Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 3/17
von Mathias Thomaschek, www.zweirad-online.de

Keine Fachkräfte mehr?

Die Situation verschärft sich seit Jahren kontinuierlich: Motorradhändler suchen allerorten händeringend nach Fachkräften, die die Werkstatt qualifiziert in Schwung halten.

Zweiradmechaniker – das waren in den wilden Mopedzeiten der siebziger und achtziger Jahre Halbgötter mit schwarzen Fingern in immer leicht öligen Overalls, die nicht nur schrauben, sondern (meist erfolgreich) unsere Kisten auch tunen konnten. Und nur das zählte! Der Fachhandel bildete aus, und wenn die Kohle passte, blieben die Leute auch, oder kamen nach der Bundeswehrzeit zurück.

Spätestens um die Jahrtausendwende war es vorbei mit dem eigenen Schraubernachwuchs. Der Branche ging es zunehmend schlechter, Werkstattpersonal wurde erst über den Winter, dann generell entlassen. Die Leute wechselten in die Industrie und verdienten dort nicht nur gut, sondern hatte neben einer geregelten Arbeitszeit plötzlich die Möglichkeit, mitten im Sommer gemeinsam mit schulpflichtigen Kindern Urlaub zu machen.

Weil sich die Umsätze rückwärts bewegten und der eine oder andere Händler zusperrte, wurde das Problem der fehlenden Mechaniker noch halbwegs kompensiert. Notfalls schraubte der Chef nach Geschäftsschluss eben selbst. Seit ein paar Jahren ziehen die Verkäufe zum Glück wieder an. Und parallel dazu logischerweise auch die Arbeitsleistungen in der Werkstatt. Bloß ist jetzt – pauschaliert gesagt – niemand mehr da, der diese Arbeit macht!

Weil in den letzten 15 Jahren nur wenige Auszubildende das Handwerk – zu dem jetzt auch elektronisches Fachwissen gehört – erlernten, brennt es an allen Ecken und Enden lichterloh. Die Branche hat sich in eine Situation hineinmanövriert, aus der es aktuell so gut wie kein Entrinnen gibt. Auch, weil es für junge Menschen cooler ist, beispielsweise als Webdesigner die Maus am Schreibtisch spazieren zu führen (nichts gegen die Leute, die muss es auch geben!) als Diagnosegerät und Spezialwerkzeug in die Hand zu nehmen.

Natürlich gibt es auch heute Händler, bei denen die alt eingesessenen Mechaniker seit Jahren gute Arbeit abliefern, Erfahrung besitzen und wenig Interesse an einem sprunghaften Wechsel haben. Weil der Chef in seiner Gesamtkalkulation die Wertigk eit einer gut geführten Werkstatt erkannt hat.

Ich bin sicher: genau diese Händler sind auch in Zukunft erfolgreich. Weil sie ein Gesamtpaket a us interessanten Angeboten und einer soliden Werkstattleistung anbieten können. Und das ist in dieser Branche so wichtig wie Ketchup auf den Pommes. Fachhändler mit guter Werkstatt können es sich leisten die Kundschaft zu selektieren: wird es terminlich eng, kommt der, der im eigenen Haus gekauft hat, zuerst dran; das Bike vom Schnäppchenjäger muss dann eben warten.

Ein wenig Hoffnung im leergefegten Schraubermarkt macht die jüngste Entwicklung: heute finden wieder junge Leute Gefallen am Motorrad. Und die Händler sind aufgrund ihrer Situation bereit, bei Arbeitsbedingungen und Bezahlung eine Schippe draufzulegen – soweit das finanziell möglich ist.

Deshalb mein Vorschlag an alle, die schon immer „irgendwas mit Mopeds“ machen wollten: schaut mal bei einem Motorradhändler vorbei und lasst euch den Beruf Zweiradmechatroniker erklären. Das Wichtigste dabei ist Herzblut fürs Motorrad, alles andere funktioniert nicht. Dazu noch fünf klare Sinne, den Rest kann man lernen. Stellenangebote gibt es auch wieder in dieser Kradblatt-Ausgabe …