aus bma 7/12
Text & Fotos: Henrik Vormdohre
Vom 14. bis 17. Juni traf sich die Elite des Europäischen Drag-Racings zum direkten Schlagabtausch auf der neu angelegten Rennstrecke im schwedischen Tierp.
Gut eine Autostunde von Stockholm entfernt liegt die „Tierp Arena” direkt an der Autobahn Nr. 4. Hier ist nicht nur der Austragungsort von Dragster Rennen sondern es sind für die kommenden Monate u.a. Air-Shows, Truck-Meetings und Drift-Challanges geplant. Gut zu erreichen ist die Arena von dem Flughafen Stockholm, Arlanda. Nach den vielen positiven Eindrücken vor Ort ist es für einen Dragster-Freak wie mich sicherlich nicht das letzte Event dort gewesen. Ein absolutes Highlight auf der Tour für den Motorsportbegeisterten. Ein sehr durchdachtes Konzept mit vielen Vorzügen und Annehmlichkeiten nicht nur für die Zuschauer sondern auch für die Teams und die Organisatoren, angelehnt an die großen Rennstrecken in den USA.
Bei der Sekundenhatz über die Viertelmeile haben sich im hohen Norden Schwedens viele europäische Top Teams versammelt, um wichtige Punkte im Klassement zur Europameisterschaft zu sammeln. 19 Super Twin Top Fuel Bikes und vier Top Fuel Bikes waren gemeldet. Man muss schon weit reisen um so ein ausgewähltes Starterfeld live zu erleben.
Wenn man Top Fuel hört, ist man unweigerlich in der höchsten Klasse des Beschleunigungssports. Generell wird in zwei Klassen unterteilt. Die Klasse Top Fuel Bike unterliegt kaum Beschränkungen hinsichtlich möglicher Modifikationen. Vorgegeben ist der Kraftstoff Nitromethan. Dieser sündhaft teure Sprit ist hochexplosiv (wenn er verdichtet wird). Für einen kompletten Lauf mit Burn Out, Staging und den Run selbst süffelt sich so ein Monstermotor schlappe 20 Liter weg. Die Verwendung von Kompressoren oder Turboladern ist erlaubt. Der maximal zulässige Hubraum für aufgeladene Vier-Zylinder-Motoren beträgt 1700 cm³. Bei den Vierzylindern werden die Motoren durch einen Kompressor aufgeladen und verfügen über Nitromethan Einspritzung. Die Super Twin Bikes stammen im Allgemeinen von US-amerikanischen Spezialfirmen und ähneln optisch den Motoren der Traditionsmarke Harley-Davidson. Der Hubraum liegt bei 3000 cm³ für Saugmotoren. Aufladung mittels Kompressor oder Turbo ist erlaubt, der maximal zulässige Hubraum beträgt dann 2000 cm³ bei der Verwendung von 90%igem Nitromethan und 1700 cm³ bei der Verwendung von bis zu 100% Nitromethan. Diese Motoren produzieren mehr Drehmoment als PS! Auffällig sind auch die Mega-Gummiwalze und die langen Ausleger am Rahmen, die sog. Wheelie Bars. Diese sorgen beim Start dafür, dass das Fahrzeug nach hinten abgestützt ist um einen eventuellen Überschlag zu verhindern. Derzeit befindet sich dort auch der Platz für den Bremsschirm, wenn es mal knapp werden sollte.
Diese wahnwitzigen Bikes sind die schnellsten und brutalsten Zweiräder, die dieser Erdball je hervorgebracht hat. Beschleunigungswerte, die jeden Geschwindigkeits-Fetischisten vor Neid erblassen lassen. Die klassischen 0-100 km/h in 0,7 sec., 0-160 km/h in 1,1 sec. Topspeed schlappe 380 km/h und das nach 6 sec.! Der Pilot ist bei der Beschleunigung dem dreifachen seines Körpergewichts ausgesetzt! In den USA werden diese Bikes auch Armstretcher genannt. Diese Extreme verlangen dem Fahrer aberwitzige akrobatische Höchstleistungen ab, um das Bike in der Bahn zu halten. Lenkkorrekturen sind zweifelsohne zwecklos, da das Vorderrad meist erst kurz vor dem Überqueren der Ziellinie wieder Kontakt mit Mutter Erde hat. Durch Gewichtsverlagerung des Piloten wird das Bike Richtung Ziel jongliert. Preisrichter hätten hier ihre wahre Freude wenn es darum ginge, Haltungsnoten zu vergeben. Oftmals eine nicht ganz einfache Aufgabe, schon allein die liegende Sitzposition das Fahrers ist sehr gewöhnungsbedürftig. Fuel Bikes machen aber nicht nur durch spektakuläre Läufe, infanalisch dröhnende Motoren oder brutale Burn Outs auf sich aufmerksam, sondern weil stellenweise diese sündhaft teuren Motoren nicht viel vom Dienst auf dem Drag Strip halten. Wenn so ein Triebling sein Leben aushaucht kann dies schnell ruinöse Ausmaße annehmen.
Bei den Chassis handelt es sich überwiegend um Eigenkonstruktionen. Gitterrohrrahmen aus Chrom-Molybdän Stahl sorgen für eine gute Basis. Bei den Motoren handelt es sich bei der Vierzylinder Fraktion zunehmend um Puma (Puma Engineering, UK) Teile. Nicht selten sind auch selbst konstruierte Systeme am Start. Komplette Bikes mit einem soliden und erfolgreichen Setup sind nur sehr sehr schwer zu bekommen. Für eine komplette Operation müssen mehr als 100.000 Dollar veranschlagt werden. Deutlich besser hat es die Zweizylinder Fraktion. Als Triebling trifft man sehr oft auf einen Motor vom Hersteller PRP (Berry Prescott of British Columbia) V-Twin. In den USA ist der Rahmen aus dem Hause Weekend sehr verbreitet und erfolgreich. Gegenüber dem US Renngeschehen trifft man aber hier in Europa die unterschiedlichsten Motorenkonstruktionen und das bedeutet für die eingefleischten Fans viel Abwechslung selbstverständlich auch im Klang der Motoren. Der dreimalige Champion z.B., Per Bengtsson, setzt auf einen Parallel Twin, andere schneiden sich zwei Zylinder von einem V-8 Motor ab. Weitere vertrauen komplett auf „Selfmade“, und setzen auf das Fräsen eines Motorblocks aus Vollmaterial!
In Europa gibt es derzeit ca. 40 Teams die ein Top Fuel Bike betreiben. Die Szene wird derzeit klar von den Skandinaviern beherrscht. Leider stehen auch vereinzelt Fuel Bikes untätig rum, da der finanzielle Aufwand für die Teams sehr hoch ist.
Unbedingt sollten sich die Fans den Termin für die Nitro Olympixs freihalten. Hier werden die Top Fuel Bikes an den Start gehen. Nicht verpassen also!!!!
Mehr Infos gibts im Web z.B. hier:
www.Kingracing.com
www.eurodragster.com
www.Black-Seven-Racing.de
www.dragster.de
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