aus bma 12/99

von Stefan Weidner

Dnepr MT 10Im Oktober 1995 habe ich für 3000,- DM ein Dnepr-MT-10-Gespann (ohne Seitenwagenantrieb), Erstzulassung März 1978, TÜV bis 07/97, gekauft. Schon als ich noch MZ-Gespann fuhr, schwärmte ich für die russischen Boxer-Gespanne, den satten Sound, die klassisch-schöne Optik und den Kardan-Antrieb. Der Zweitaktgestank und das „räng-däng-däng” sollten endlich der Vergangenheit angehören; die gespannbegeis- terte Familie brauchte auch nicht lange überredet werden. Wir kamen, sahen und kauften. Die eigenwillige Startprozedur – Vergaser fluten, dreimal ohne Zün- dung den Kickstarter durchtreten, und dann einmal mit Zündung – störte mich nicht weiter, denn das Gespann sprang immer – auch im Winter – sofort an. Die Sitzposition schien genau auf mich zugeschnitten, an die Schaltwippe konnte man sich auch gewöhnen, und das Platzangebot im Seitenwagen war schon toll. Der Spritverbrauch lag bei ca. 5 Litern und wurde selbst bei Höchstgeschwindigkeitsfahrten um die 120 km/h nicht überschritten. Am wohl- sten fühlte ich mich so um die 100 km/h, die in der Regel auch auf „bergigeren” Autobahnstrecken gehalten werden konnten. Durchzug satt.
Die Kfz-Steuer lag bei 93 DM im Jahr, und auch die Versicherung war bezahlbar: für die Haftpflicht überwies ich 145,50 DM im Jahr, und für die Fahrzeugteilversicherung mit 300 DM Selbstbeteiligung noch einmal 88 DM.
Ein ideales Gespann also? Nicht ganz, aber es gibt wohl kein Fahrzeug, das nicht verbessert werden kann! Das größte Manko war, dass der Motor verbleiten Sprit verlangte und die Bremsen ihrem Namen nicht unbedingt gerecht wurden. Es gab da durchaus brenzlige Situationen… Wenn es sich bei diesem Gespann allerdings um ein Exportmodell gehandelt hätte, das für den deutschen Markt gebaut wurde, hätte ich auch mit bleifreiem Kraftstoff fahren können.
Dnepr MT 10Und die Wartung? Nun, ich bin ein bequemer Typ und vernachlässigte diese etwas. Aus diesem Grunde ist mir im Januar 1996 – Schande über mich! – das Kardankreuzgelenk verglüht, welches nach der Fettpresse lechzte. Ein neues schlug mit 222 DM zu Buche, und für die Schutzkappe und das Kardangummi mussten noch einmal 66 DM aus dem Portemonnaie genommen werden. Die Reparatur habe ich selbst durchgeführt und hatte ganz schön damit zu kämpfen, die Gelenkreste von der offen laufenden Kardanwelle herunterzubekommen. Das war mir eine Lehre, und fortan fuhr immer eine Fettpresse mit, und ich achtete immer auf die vielen vielen Schmiernippel und ganz besonders auf das Kardankreuzgelenk.
Andere Wartungsarbeiten wie Zündung und Ventile einstellen und son-stige Reparaturen ließ ich beim BMW-Händler im Nachbarort durchführen. Einmal bin ich in eine Dnepr-Fachwerkstatt gefahren – und habe es sehr sehr bereut. Der Mechaniker dort hat alles so verstellt und real verschlechtert, dass das Gespann schlechter fuhr als vorher, unter ständigen Fehlzündungen litt und mir der Spaß verleidet wurde. Viele Reparaturen gab es jedoch nicht: Im Februar 1996 ließ ich eine große Inspektion durchführen, im Oktober 1996 waren – während einer Urlaubsreise mit Kind – neue Zündkerzen und neue Zündkerzenstecker (von VW) fällig. Im Juni 1997 war dann der erste Reifen runter. Mein Gespann wurde vom Vorbesitzer mit 19-Zoll-Ural-Felgen ausgestattet. Der passende 4.00 x 19-Reifen war jedoch mit 86,09 DM echt preisgünstig. Bei der Gelegenheit habe ich dann gleich noch einige der anderen ebenfalls preisgünstigen Ersatzteile als Reserve mitbestellt, um Porto und Verpackungskosten auszunutzen. Einmal auf den Schraubergeschmack gekommen ging es dann an Umbauarbeiten: Eine Schwinge musste die Teleskopgabel ersetzen, die eh inzwischen ein zu großes Spiel aufwies, und die hässliche Tacho-Zündschloss-Kombination oberhalb der Lampe wurde durch eine chinesische Lampe mit integriertem Tacho und Zündschloss ersetzt. Der Dnepr-Tacho hatte sowieso schon aufgegeben, und ich hatte Glück: der chinesische Tacho passte auch.
Dermaßen zufrieden habe ich das Gespann dann für 1850 DM verkauft. Warum? Na ja, ich bin einmal im Jahr für eine Woche mit einem Kind (von meinen dreien.) in den Urlaub gefahren, dann noch im Winter, wenn es kalt und glatt war, um mein Solo-Motorrad zu schonen, und sonst nicht. Das Dnepr-Gespann stand die ganze Zeit unbenutzt in der Scheune – obwohl es wirklich Spaß gemacht hat, damit zu fahren – und das hat es einfach nicht verdient. Klar, ich werde nie mehr ein so gutes Gespann bekommen, aber die Solo-BMW war und ist mir halt doch lieber.