Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 7/17
von Pastor Holger Janke, www.Bikers Helpline.de

Guckst du blöd, fährst du blöd!

Nach zweifelhaften Erlebnissen im Gelände fragte ich meinen Trainer, Bert von Zitzewitz, was die wichtigste Regel beim Motorradfahren im Gelände ist? Meine Frage war noch nicht ganz gestellt, da stiefelte sein Sohn Davide mit dreckigen Crossschuhen in das Büro des Vaters, hörte meine Frage und gab gleich spontan die Antwort: „Guckst du blöd, fährst du blöd!“.

Die Jugend bringt es auf den Punkt, dachte ich. Bert lächelte nur, vergaß allerdings nicht, seinen jungen Spund darauf hinzuweisen, dass es in seinem Büro wie in der Werkstatt sei; schmutzige Stiefeln hätten in beiden Räumen nichts zu suchen!

Heute ist der Junge ein erwachsener Kerl, die Stiefel stehen draußen vor der Tür und Davide ist Deutscher Meister.

Bei einem Sicherheitstraining sollten die Teilnehmer eine Gefahrbremsung einleiten und die Anspannung war ihnen anzumerken. Gerade Fahrer ohne ABS-Unterstützung bekamen feuchte Hände bei der Vorstellung, voll in die Eisen zu gehen. „Wichtig ist, du behältst den Kopf oben und blickst weiterhin nach vorne“, hörte ich den Fahrtrainer sagen: „Guckst du blöd, fährst du blöd – gilt auch beim Bremsen!“ Selbst beim blockierenden Vorderrad rettet der richtige Blick und natürlich das ganz kurze Lösen der Bremse. Die Maschine stoppt, der Schweiß trocknet und die Erkenntnis reift: die richtige Blickführung ist das 1. Gebot des Fahrens.

Nun will ich es aber genau wissen, klebe mir einen Aufkleber mit dem Spruch auf meinen Tank und fahre mein Renn-Gespann auf die Nordschleife. 250 Teilnehmer mit Solo-Motorrädern betrachten mein Dreirad kritisch. „Fahre bitte rechts ran und steh’ nicht im Weg, wenn wir von hinten kommen“, fordern mich einige junge Talente auf. Kein Respekt vor dem Alter, denke ich, konzentriere mich aber schnell wieder auf die (mentale) Vorbereitung. Nach einem langen Tag in der Grünen Hölle schleichen einige der Raceküken am späten Nachmittag an meiner BMW S1000RR vorbei und lächeln, weil sie meinen aufgeklebten Hinweis „Guckst du blöd, fährst du blöd!“ lesen. Keiner von ihnen hat mich überholen können. Nun wissen sie, dass das 1. Gebot des Motorradfahrens auch für den Gespannbetrieb gilt. Respektvoll tauschen wir unsere Erfahrungen aus.

Letztendlich sind es Lebenserfahrungen, denn oft verhagelt die falsche Blickrichtung auch den Lebensweg.

Wer kam nicht schon einmal vom rechten Weg ab und musste das Ziel in weiter Ferne anpeilen, um wieder in die Spur zu kommen. Wohl dem, der schon in früher Kindheit gelernt hat, seine Linie zu halten und nicht mit dreckigen Schuhen ins Haus zu laufen. Auch wenn er nicht Deutscher Meister geworden ist …