar macht es Spaß am Kabel zu ziehen, aber denkt nicht nur an euch sondern auch an andere. Wäre der Biker auf der A28 Schaschlik gewesen, hätte es nicht nur uns den Abend versaut. Ging aber ja glimpflich aus und so freut sich der Ankäufer auf den Schrott und der Händler auf den nächsten Verkauf. Gas ist rechts – aber mit Hirn!
Übrigens: was die Angst vor dem Verlust von Anzeigenkunden angeht, tickt man bei den Franken anders. Kollege Matthias hat in Zusammenarbeit mit der Polizei seit Jahren eine Rubrik „Unfallakte“ in seiner „Zweirad“ (wie das Kradblatt kostenlos). Die Resonanz ist positiv und weniger Motorräder werden auch nicht verkauft. Klickt mal rein: www.zweirad-online.de/unfallakte/
—
Kommentare