Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 5/20 von Marcus Lacroix

Dankbar lebt es sich leichter …

Kradblatt Editorial 5/20

Hätte uns vor einem Jahr – oder auch nur vor ein paar Monaten – jemand nach unseren Plänen für 2020 gefragt, hätten die wohl so ausgesehen: Messebesuche, Saisonstart, den Frühling genießen, Veranstaltungen & Motorradtreffs anfahren, Grillen, Chillen, den Urlaub für den Sommer planen … so wie in den vergangenen Jahren halt auch. 

Von alldem, was wir als bekannte und quasi unveränderliche Normalität angenommen haben, nämlich das Leben wie wir es bisher führten, sind wir gefühlt Lichtjahre entfernt. Angst vor einer hierzulande insgesamt wenig greifbaren Krankheit hat aber kaum jemand. Die meisten von uns kennen wohl niemanden, der wirklich von Corona/Covid betroffen ist und womöglich um sein Leben kämpft. Klar, wir sehen die irritierenden Bilder aus Italien, Spanien, Frankreich, den USA usw. – aber wir sind doch in Deutschland und da ist doch alles so weit ok, wozu also die Panik!? Oder? Nach 80 Millionen Fußball-Bundestrainern haben wir jetzt 80 Millionen Virologen.  

Angst macht vielen von uns hingegen die Ungewissheit, eine Lebenserfahrung, die die meisten von uns nicht kennen. Ich bin jetzt 53 Jahre alt und während viele Menschen auf der Welt täglich in der Ungewissheit leben, wie sie den nächsten Tag oder die nächste Woche klar kommen, habe ich mir noch nie Sorgen machen müssen, dass morgen womöglich kein Trinkwasser aus der Leitung kommt oder nicht genug Strom für den Kühlschrank da ist. Aber man (oder ich) kann selbst der derzeitigen Lage noch etwas Positives abgewinnen: sie schärft den Blick und die Dankbarkeit für die kleinen Dinge.

Ich bin unseren Lesern und vor allem auch unseren Anzeigenkunden, die das Kradblatt ja überhaupt erst möglich machen, dankbar, dass sie den Ausfall der April-Ausgabe so positiv aufgenommen haben. Viele Leser haben angerufen und nach dem Verbleib des Kradblatts gefragt. Wer es nicht mitbekommen hat: auf unserer Website und in der Kradblatt-App findet sich eine kleine digitale April-Notausgabe, die natürlich keinen Umsatz gebracht hat. 

Dankbar bin ich daher auch dem Staat, denn die Sache mit dem Kurzarbeitergeld und der Soforthilfe hat gut und schnell online geklappt. Wobei ich die erste chaotische Antrags-Welle abgewartet habe, unter der die Server zeitweilig die Grätsche machten.

Irgendwie bin ich sogar fast dem Virus dankbar (was natürlich ein bescheuerter Gedankengang ist, denn den braucht keiner ernsthaft) da er mich nach fast 10 Jahren Selbstständigkeit ohne Urlaub zum Innehalten gezwungen hat. Auch wenn es jetzt gerade mal vier Wochen waren, in denen wir nicht an einer Kradblatt-Ausgabe gearbeitet haben fiel mir das Lockerlassen sehr schwer. Es siegt aber die Zuversicht: irgendwas geht immer, auch wenn sich das Leben ändert.

Dankbar bin ich auch dafür, dass ich mich vor ein paar Jahren entschlossen habe zu glauben. Dass hinter allem doch Gott mit einem Plan steht, auch wenn ich seine Wege nicht verstehe. Das macht locker, Psalm 23 aus der Bibel kann ich diesbezüglich nur empfehlen.

Und wie geht es jetzt weiter? So richtig weiß das keiner von uns, auch die Politiker und Virologen nicht. Wir fliegen alle auf Sicht, von einer Entscheidung und von einem Kradblatt zum Nächsten. Ruhe bewahren ist das Gebot der Stunde.

Ich bin froh, dass der Handel in vielen Bereichen wieder geöffnet hat und auch wenn es für uns alle mit Maske und Abstand unbequemer ist, so ist es zumindest ein Kompromiss. Ich persönlich achte beim Einkauf noch mehr auf meine Händler vor Ort. Gönnt euch etwas, egal ob eine Kleinigkeit oder ein neues Motorrad. Unsere Wirtschaft und unser ganzes Leben ist so ein fragiles Konstrukt, das vergisst man nur zu schnell. 

Ich hoffe, Hotels und Gastronomie dürfen bald wieder öffnen, denn die haben wirklich schwer zu kämpfen – dagegen ist eine ausgefallene Kradblatt-Ausgabe eine Peanut. Ich hoffe, die Menschen achten auf die Hygiene- und Abstandsregeln und helfen so, die Infektionskurve flach und die Wirtschaft einigermaßen am Laufen zu halten. Dann kommen wir mit einem blauen Auge aus der Sache raus …

In diesem Sinn: Bleibt gesund, lasst euch nicht stressen und genießt trotz allem das Motorradfahren, denn gerade die kleine Auszeit auf dem Bike tankt den mentalen Akku bestens auf.

PS: Wir bedanken uns vielmals für eure Kaffeekassen-Spenden und eure aufbauenden Worte!