aus bma 12/11 – Reisebericht

Text: Mike Moors, Anchorage, Alaska
Übersetzung Matthias Hurst

Bolivien SeedurchfahrtMit dem Motorrad in die Alpen, nach Spanien oder Norwegen – das haben viele von uns schon erlebt und viel Spaß gehabt. Mal alleine, mal als organisierte Gruppe. Abenteuerlicher sind Reisen auf anderen Kontinenten, wie z.B. Indien oder Südamerika. Reiseveranstalter nehmen hier Biker an die Hand, denen Individualreisen zu abenteuerlich sind. BMA – nicht zu verwechseln mit dem bma, den ihr gerade lest – führt Reisen in Bolivien durch.

WANN & WO

Im Hochland von Bolivien ist der April die Übergangszeit vom nassen Sommer zum trockenen sonningen Herbst und Winter. Das ist der ideale Zeitpunkt eine Motorradtour zu machen, denn die unteren Höhenlagen sind grün und üppig bewachsen, während die Passhöhen abgetrocknet sind und damit der Erzfeind des Kradlers – der Matsch – komplett verschwunden ist.

Grandiose AussichtMotorad fahren ist natürlich das Jahr über in fast ganz Bolivien möglich, aber Herbst und Winter sind dafür die besten Jahreszeiten. Um diese Tatsache auszunutzen, konzentrierte ich mich auf das Übergangsgebiet zwischen dampfendem Dschungel und den bolivianischen Hochebenen (Altiplano). Das milde sonnige und trockene Wetter, die Kulisse der Anden, die großartige Kombination von historischen Kolonialstädten und indigener Kultur, üben eine starke Anziehungskraft auf Reisende aus der ganzen Welt aus.

DER TOURVERANSTALTER

Nach kurzer Suche im Web bin ich auf der Internetseite von Maarten Munnik’s Bolivia Motorcycle Adventures (BMA) hängengeblieben. Mein Motorrad-Kollege Mike und ich waren von der günstigen Preisgestaltung und der Flexibilität von Maartens Zeitplänen beeindruckt – und natürlich von seiner Qualifikation, hat er doch selbst auf dem Motorrad tausende von Meilen bei der Erkundung von 4 Kontinenten abgespult. Lest dazu mal sein faszinierendes Buch „100.000 Meilen Einsamkeit – Geschichten von der Straße“ und schaut euch die Bildergallerie auf seiner Website „Maarten’s World“ an.

Bolivien HängebrückeKANN MAN DIE TOUR ANPASSEN?

Wir waren nicht bereit, die volle 27-tägige „Discover Bolivia“-Tour zu machen und haben daher eine verkürzte Version von etwa 14 Tagen angefragt. Maarten zeigte seine kreative Seite und kam mit einem schnellen Gegenvorschlag: Er bot ein maßgeschneidertes 2-wöchiges Abenteuer durch das zentrale Hochgebirge und weiter zum südlichen Altiplano an. Genau das was wir eigentlich gesucht hatten. Schon am nächsten Tag kam per e-Mail ein detaillierter Tourenplan – und wir waren dabei.

Ich konnte meine Begeisterung kaum im Zaum halten, die 5-monatige Winterpause von meinen eigenen Motorrädern durch die Wildwest-Atmosphäre in Bolivien zu unterbrechen.

VORBEREITUNG

Als nächstes kamen die Details an die Reihe: Motorrad-Auswahl, Anforderungen an die Ausrüstung und welche Personenangaben und Dokumente für das Abenteuer benötigt werden. Alles wurde von BMA umfassend vorgegeben. Maartens Online-Ausrüstungsliste, seine Anweisungen und die Rechtsbelehrung legten alles klar und deutlich dar. Letztlich nahmen wir nicht viel mehr mit, als unsere eigenen Motorradklamotten und Kameras, sowie Freizeitkleidung, die wir in verschiedenen Lagen anziehen konnten, um den Bedingungen auf verschiedenen Höhenlagen – von subtropisch bis zu Hochgebirgspässen – gerecht zu werden.

Bolivien HängebrückeDas Werbematerial von BMA betont eine „Komm-einfach-her-und-fahr-los“-Philosophie, was unseren Vorstellungen entgegen kam. Wir buchten einen Flug nach Santa Cruz und bereiteten uns auf das bevorstehende Abenteuer vor.

ABFAHRT

BMA organisierte unseren Pick-Up vom Viru Viru International Airport, was nach einem stundenlangen Hintern betäubenden Flug ein besonders schätzenswerter Bestandteil ihres Services ist. Auf der Fahrt nach Samaipata, der Heimat-Basis des Unternehmens, gab einen ersten Vorgeschmack auf die saftigen Täler welche wir beim Anstieg, die zentralen Kordilleren hinauf ins Hochland erleben würden.

Die Unterkunft der ersten und letzten Nacht befindet sich bei BMA-Touren im wundervollen Bergdorf El Pueblito, von wo aus man eine schöne Aussicht auf das Samaipata Tal hat. Das nette Dörfchen mit seinen geschmackvoll dekorierten Häuschen, einer Kirche, einem Restaurant und einem Schwimmbad ist der ideale Ort sich zu entspannen und einen Zugang zum kulturellen Dorfleben Boliviens zu finden.

Tag 1 unserer Tour begann mit einer gründlichen Sicherheitsinstruktion durch Maarten, gefolgt von einer Einführung in den Umgang mit unseren jeweiligen Maschinen. Ich habe eine Suzuki DR 650 SE gewählt, etwas robustes zwischen Dualsport und Adventure-Riding. Der andere Mike hatte eine Kawasaki KLR 650, und Maarten eine Honda XR 650 R. Jeweils unterschiedlich in Motorisierung und Fahrverhalten und alle ohne Gepäcksysteme oder sonstigen „Abenteuer-Schnickschnack“, erwiesen sich die Maschinen auf der Tour als ideal für die Abfolge von verschiedenen Straßenoberflächen.

Wir beendeten unseren ersten Tag mit einem kleinen Ritt hoch nach El Fuerte, einem historischen Kernstück der Inka-Kultur, von welchem gesagt wird, dass es die größte vom Menschen geschaffene Steinstruktur auf den Amerikanischen Kontinenten ist. Dieses UNESCO Weltkulturerbe war schon 2000 vor Christus bewohnt. Das Hauptmerkmal dieser Stätte ist eine komplexe Kombination aus in Stein gemeißelten Götzenbildern, Sitzbänken, Becken, Trögen und Nischen, die den Alterungsprozess bemerkenswert gut überstanden haben. Nach der Rückkehr zur Oase El Pueblito und einem Abendessen im Stadtzentrum von Samaipata, haben wir uns entspannt zurückgelehnt und über das bevorstehende Abenteuer nachgedacht.

Verschneite Gipfel in BolivienDAS ERLEBNIS

Es würde zu weit gehen, jeden der 14 Tage unseres „Bolivianischen Abenteuers„ zu beschreiben, aber lasst uns wenigstens einen kurzen Blick auf den perfekten Motorrad-Urlaub werfen:

Wir fuhren am Morgen mit der Sonne im Rücken nach Westen, in Richtung des Ortes, wo Ernesto Che Guevara sprichwörtlich ins Gras gebissen hat.

Nach der kurvenreichen Asphaltstrecke nach Vallegrande und einem großartigen Chinesisch-Bolivianischen Mittagessen, ließen wir den Asphalt hinter uns und fuhren auf gewundenen, sandigen und steinigen Schotterpisten fast 3.000 Meter in die Höhe. Eine schöne Aussicht nach der anderen breitete sich vor uns aus, während wir den Einzylinder-Sound unserer Motorräder genossen.

MatschstreckeMaarten fuhr gewöhnlich voraus und wies auf Gefahrenstellen hin und natürlich gerade dann, als er aufhörte den besten Weg durch eine fiese Strecke tief zerfurchten Matsches zu zeigen, entschied sich Mike sein Krad auf eher ungewöhnliche Weise zu Parken: Horizontal. Maarten lief einfach zu ihm herüber, half ihm die Kawasaki aus dem Sog des Matschlochs zu befreien und erklärte wie der Rest der Strecke in einem eher „vertikalen Stil“ bewältigt werden könne. Es sollte aber nicht das letzte Mal sein, dass Maarten zur Hilfe kommen musste. Später an diesem Tag kamen wir in La Higuera an, wo wir in das süßeste kleine Hotel, das ich jemals gesehen habe, eincheckten. Aus den Ruinen einer alten Telegraphenstation erbaut, verströmt es Bolivianischen Charme und Komfort – zudem gab es ein vorzügliches Essen, welches in einem von Kerzen erhellten Raum serviert wird, weil es in dem kleinen Weiler von 10 Häusern keinen Strom gibt.

Bolivien BerglandschaftNach einer guten Nacht voll Schlaf – und einem noch besseren Frühstück – donnerten wir förmlich herunter in den Canyon des Rio Grande. Nach dem 1.200 Meter Abstieg, kamen wir an eine Hängebrücke, die über den mächtigen Fluss führte. Da außer uns hier niemand unterwegs war, entschlossen wir uns, uns mitten auf der Brücke zum Mittagessen niederzulassen. Während wir auf das Begleitfahrzeug mit unserer Verpflegung warteten, kühlten wir uns in einem kristallklaren Gewässer ab, welches das Gebiet von Santa Cruz von dem Chuqisacas trennt.

Auf sich windenden Schotterstraßen folgten wir für eine Weile dem Fluss und kamen dabei an gigantischen Kakteen, Baobab-Bäumen und gelegentlich auch indigenen Famlien, welche hier buchstäblich inmitten von Nirgendwo lebten, vorbei.

Als wir einen kleinen aber ziemlich heftigen Fluss überquerten, musste Maarten wieder die Rolle des Retters übernehmen, da Mike sich Mitten in der Furt entschied den Motor abzuwürgen. Ohne mit der Wimper zu zucken watete Maarten durch das ziemlich kalte hüfthohe Wasser, und half Mike das Motorrad an eine höher gelegenere und – was wichtiger war – trockenere Stelle, zu schieben.

Coca-Blätter auf dem MarktIch selbst nahm mir einfach ein Beispiel an Maarten und schoss mit Vollgas durch’s reißende Wasser – ich wurde dabei nicht mal nass. Nachdem Mike und Maarten das Wasser aus ihren Schuhen geleert, und ihre Füße getrocknet hatten, fuhren wir immer weiter nach oben – von 900 Meter auf über 2.500 Meter, wo wir im indigenen Dörfchen Nuevo Mundo eine Pause einlegten. Dort wurden wir von einem sehr kleingewachsenen Mann begrüßt, der nur noch 3 Zähne hatte und nicht mehr aufhörte uns zu umarmen, bis wir uns auf die letzten Meilen nach Villa Serrano, dem letzten Ziel für diesen Tag, aufmachten. Villa Serrano ist ein typisch Bolivianisches Bauernstädtchen. Auf dem größten Platz haben sie sogar einen Galgen, der – wie ein Schild besagt – für die Feinde der Stadt gedacht ist. Außerdem ist das Städtchen der Geburtsort der Charango, einer kleinen 10-saitigen Gitarre, weswegen wir dort einfach einen der Orte besuchen mussten, wo diese kleinen Kunstwerke gefertigt werden.

Der Eigentümer der kleinen Fabrik hatte anscheinend mehr Spaß daran, für uns zu spielen und zu singen, als sein Produkt herzustellen und zu verkaufen.

Uyuni-ZugfriedhofUnser Abenteuer ging am nächsten Tag weiter: Mit Überraschungen und jeder Menge Spaß. Dies besonders deshalb, weil die Straßen im Hochland von Bolivien dem Wort „kurvenreich“ eine neue Bedeutung verleihen: Das hier ist wirklich ein „Motorrad-Mekka“ – mindestens 60% Schotterpiste und eine beinahe unendliche Serie von Serpentinen, Steigungen und Abfahrten durch atemberaubende Bergtäler, landwirtschaftlich genutzte Felder und winzige Dörfchen.

Benzin-Nachschub ist eine Herausforderung im Hinterland von Bolivien – so wie eigentlich überall in Südamerika. Wir tankten wann immer es möglich war, aber unser As im Ärmel war das BMA-Begleitfahrzeug, das uns wie ein Schatten folgte, und uns aufmerksam aus seiner aus Benzinkanistern bestehenden Lebensader versorgte.

Durch die dauerhaften Anforderungen auf den Schotterpisten des Hinterlands, vibrieren Teile des Motorrads bis sie locker sind, oder – was noch schlimmer ist – sie fallen sogar ab und gehen verloren. Maarten und Erwin behielten die Maschinenteile gut im Auge, um diesen Prozess zu minimieren. Bei hohem Tempo auf der Straße, während Pausen entlang der Strecke und vor jeder morgendlichen Abfahrt wurden unsere Motorräder stets genau geprüft und in beruhigender Weise in Top-Zustand gehalten.

ZUSAMMENFASSUNG

Es gibt vielleicht andere Unternehmen in Bolivien, die Motorrad-Touren veranstalten, aber nach unserer sehr guten Erfahrung kann ich mir nicht vorstellen, dass diese hinsichtlich Flexibilität, Kundenservice, Erfahrung und Support mit BMA mithalten können.

Mehr Bilder und Infos gibt’s unter www.boliviamotorcycleadventures.com