Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 03/24 von Marcus Lacroix

Die Übermotivierten zerlegt’s zuerst …

Die Bruchstricher kommen …
Die Bruchstricher kommen …

Da sind wir also schon wieder bei der März-Ausgabe angekommen. März, der Monat, in dem nicht nur die ersten Frühlingsblüher sich der Sonne entgegenstrecken, sondern auch der Monat, in dem die ersten Bruchstricher wieder auf die Straße dürfen – zu denen ich ja irgendwie auch gehöre, denn zumindest die Energica in meinem kleinen Fuhrpark hat ein 03/11-Saisonkennzeichen. Und ich freue mich schon so richtig darauf, die erste Akkuladung zu verblasen! Endlich wieder am Kabel ziehen bzw. am Poti drehen (aka Ride by Wire, wie bei fast allen modernen Bikes heutzutage). Den Druck zu spüren, wenn der Reifen sich in den Asphalt krallt und das fette Drehmoment einen massiv nach vorne schiebt. Ja, meine Ganzjahresmopeds sind da doch etwas sparsamer motorisiert. Ich bin mir sicher, viele von euch können das Gefühl nachempfinden.

Womit wir beim obligatorischen Finger wären – also dem warnenden Zeigefinger, denn bei den Gedanken an die ersten Sonnentage schwingt bei mir nach all den Jahren, die ich jetzt in diesem Job bin, auch immer ein wenig Traurigkeit mit. Ich beschäftige mich tagtäglich mit dem Thema Motorrad, sowohl aus beruflichen Gründen wie auch privat. Aus allen möglichen Quellen prasseln Meldungen auf mich ein und zum Saisonstart gibt’s nach den ersten warmen Tagen aus dem Polizei­­presseportal die Berichte über verunglückte Motorradfahrer. Mit etwas Glück ist es nur ein Ausritt in den Acker mit etwas Materialschaden. Gerade zum Saisonstart bleibt es aber leider oft nicht dabei. Es ist wie bei Renntrainings – im ersten Turn verabschieden sich die Übermotivierten, Nachmittags dann die mit der fehlenden körperlichen und mentalen Kondition.

Pünktlich zum Saisonstart wird in den sozialen Medien von Motorradfahrenden (bevorzugt in Motorradfahrergruppen) natürlich auch wieder das bekannte Meme geteilt: „Liebe Autofahrer, denkt daran es ist Saisonstart und wir sind wieder da. Es könnte dein Vater, deine Mutter, dein Kind, dein/e Freund/in sein, die da auf dem Motorrad sitzt, also Augen auf!“. 

Ganz ehrlich, ich muss bei dem Meme immer die Finger still halten denn das Hauptproblem sind meiner Ansicht nach nicht die Autofahrer, die uns nicht sehen. Natürlich gibt es die auch, aber viele von uns landen aus Übermut oder aus Fehleinschätzung von Verkehrssituationen in der Botanik oder im Unfallgegner. Beides ist mir auch schon passiert und praktisch alle meine Unfälle wären durch mein richtiges und vorausschauendes Handeln vermeidbar gewesen. 

Verlasst euch NIE darauf, dass andere Verkehrsteilnehmer euch sehen. Denkt nur mal daran, wie oft ihr als Autofahrer selbst schon Radfahrer oder Fußgänger übersehen habt und die Situation glücklicherweise gut ausging, ihr evtl. nur kurz erschrocken oder erstaunt wart. Und erzählt mir nicht, dass euch das noch nicht passiert ist, gerade im Regen und/oder bei Dunkelheit. 

Motorradfahren ist eine sehr komplexe Angelegenheit und erfordert mangels Knautschzone noch mehr Übung und Umsicht, als das Autofahren. Trotzdem steigen wir zum Saisonstart auf, als hätte es die kalten, motorradlosen Monate nie gegeben. 

Gerade wenn ihr im Winter nicht Motorrad gefahren seid, tut euch den Gefallen und bucht ein (oder mehrere) Sicherheitstrainings. Als Freundeskreis, Forum, Club oder auch alleine. Anbieter gibt es verschiedene, achtet dabei gerne auch auf die Anzeigen im Kradblatt. Viel Spaß macht es außerdem …