Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 4/18
von Marcus Lacroix

 

Betrugsversuch an ahnungslosen Verkäufern

Kradblatt Editorial 4/18Anfang März telefonierte ich mit einem Motorradhändler aus der Region, der mir eine geradezu haarsträubende Geschichte erzählte.

Er hatte ein Motorrad verkauft, an einen Käufer, der etliche Kilometer entfernt lebt. Über Speditionen ist der bundesweite Transport ja kein Problem. Der Käufer rief nun an und beschwerte sich beim Verkäufer, dieser hätte ihm ein Fahrzeug mit einem geschweißten Rahmenschaden verkauft und er wolle sofort sein Geld zurück. Der Verkäufer konnte sich das nicht vorstellen und lehnte ohne weitere Prüfung ab. Daraufhin kam es am Telefon zu einer heftigen Diskussion, die in einer Morddrohung durch den Käufer gipfelte. Den irritierten Verkäufer traf das völlig unvorbereitet, laufen doch genug Amok-Spinner in der Welt rum, und er legte auf.

So weit, so gut – irgendwie eine ziemlich unschöne Geschichte. Nun ist ein Vorschaden aber ja nicht immer völlig auszuschließen und auch ein Profi kann mal was übersehen. Als Käufer so die Contenance zu verlieren ist aber bekanntlich wenig hilfreich.

Wie es der Zufall so will, am Nachmittag des gleichen Tages telefonierte ich mit einem anderen Händler und der erzählte mir doch fast die gleiche Geschichte!

Hier ging es um ein gebrauchtes Trike, das angeblich einen verschwiegenen, geschweißten Rahmenschaden hätte. Bei diesem Verkäufer kam es allerdings nicht zu obiger Diskussion, denn nach dem „ich schwöre bei meiner Mutter“ des Käufers, legte er einfach auf.

Nun hat ein Händler i.d.R. aber ja ein Interesse an zufriedenen Kunden und so rief er ihn später noch mal an. Jetzt kommt’s: Der Käufer wusste gar nicht, worum es ging. Er war hochzufrieden mit seinem Fahrzeug und hatte den Händler auch nicht angerufen!

Es stellt sich also die Frage, was da passiert ist. Woher hatte der verärgerte Anrufer die Fahrzeugdaten und den Käufernamen? Wurde der E-Mail-Verkehr abgefangen? Hat sich der Händler evtl. einen Virus auf dem Computer eingefangen? Nein, die Lösung ist ganz einfach: Beide Händler hatten ihre Fahrzeuge über die bekannte Internet-Plattform mobile.de angeboten. Diese bietet die Möglichkeit, Händler nach einem Kauf zu bewerten und die Käufer hatten das getan. Bei der Abgabe der Bewertung hatten die Käufer ihren Namen eingetragen, der dann auch mit angezeigt wird. Sonst steht dort nur „mobile.de Nutzer“. Auch grundlegende Fahrzeugdaten wie Marke/Typ, Laufleistung, Farbe, EZ und Preis werden in der Bewertung angezeigt.

Mit diesen Daten konnten die Anrufer nun die Händler unter Druck setzen und bei einer Morddrohung braucht es schon ein dickes Fell. Man stelle sich vor, ein paar „Brüder“ des vermeintlichen Käufers stehen mal mit schlagkräftigen Argumenten vor der Tür …

Unser Tipp: Eine Anzeige gegen Unbekannt sollte man auf jeden Fall stellen, denn auch wenn die Betrüger nicht ermittelt werden können, gehen die Daten in die Statistik mit ein und finden so u.U. in Gesetzen oder bei Dringlichkeitsbewertungen Berücksichtigung.

Als Käufer bewertet man einen Händler am besten nicht mit seinem realen Namen. Und auch beim Privatverkauf gilt: wenn Euch etwas komisch vorkommt, lasst die Finger davon!