Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 05/24
von Mathias Thomaschek, www.zweirad-online.de

… bei der ganzen Aufregung

Mathias Thomaschek
Mathias Thomaschek

Momentan tun sie sich schwer, die Aufkreischer. Glotzen auf ihre Wischkisten und PCs oder sitzen an Stammtischen und überlegen krampfhaft, über was man sich eigentlich mal wieder so richtig aufregen könnte.

Einige träumen heute noch davon, als vor ein paar Jahren tausende auf den Asphalt gingen, um per Motorraddemo gegen Sonntagsfahrverbote und Streckensperrungen zu protestieren. „Freiheit!“ brüllend schickten dabei die ganz Harten ihren dämpferbefreiten Motor mal geschwind in den Begrenzer. Um zu zeigen, dass ihnen als freidemokratische Lärmterroristen sowieso alles egal ist, und Begriffe wie Rücksicht, Toleranz und Sozialverhalten in ihrem Gedankengut nicht verankert sind.

Was wurde eigentlich aus diesen drohenden Restriktionen, die damals alle fürchteten wie der Teufel das Weihwasser oder Dracula den Knoblauch? Nix wars, weder bei uns in der Region und auch nicht woanders. Der große Rundumschlag zur kompletten Abschaffung des Motorradwesens, wie ihn die Oberaufkreischer herbeigeunkt hatten, blieb aus. Bis auf ein paar Hotspots, an denen die Ignoranz von Wenigen gegenüber der ortsgebundenen und lärmgeplagten Einwohnerschaft anders nicht mehr in den Griff zu kriegen war. Oder dem Rettungsdienst langsam die Autos auszugehen drohten.

Sonntagsfahrverbot und Streckensperrungen? Abgehakt, zumindest bis zur nächsten Wahl, wenn dann wieder ein paar politische Hinterbänkler, denen andere brisante Themen zu komplex oder nur schlecht auf dumpfe Parolen reduzierbar sind, sich diese Themen wieder auf ihre Wutzettel schreiben. Auf dass man sie bitte wählen und ihnen danach ein süßes Leben bescheren möge.Sind am Ende die Krawallbiker im Gegenzug vernünftiger geworden? 

Ich glaube, es ist leider vor allem der stramme Kontrolldruck der Blaulichttruppe. Die kennen sich inzwischen richtig gut aus. Und wenn sie dich in der Mangel haben, greifen sie gesetzlich legitimiert auch durch. Um im Ernstfall den armen Fahrer nach der Beschlagnahme seines illegalen Bikes unter dem Gespött/ Mitleid seiner Brüder & Schwestern im Phon in den unendlichen Weiten der Fränkischen (meine Heimat) oder irgendeines Waldes seinem grausamen Schicksal gekappter Mobilität („Freiheit!“) zu überlassen. Das spricht sich in einschlägigen Kreisen rum wie eine Radarkontrolle.

Und an dieser Stelle frage ich mich ernsthaft, ob es besser geworden ist zwischen dem ja nicht ganz neuen Spiel: Wir wilden Biker gegen das Establishment, die Polizei und manche Politiker? Oder nur härter, weils nicht mehr anders geht? 

Vielleicht haben wir – und das ist wirklich schlimm – zurzeit aber auch mit Krieg, Waldbränden, Hitzewellen, Unwettern, fehlenden Handwerkern, ersoffenen Flüchtlingen und übergriffigen Möchtegernmachos genug andere Aufreger an Stammtischen und in den Foren zu bekreischen. Aber hier bitte nur harte Statements, keine Diskussionen! Dein Wort zählt, sonst nix! Die paar Geklebten zähle ich schon gar nicht mehr dazu, denn auch die Beklingelten, die freitags durch die Citys radeln (gibt’s die eigentlich noch?) haben wir genauso überlebt, wie die 95 dB-Regelung auf manchen Tiroler Straßen. 

Deshalb: Gelassenheit schadet nur dem, der sie nicht besitzt und Selbstheilung ist nicht nur ein anatomisches, sondern auch gesellschaftspolitisches Phänomen.