1. Januar 2016 = Saisonstart = Messezeit. Gedanken dazu von Motorradpastor Holger Janke …

Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 1/16

Auch vor den MoGos im Frühjahr:
Im Januar beginnt die Messezeit!

Holger Jahnke

Mit großer Freude pilgere ich auf Motorradmessen. Gerade am Anfang eines Jahres bietet sich diese Gelegenheit ausgiebig. Ich genieße das! Denn nirgends finde ich so fromme Menschen, nicht mal in meiner christlichen Kirche. Ist in der glühweingeschwängerten Adventszeit noch reger Gottesdienstbesuch und am Geschenkpapier raschelnden Heiligen Abend der volle Mega-Event, so wird es doch danach im kalten Winter ruhig im christlichen Abendland.

Nicht so auf den Messen! Während sonst die kirchlichen Angebote stets nur an einem Tag für eine Stunde angeboten und dafür am Stadtrand auf Hinweisschildern eher spärlich geworben wird, feiern wir fetzige Motorradmessen über mehrere Tage und zwar stundenlang. Auch wird umfangreich auf Plakaten dazu eingeladen. Das ist professionell, wirkt gut vorbereitet und lockt zum Besuch.

Und dann betritt man die heiligen Hallen und findet unzählige glänzende Exponate soweit das Auge reicht. Selbst auf Düfte muss ich nicht verzichten, denn überall qualmt es aus Auspuff- oder Frittenrohren. Alles hat sich hübsch gemacht für diese Messe. Es glänzen die himmlischen Ausstellungstücke. Die Messdiener sind meist jung, weiblich und verkörpern Gottes gute Schöpfung in Vollkommenheit. Das Besuchervolk hat sich für diesen Messeauftritt ebenfalls individuell gestylt und geizt nicht mit ausgesuchtem Körperschmuck und -geruch. Das kenne ich von der kirchlichen Sonntagsmesse schlichtweg anders.

Und wie fromm die Motorradfreunde sind! Sie stehen minutenlang still vor der angehimmelten glänzenden Skulptur. Einige knien sogar nieder. Andere legen sich sehnsüchtig vor das aufgebockte Zweirad und betrachten hingebungsvoll jedes noch so kleine Detail. Natürlich wird hier nicht dem bloßen Mammon gefrönt, sondern dem genialen Geist der Schrauberapostel wie Friedel Münch, Fritz Egli, Peter Sauer und der vielen anderen fleißigen Tüftler, die diese genialen Kunstwerke erschaffen. Das kann man nicht lernen. Das ist von Gott gegeben.

Die Motorradfreunde sind eine große Gemeinde. Bei genauerer Sicht unterscheiden sich allerdings die Glaubensrichtungen sehr. Die einen huldigen dem rasselnden V-Zwo, die anderen boxen sich durch das Leben. Es gibt lahme Böcke und heilige Kühe. Einige behaupten, Gott selbst führe Harley, wobei in der Bibel geschrieben steht, dass Gott mit Triumph gen Himmel fuhr. Selbst interreligiöse Einflüsse zeigen sich in dieser Biker-Gemeinschaft, denn indische Eintöpfe, japanische Stimmgabeln und chinesische Dreiräder sind ebenfalls vertreten. Da wirkt das Hammer-und-Sichel-Gespann aus dem orthodoxen Ural fast schon altbacken deutsch. Ich sage dir, auf den Motorradmessen triffst du Gott und die Welt.

Deshalb pilgere ich auf so viele Messen, wie ich kann. Ich bin ein frommer Mensch und genieße solch innige individuelle Anbetung und diese internationale Achtung der Schöpfung. Diese Messebesuche bringen mich gut über den Winter – bis zu dem Tag, an dem ich wieder vor meinem eigenen himmlischen Kultgegenstand stehe, den Motor anschmeiße, das Geläut genieße und langsam auf die Straße des wahren Lebens einbiege. Hurra, ich lebe – Gott sei Dank!

Segensgrüße! 
Holger Janke, Motorradpastor
www.bikers-helpline.de

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