Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 06/19 von Mathias Thomaschek, www.zweirad-online.de
Motorradfahrer-Gottesdienste erfreuen
sich großer Beliebtheit. Aber warum?
Im Terminkalender und auch auf den Redaktionsseiten finden sich seit Saisonbeginn wieder reichlich die so genannten MoGos – Motorradfahrer-Gottesdienste. Entwickeln sich unsere Blättchen (Anmerk. d. Red.: Kollege Mathias gibt die Zweirad heraus, die im Fränkischen sowie online erscheint) jetzt zum MoGo-Zentralorgan und zur ernsthaften Konkurrenz etablierter Kirchenblätter und Gemeindebriefe?
Und woran liegt es überhaupt , dass MoGos schon lange schwer im Trend liegen? Am Geld sicher nicht, denn mit einem MoGo ist nichts zu verdienen. Die Erlöse aus Bewirtungskasse, Kollekte und Tombola gehen komplett an eine soziale o.ä. Einrichtung.
Deswegen fasziniert der wachsende Zulauf zu MoGos schon deshalb, weil die herkömmlichen Gemeinden über leere Gotteshäuser und massive Kirchenaustritte klagen. Stellenweise lohnt es sich schon nicht mehr, für eine Handvoll Besucher sonntags überhaupt die Kirche aufzusperren.
Warum fährt der Biker dann zum MoGo? Ist vielleicht der kirchliche Segen im heutigen Straßenverkehrskrieg überlebenswichtig geworden? Technisch sicher nicht, denn weder Weihwasser, Segnung noch gute Worte verbessern die Reifenhaftung, Bremsleistung oder Fahrwerksqualität der Bikes.
Also passiert wohl irgendwas im Kopf, brauchen die Leute hin und wieder einmal jemanden, der ihnen ohne erhobenen Zeigefinger und angedrohter Strafe erklärt, dass auch Hochleistungs-Schutzengel irgendwann einmal an ihrem Limit sind. Da guckt dann mancher schon etwas sparsam, weil ihm der Pfarrer oder Pastor so liebevoll und ruhig klarmacht, was er eigentlich für ein verkehrstechnischer Vollpfosten ist.
Nur zur Erklärung: MoGo-Besucher sind nicht nur die mit der doppelten Warnweste auf einer Uralt-XT und ebensolchem Jethelm, die ständig mit einem „Jesus liebt dich!“- Gesicht zur Permanentbekehrung rumlaufen. Da stehen nämlich auch jede Menge Tourer und Rennsemmeln auf dem Parkplatz; und Gebückte mit Knieschleifern beten das „Vater unser“.
Und noch etwas unterscheidet die MoGos vom kirchlichen Standardprogramm: Schon die gemeinsame Aus- oder Anfahrt zum Gottesdienst schafft ein gewisses Zusammengehörigkeitsgefühl, bei dem sich auch niemand wegen seines Glaubens verstecken muss – weil ihn keiner fragt, was er wirklich glaubt. Man kommt so viel schneller ins Gespräch, knüpft neue Kontakte und Freundschaften.
Bisher konnte ich noch nicht hinter die Kulissen schauen, kann mir aber gut vorstellen, dass in den Vorbereitungsteams nicht allein der christliche Glaube, sondern auch viel Spaß gelebt wird. Weil man sich hier ohne Zwänge bei der Auswahl von Texten und Liedgut so wunderbar austoben kann.
In diesem Sinne: allen MoGo-Besuchern und -Veranstaltern ein kräftiges „Weiter so!“ Bikertreffen mit Message sind eine feine Sache; und es muss ja nicht überall gleich „Clubhaus-Party“ dabeistehen.
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