aus bma 05/04

von Rainer und Petra Brand

Cagiva Raptor 1000Im Januar präsentierte uns mein Sohn sein neues Traummotorrad, eine Honda VTR, und ermunterte mich alten BMW-Fahrer einmal eine Probefahrt zu machen. Nach der Fahrt war ich dann V2-infiziert. Einen derart bulligen Durchzug hatte ich noch nicht erlebt, obwohl ich schon Erfahrung mit Bandit 1200 und BMW K 100 hatte. Trotz der atemberaubenden Fahrleistungen wurde mir schnell klar, dass ich mit so einem Gerät wegen der sehr sportlichen Lenkerposition nicht allzuweit fahren könnte. Die Sitzpositon auf der VTR war für mich als Ü-50er mit Meniskusoperation nicht akzeptabel und die Fußrasten für die Sozia waren auch viel zu hoch.
Mein damaliges Motorrad, eine 750er Kawasaki mit Sitzsofa, hielt natürlich den nun immer öfter angestellten Vergleichen mit einer modernen V2-Maschine nicht stand. Ich machte mich also schlau und las die aktuellen Vergleichstests von Zwei-zylindern, bei denen immer wieder die Cagiva Raptor als begeisternde, explosive Mischung mit dem seinerzeit bestem V2-Motor auf dem Markt dargestellt wurde. Also rief ich beim Händler an und vereinbarte eine Probefahrt. Ich konnte meine Frau überreden gleich mitzukommen, um sich die Maschine mal anzusehen.
Meine Frau fand die Raptor 650 „toll” und meinte die Sitzbank sei für ihren allerwertesten auch genau richtig. Die Fußrasten für die Sozia liegen weit genug unter der Sitzfläche, so dass sich kein zu enger Kniewinkel ergibt. Bei der Probefahrt waren wir beide dann hellauf begeistert von der Cagiva. Nachdem wir dann auch noch die 1000er gefahren hatten sagte meine Frau: „Die will ich haben.” Der Händler nahm meine gut erhalt-ene Kawasaki in Zahlung und eine Woche später konnte ich die Cagiva endlich nach Hause fahren. Dabei fiel mir auf, dass man sich sehr schnell zu schnell bewegt.
Ich bin wahrlich kein riskofreudiger Heizer und die 220 auf einem K 100 RS-Tacho riefen damals schon ein leicht beklemmendes Gefühl hervor, aber auf der Raptor wundert man sich was die Tachonadel zeigt: 240 km/h im Solobetrieb, ohne zu wackeln. Ein Lenkungsdämpfer ist hier nicht erforderlich. Sobald der Wind allerdings zunimmt, zieht einem aber jeder davon, weil das Fahren über 130 km/h überaus anstrengend für die Nackenmuskulatur wird. Daher stand nach der Überführungsfahrt fest: eine Verkleidung muss her.
Nun begann die Suche nach einer geeigneten Verkleidung. Eine rahmenfeste Halbschale musste es schon sein. Ich liebäugelte schon mit Team Metisse, wurde dann aber seltsamerweise in einer Fighterzeitung fündig. Hier war klitzeklein eine ducatiähnliche Halbschale mit runden Doppelscheinwerfern abgebildet. Meine Frau entschied stilsicher und mit Geschmack:„Die nehmen wir!”
Cagiva Raptor 1000 Nach Erhalt der Schale laminierte ich in den Knick bei den Scheinwerfern noch zwei Lagen Kohlegewebe hinein, weil der Winddruck die Scheinwerfer nicht zu sehr hochdrücken sollte. Nach der Montage wurde aber bereits klar, dass die Verkleidung abgestrebt werden musste. Für die Halterung an den ziemlich dicken Rahmenrohren drehte und fräste ich mir zwei Aluschellen, die sich sehen lassen können. Am Steuerkopf besitzt die Raptor von Haus aus zwei Befestigungspunkte für die Verkleidung. Daran wurden zwei angefertigte Alubleche mit elastischer Zwischenlage geschraubt. Die fällige TÜV-Abnahme ging ohne Probleme vonstatten.
Auf Katzebuckelpflaster machte sich die Elastizität nun zwar durch etwas wackeln der Verkleidung bemerkbar, dafür ist bisher noch keine Birne zerstört worden. Die Verlegung des Kabelstranges zu den Scheinwerfern musste geändert werden, damit er beim Lenkereinschlag nicht geknickt wird. Ansonsten sind die Verarbeitung und das Material trotz aller Verspieltheit gut. Mit 207 kg Trockengewicht ist die Cagiva Raptor 1000 leicht zu handhaben.
Die Kupplung ist sehr leichtgängig, das Getriebe ist leicht und präzise zu schalten. Das Fahrwerk kann immer mehr als ich, allerdings muss man mit der Gashand verantwortungvoll umgehen, sonst wird die Fuhre schon ganz schön giftig. Nach einiger Zeit wird man bemerken, dass sich das Überholverhalten geändert hat. Durch den enormen Durchzug des Motors hat man wesentlich mehr Spielraum und ist sehr zügig an den anderen Fahrzeugen vorbei. Mit der stilbewussten Sozia läuft die Maschine nun 235 km/h.
Die Cagiva hat serienmäßig einen Einspritzmotor mit Abgasrückführ-ung, Stahlflexbremsleitungen, 43er Upside-down Gabel, einen tollen Gitterrohrrahmen, gute Bereifung, zuverlässige Technik und einen Top-Preis.
Für mich ist die umgerüstete Cagiva Raptor 1000 ein Universalgenie. Unwissende werden zunächst von dem Herstellerschild am Steuerkopf verwirrt, denn dort steht MV-Agusta, aber eingeweihte erkennen die feine Arbeit, die ich an der Cagiva geleistet habe.