aus Kradblatt 03/17
von Jens Föhl,

DANE, der Hersteller hochwertiger Motorradbekleidung testet seit Jahren seine neue Kollektion auf den Pässen der Himalaya-Region. Mittlerweile hat jeder die Möglichkeit, an dieser faszinierenden Reise teilzunehmen. Die Strecke führt dabei auf den höchsten, befahrbaren Pass der Welt, auf über 5600 Meter. Alle Infos zur DANE TROPHY TRANSHIMALAYA und ein Tagebuch findet ihr unter www.dane-trophy.de

Indien, Himalaya. Zum vierten Mal bin ich nun hier. Und ich kann das Land, diese Menschen, diese Natur, diese Reise und seine Faszination noch immer nicht gänzlich begreifen. Indien ist eine andere, eine faszinierende Welt. Voller Armut und Dreck auf der einen Seite, aber auch faszinierender Schönheit und Lebendigkeit auf der anderen. Die DANE TROPHY TRANSHIMALAYA ist ein einzigartiges Erlebnis und ein Abenteuer. Sie führt uns Teilnehmer in eine gänzlich andere Welt, auf den höchsten befahrbaren Pass der Welt und ein Stück weit auch zu uns selbst.

Unsere indische Reise beginnt mit der nächtlichen Ankunft in Delhi. Fährt man durch Delhi zieht bereits die faszinierend bunte Welt Indiens vorbei, untermalt von dem Geräuschpegel von Millionen Menschen. Eine Explosion von Farben und Geräuschen. Szenen von berührender Intensität und Szenen von bizarrer Gestalt für das europäische Auge: Ausgemergelte Tagelöhner, die riesige zementbeladene Karren per Hand durch das eigentlich undurchdringliche Gewirr schieben, Rikschafahrer, die sich um die europäischen Gäste streiten, Straßenhändler, die beim Verkauf der absurdesten Produkte aggressiv am potentiellen Kunden bleiben („price cheap“), Kinder, die Autoreifen wechseln, Köche des Chicken-Palace, die mangels Platz auf dem Herd sitzend, barfuß die Pfanne rühren. 30 Meter weiter der Chicken Lieferant, der eben diese Hähnchen am Straßenrand armselig in engen Käfigen hält und zum Verkauf anbietet.

Ein Menschenmeer, ständig in Bewegung. Und jeder versucht an der Oberfläche zu bleiben. Nie, wirklich nie, hat ein Einwohner Delhis eine Möglichkeit zum privaten Rückzug. 17 Millionen Menschen sorgen für niemals einkehrende Ruhe. Die erste von vielen Lehren, die ich aus diesem Land mitnehme: Unser Recht auf Individualität, auf Rückzug und Raum für uns selbst, wie er uns in Deutschland und Europa selbstverständlich gegeben ist, ist eben keine Selbstverständlichkeit!

Auf jeder DANE TROPHY TRANSHIMALAYA verlassen wir Delhi nach einem Tag, denn natürlich suchen wir auf unserer Reise nach etwas anderem als die rücksichtslose, zermürbende Lebendigkeit einer Millionenmetropole. Wer Indien verstehen will, sollte seine Hauptstadt aber gesehen haben.

„Es wird die Reise werden, die ihr nie vergessen werdet“, habe ich den 27 Teilnehmer der DANE TROPHY TRANSHIMALAYA versichert. Ihr werdet euch irgendwann auf der Reise fragen, warum ihr eigentlich hier seid und ihr werdet erleben, dass ihr nirgendwo anders sein wollt. Das Land, die Region, der Himalaya, die Royal Enfields, der Schlamm, die Gebirgszüge, die Hitze, das Lichtspiel, die wechselnde Vegetation, der Zusammenhalt der Gruppe, die Armut, Freundlichkeit, Zufriedenheit und die Demut der Menschen, die Einfachheit des Lebens, die Abgeschiedenheit und die Extreme dieses Trips werden auf euch wirken. Und nach der Reise werdet ihr euch auf seltsame Weise wieder zurück­sehnen. Im Idealfall werdet ihr etwas verändert in eure Heimat zurück-
kehren. Vielleicht ausgestattet mit etwas mehr Dankbarkeit und ein wenig mehr Demut für unser doch recht komfortables und weitgehend abgesichertes Leben im alten Europa. Aber auf jeden Fall werdet ihr diese Motorradreise NIE vergessen.

In all den Jahren war bisher kein Teilnehmer dabei, den dieses Land kalt gelassen hat und in diesem Jahr beginnt die schleichende Infiltration mit dem Indien-Virus schon bei der Anreise in die Hima­laya-Region, denn wir fahren mit dem Toy Train. Einer Schmalspurbahn, die noch aus den Zeiten der Kolonialherrschaft Englands stammt und sich seitdem nicht verändert zu haben scheint. Mit 30 km/h schleppt sich der Toy Train in immer größere Höhe in Richtung Shimla, 2103 Meter hoch gelegen, und der Startpunkt unserer Motorradreise.

Es ist 30 Grad warm, Türen und Fenster sind geöffnet und die noch üppige Natur zieht an uns vorbei und wirkt wie ein farbenfroher Film in einem nostalgischen Kino. Der 50er Jahre Charme des „Toy Train“ und sein monotones Rattern über die jahrezehnte­alten Schienen tun ihr übriges. Die Reise schaukelt uns in eine entspannte,   entschleunigte Stimmung, die unsere gesamte Gruppe während der gesamten Tour nur sehr selten verlassen sollte.

Hier schon beginnt die Zeitreise, zurück in eine wenig technologisierte Welt. Die Technik ist veraltet, das Interieur einfach. Das ist die zweite Erfahrung unseres Trips: Die Entschleunigung ist wohltuend und die nicht Erreichbarkeit kann ein Privileg sein. In den nächsten Tagen wird uns keine E-Mail und kein Anruf erreichen. Wir haben kein Internet und kein WhatsApp und wir können nicht immer selbst darüber bestimmen, wann wir wann wo hin kommen. Das ist ungewohnt und auch auf gewisse Weise irritierend. Aber es macht auch gelassen und frei. Der Kopf wandert weg von den Dingen des europäischen Alltags. Man braucht sich keine Gedanken machen, denn man könnte auch nichts ändern, wenn man es ändern wollte. Indien zwingt uns seinen langsamen, entspannten Rhythmus auf und wir nehmen ihn sehr gerne an.

Später auf unserer Tour, erklärt es mir Mr. Moti, unser immer gut gelaunter Guide, die indische Sichtweise der Dinge in einprägsamen Worten: Man solle sich freuen wenn es regnet. Denn wenn man sich ärgere, würde es ja auch regnen.

In Shimla steigen wir auf die Motorräder und besteigen zugleich ein anderes fahrendes Kino. In Cinemascope Breite zieht für die nächsten 10 Tage eine schwer beschreibbare Kulisse an uns vorüber. Wir fahren durch das indische Mensch-und-Natur Schauspiel und erleben zu jeder Zeit eine knallbonbonhafte Vielfalt, die einem unter dem Helm den Atem raubt. Gott – an welchen Gott man auch immer glaubt – hat einen bunten Zoo. Und der indische ist eindeutig der artenreichste. Wer dieses Land noch nie bereist hat, wird es nicht glauben können: Hinter wirklich jeder Kurve und in jedem Ort erwartet uns etwas neues, unerwartetes, überraschendes.

Wir erleben Straßen-Sprengungen, zusammengebrochene und per Hand wieder aufgebaute Brücken und überspülte Straßen. Wir sehen fantastische Schluchten, das atemberaubende Moonland, jahrtausendealte Klöster, die höchsten Erhebungen der Welt, wilde, unberührte Natur. Wir haben Nachtfahrten im Schlamm, verbunden mit der kurzfristigen Befürchtung, dass wir im Freien übernachten müssen. Wir müssen bei jedem Trip improvisieren, denn die Natur des Himalayas macht uns deutlich, wer hier das Sagen hat. Die Transhimalaya fordert uns und zugleich bietet die Natur und die Menschen Indiens phantastische Momente. Deutschland und der Alltag ist weit entfernt.

Neben der Großartigkeit der Natur liegt der Reiz der Himalayatour auch in der Einfachheit des Lebens in diesen Tagen. Unsere übertechologisierte, medial überfrachtete Welt ist abwesend. Keinerlei Ablenkung durch irgendetwas. Eine Welt ohne Handyempfang und mediale Dauerberieselug. Wohltuend einfach. Man fährt von A nach B und muss dabei noch nicht einmal überlegen, wie man nach B kommt, denn es gibt nur eine Straße, der man folgen kann.

Die Unterkünfte, das Essen, der Tagesablauf ist ebenso einfach und ursprünglich. Man spürt, dass man vieles aus unserer hochtechnologischen, zivilisierten Welt nicht benötigt und man entwickelt andererseits auch eine neue Demut gegenüber den einfachen Dingen des Lebens. Warmes Wasser, eine Dusche oder beständige Elektrizität sind keine Selbstverständlichkeit. In unseren Unterkünften sind sie gegeben, aber für Millionen von Indern unerreichbar.

Die Natur bestimmt hier über Art und Tempo des Lebens. Allein schon die Mächtigkeit und physische Präsenz der Berge tröpfelt uns kontinuierlich ein, dass wir als Person auf diesem Planeten nicht eine so große Bedeutung haben, wie wir Ich-zentrierten Europäer bisweilen meinen. Wenn die Natur nicht will, dass wir an diesem Tage unser Ziel erreichen, erreichen wir es auch nicht.

Die karge Lebensweise der Bergbevölkerung, die mühsame Suche nach Brennholz und das Fehlen von Komfort führt uns zu Bewusstsein, dass wir, die in Europa geborenen, qua Geburt ein privilegiertes Leben bekommen haben, dessen Standards auf dem Rest der Welt absolut nicht selbstverständlich ist.

Der Reiz einer Motorradreise im Himalaya liegt also nicht nur auf dem Motorrad – aber natürlich auch dort. Die Transhimalya ist mit keiner anderen Motorradreise vergleichbar. Sie führt uns von unserem Ausgangsort Shimla auf ca. 2000 Höhenmeter durch die schwarzwäldlerisch anmutenden Kieferwälder Richtung Narkand. In Jeori zweigen wir ab nach Saharan und erklimmen den Ort, der auf einem Bergrücken in 2165 Meter Höhe liegt zu Füßen des 5200 Meter hohen Srikhand Mahadev.

Auf den nächsten Tagesetappen folgen wir dem Lauf des Sutjey Fluss in das Kinnaur Tal. Auf der linken Seite, einige hundert Meter unter uns schlängelt sich der Fluss und wir folgen den hundertfachen Kurven des Straßenverlaufs. Besonders spektakulär sind die tunnelartigen Passagen, bei denen die Straße in den Felsen gehauen wurde. Auf diesen Höhen sind die Gebirgshänge noch grün bewachsen und wir swingen uns entlang der Felswände immer weiter in Richtung Tibet.

Entlang des Spiti Flusses, der dem Tal seinen Namen gab, verläuft die Hindustan Tibet Road, ein hoch über dem Fluss angelegten Karawanenweg, von Indien nach Tibet. Wir befinden uns also auf
historischen Wegen. Entlang der Felswände führt uns unser Weg. In der Tiefe tost der Fluss. Eine atemberaubende Szenerie.

Durch das Spiti Valley gelangen wir auf den sogenannten Manali-Leh-Highway, der uns dann auf über 4000 Meter führt. Die Vegetation wird karg und die Höhe herausfordernder. Die Akklimatisierung der letzten Tage, die uns kontinuierlich in größere Höhen geführt hat, zeigt aber ihre Wirkung. Während wir auf den ersten Himalaya Touren aufgrund des schnelleren Anstiegs unter diversen Symptomen der Höhe litten (Kopfschmerz, Schlaflosigkeit, Höhenerkrankungen), gibt es bei der neuen und aktuellen Streckenführung keinerlei Probleme mehr. Die beiden Ärzte, die unsere Gruppe wie jedes Jahr begleiten, haben außer der Behandlung eines bereits in Deutschland eingewachsenen Fußnagels keine medizinische Aufgaben zu erledigen.

Mehrere Tage unserer Reise bleiben wir auf der Hochebene der Region Ladakh. Tagsüber haben wir angenehme 28–30 Grad und keinerlei Niederschläge, denn der Pass, der auf die Hochebene führt, der Rohtang-La (deutsch: Leichenberg), bildet zugleich eine Wetter- und Kulturscheide. Der nach Regenfällen anspruchsvolle Pass verbindet die eher feuchten, monsunbestrichenen, hinduistisch geprägten Regionen des Hügel- und Mittellandes mit der buddhistisch geprägten, trockenen Hochregion.

Wir bewegen uns auf 4000 Metern. Unsere Strecke wird gesäumt von den noch höheren Erhebungen des Himalaya Massivs. Auf dieser Hochebene erreichen wir die Provinzmetropole Leh. Ehemals eine Dorf, ist es dank des boomenden Himalayatourismus mittlerweile eine 15.000 Einwohner Stadt mit internationalem Trekking Publikum, sowie zahlreichen Bars und Restaurants und endlich sehr komfortablen Hotels. Der Abend wird länger als alle bisherigen.

Am nächsten Tag geht es dann auf den höchsten befahrbaren Pass der Welt. Von Leh aus windet sich die größtenteils asphaltierte Straße 39 Kilometer lang zum Khardung-Pass, der das Industal mit dem vom Shyok durchflossenen Nubra Tal verbindet. Wegen des Grenzkonflikts Indiens mit Pakistan und China (strategisch wichtiger Punkt ist der Siachen-Gletscher im Karakorum) wird die Straße fast ganzjährig, vor allem für Militärfahrzeuge, geräumt und offengehalten. Auf halber Strecke passiert man einen Kontrollpunkt der indischen Armee (South Pullu), wo dem Reisenden die Einreisepapiere abverlangt werden. Weiter führt die Straße, die oft auch im Sommer durch Schneefälle und wegen der schlechten Bereifung der Fahrzeuge schwer passierbar ist, bis hinauf zur Passhöhe, von wo aus man den ersten Blick auf das Karakorum-Gebirge hat.

Die Eroberung des Kadung La ist der plakative Höhepunkt unserer DANE TROPHY TRANSHIMALYA. Denn ab diesem Tag kann jeder Teilnehmer verkünden, dass er mit dem Motorrad auf dem höchsten befahrbaren Pass der Welt war.

Nach einer weiteren Übernachtung in Leh verlassen wir die gastliche Stadt. Das Grün wird jetzt zur Seltenheit zwischen dem Grau, Gelb, Ocker, Beige und Braun der Hochgebirgswüste. Diese bizarre und karge Gegend ist beeindruckend, sie wirkt wie eine unwirkliche Mondlandschaft und hat daher auch konsequenterweise den Namen Moonland. Bar jeder Vegetation ragen zerklüftete Bergspitzen steil in den Himmel. Aus weißem Lehm, den Überresten eines hier vertrockneten Sees, sind im Laufe der Jahrhunderte die bizarren Felsformationen entstanden. Die Höhe und die Bergbeschaffenheit sorgen für unglaubliche, große, wandernde Wolkenschatten, deren Eindringlichkeit mit der Kamera nur schwerlich einzufangen ist.

Ein Vorteil der militärischen Bedeutung dieser Strecke: Sie ist PERFEKT ausgebaut. Feinster Asphalt schlängelt sich durch das Moonland. Das Fahren ist eine wirkliche Freude. Es herrschen 30 Grad und die vorbeiziehenden Bilder brennen sich für alle Zeiten auf die Festplatte des Gehirns.

Wir sind nunmehr in Kargil, einer muslimischen Stadt an der Grenze zu Pakistan. Von Srinagar, dem Ziel unserer Reise, trennt uns nur noch der Fotu La Pass vom Kaschmirtal. Da dieser stundenweise nur einseitig zu befahren ist, startet unsere letzte Etappe bereits in der Dunkelheit. Als Dank erleben wir den Sonnenaufgang über den Bergen, am Fuße des Fotu La.

Dank des ganzjährig reichlichen Gletscherwassers im Fluss Sind, ist hier alles grün und für Mensch und Tier sehr fruchtbar. Apfel-, Birnen-, Aprikosen- und Walnussbäume sowie edle Safranfelder und saftig grüne Wiesen und Weiden säumen die Straße nach Srinagar. Je näher wir der Hauptstadt Kaschmirs kommen, desto grüner wird alles. Wir hatten bis dahin eigentlich nur gigantische Bergmassive mit über 7000 Meter hohen Bergriesen, Stein-, Salz- und Sandwüsten gesehen. Bäume waren absolute Mangelware und nun präsentiert sich das Kaschmirtal in all seiner Üppigkeit.

Wir erreichen Sinagar und haben den intensivsten Trip unseres Lebens gut überstanden und wir werden die kommenden Stunden an diesem fantastischen Flecken Erde nutzen, um zusammen und jeder für sich das gemeinsam Erlebte zu verarbeiten und einzuordnen. Und dafür gibt es keinen besseren Ort als ein Hausboot am Dal-See. Unsere Unterkünfte in den vergangenen Tagen waren zweckmäßig und spartanisch. Die Flusshausboote sind opulent, großzügig und komfortabel.

Es ist schwer zu beschreiben, wie groß der Kontrast zu den entbehrungsreichen Tagen im Himalaya ist. Aber eben dieser Kontrast wird uns die abschließenden Hausboot-Tage nie vergessen lassen. Unsere vier Boote sind mit einer Art „Terrasse“ versehen, die wiederum mit dem Nachbarschiff verbunden ist. Wir haben unendlichen Raum, ein reichhaltiges Frühstück und auf jedem Boot einen „Verwalter“, der uns jeden Wunsch erfüllen kann und von der Wasserseite her immer wieder freundliche „Gäste“, die aus der Versorgung der Boote eine Geschäftsidee entwickelt haben. Ein Fingerzeig genügt und alle erdenklichen Waren und Mittel werden uns ans Boot gebracht. Die Natur beschenkt uns mit unglaublichen Farb- und Lichtspielen und der See und die Menschen, die sich auf ihm bewegen strahlen eine unglaubliche Ruhe und Würde aus.

Ein fast schon kitschig anmutender, perfekte Abschluss einer Reise, wie man sie vielleicht nur einmal im Leben erleben wird.

Neben der beschriebenen DANE TROPHY TRANSHIMALAYA werden von DANE 2017 auch erlebnisreiche, geführte Motorradtouren in Nepal, Bhutan sowie Thailand/Laos. Alle Infos zu den DANE­-Motorradreisen findet man online unter www.dane-trophy.de.