aus bma 06/05
von Jörg van Senden
Als ich auf die Suche nach einem neuen Motorrad ging, hatte ich bereits konkrete Vorstellungen, welche technischen Merkmale die neue Anschaffung erfüllen sollte.
Mit nicht besonders viel Fahrroutine legte ich Wert auf ABS. Die Steuerflausen der Politiker im Hinterkopf, wollte ich zukunftsorientiert ein Motorrad mit Einspritzung und geregeltem Kat, um nicht später zu den Melkkühen der Nation zu gehören (Lieber Gummikuh als Melkkuh). Des weiteren war mir eine wartungsfreie Kraftübertragung zum Hinterrad wichtig, sowie eine zeitlose und klassische Optik. Und viel Geld ausgeben wollte ich eigentlich auch nicht.
Nach eingehendem Studium eines Motorrad-Gesamtkatalogs für das Jahr 2001 führte mich mein Weg Ende 2000 direkt zu meinem BMW-Dealer in der Nähe. Während die GS, RS, RT, und LT-Modelle mich durch ihre Größe und Gewicht abschreckten, war die nackte R in ihrer schlichten Erscheinung Liebe auf den ersten Blick. Um es vorweg zu nehmen, die R 1100 R hat alle meine Vorstellungen von einem Motorrad mehr oder weniger erfüllt, nur die Preisvorstellung wurde erheblich übertroffen.
Die Gebrauchten sind enorm wertstabil, so daß noch nach zwei bis drei Jahren ein Preis erzielt wird, der nahe am Neupreis liegt, zumindest bei guter Pflege. So entschied ich mich letztendlich für eine Neue. Ich erwischte noch eine der letzten 1100er Sondermodelle „Elfenbein”, die mit diversen Chromteilen und handliniertem Tank überaus schön glänzten. Fehlt nur die Sonderausstattung. Eigenlich gibt es nichts, was es nicht gibt. Das Originalzubehör deckt fast alle Wünsche ab, dazu bieten zahlreiche Fremdanbieter ihre eigene Auswahl an Zubehörteilen, speziell für diese Maschine. Zu meiner Auswahl gehörten ein verchromter Lima-Deckel, ABS, Heizgriffe, Speichen- statt Alugußräder und ein Koffersatz. Da die Ölkühler wie Segelohren abstehen, ist die Feinverippung stark durch dicke Brummer gefährdet. Ich habe deshalb zusätzliche Schutzgitter vor die Ölkühler gesetzt.
Da der Motor gut zugänglich ist, kann man mit etwas Erfahrung vieles leicht selber machen. Die Ersatzteilversorgung ist bisher immer problemlos gewesen. Sollte die Wartezeit auf ein Originalteil zu lang sein, kann man für viele Bereiche auch auf Fremdzulieferer zurückgreifen. Bis auf einen Satz undichter Simmerringe an der Vorderradgabel hatte ich bisher keine Reparaturen außerhalb der Inspektionen, die alle 10.000 km mal Inspektion und mal Pflegedienst genannt werden. Das Problem einer leicht undicht werdenden Gabel habe ich auch schon von anderer Kuh-Treibern gehört.
Das „Gummikuh”- Verhalten weist die R 1100 R dank Telelever und Paralever aber nicht mehr auf. Das Handling ist somit unproblematisch. Durch individuelle Anpassungen kann die BMW von jedem ab ca. 1,7 m Körpergröße beherrscht werden. Auch im Soziusbetrieb ist das Fahrwerk gutmütig und bietet außreichende Reserven, sogar mit zusätzlichem Gepäck. Allein das 5-Gang-Getriebe macht mich nicht besonders glücklich. Die Gänge sollten bereit vor Kurven sortiert sein. Das Schalten erfolgt mit krachenden Geräuschen, besonders das Einlegen des ersten Gangs klingt oft so, als würde man einen Apfel in einen Blecheimer werfen. Inzwischen bietet BMW bei den Nachfolgemodellen eine verbesserte 6-Gang-Schaltbox an. Trotz allem gelten die Boxermodelle von BMW als nahezu unkaputtbar. Das Motorrad zieht mit seinem 78 PS Vierventiler in jedem Drehzahlbereich kraftvoll durch, wenn gefordert sogar bis über 200 km/h und 6750 U/min. Dann wird es jedoch sehr ungemütlich. Das eigentliche Revier der R 1100 R ist die Landstraße. Hohe Drehzahlen sind normalerweise nicht nötig und werden ab 4000 U/min mit Vibrationen quittiert, ohne unangenehm zu werden. Das höchste Drehmoment liegt bei 5250 U/min mit 97 Nm an. Bei entspannter Fahrweise kommt die Maschine mit fünf Litern Superbenzin aus. Nervtötend kann zuweilen das bekannte Teillastruckeln werden, dem nur mit penibler Synchronisation der Drosselklappen und speziellen Zündkerzen beizukommen ist. Aber auch hier hat BMW inzwischen nachgebessert und liefert seine neuen Modelle mit einer Doppelzündung aus.
Die Verarbeitung der Maschine ist gut. Nur vereinzelt ist etwas Rost an einigen Schrauben zu finden. Und das ist auch gut so. Haben eben diese Schrauben doch als gewichtiges Argument gedient um meine Frau zu überzeugen, daß meine „Lieselotte” im Wohnzimmer überwintern darf. Die zu Wänden und Polstern passende Lackierung hat sich dabei übrigens auch positiv auf die Überredungsdebatte ausgewirkt… .
Eine Winterinspektion im wohlig geheizten Zimmer mit einem heißen Glühwein ist auch viel gemütlicher. Voraussetzung dafür ist natürlich ein sauberes Bike, sonst gibt es Ärger. Kardan sein Dank entfällt schon eine Schmutzquelle. Der Rest der Maschine ist leider oft nicht so sauber, weil der Frontfender zu kurz geraten ist. Der vom Vorderrad hochgewirbelte Schmutz landet direkt an Motorblock und Hauptständer. Letzter leidet stark unter Steinschlag. Der Motorblock ist schwer zu reinigen, da er durch seine Verippung schlecht zugänglich ist, und der Schmutz sich durch die Hitze des Motors geradezu einbrennt.
Das ABS arbeitet bei der R 1100 R noch mit zwei getrennten Kreisen für vorne und hinten. Gut so, denn so lassen sich die Bremsen gefühlvoll dosieren und beißen, wenn nötig, ordentlich zu. Die Elektonik regelt das Bremssystem nach jedem Startvorgang neu ein. Das funktioniert jedoch nicht immer, da der Einregelvorgang die volle Batteriespannung voraussetzt. Die Originalbatterie hat nach der hohen Belastung durch der Anlasser und die Benzin- und Einspritzpumpe oft Mühe, die Spannung zu halten. Mehrere Startvorgänge sind dann nötig, bis die ABS-Funktionslampen erlöschen. Abhilfe schaffen Gel- oder Reinbleiakkus.
Die Amaturentafel der R 1100 R gestaltet sich komplett und übersichtlich. Tacho, Drehzahlmesser und Uhr sind mit Chromringen ein- gefaßt. Nirgendwo digitaler „Schnickschnack”.
Mit der Erstbereifung, Metzeler Z1/Z2, habe ich bereits 14.000 km zurückgelegt. Dem Verschleißbild werden sie wohl noch weitere 5.000 km halten, was auch an meinem Fahrstil liegt. Sollte unterwegs mal ein Reifen schlapp machen, so befindet sich im hochwertigen Bordwerkzeug ein Satz Flickzeug mitsamt Pressluftpatronen.
Wenn ihr nun darüber nachdenkt, Euch vielleicht auch so ein Motorrad anzuschaffen, möchte ich Euch noch einen Rat mit auf den Weg geben: Laßt Euch die Zeit, ein Exemplar zu finden, das genau so ist, wie Ihr es haben wollt. Ihr werdet Eure R 1100 R mit hoher Wahrscheinlichkeit nämlich sehr, sehr lange fahren.
Und das Beste kommt erst noch am Schluß: Dieses Motorrad macht wirklich glücklich!
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Kommentare
5 Kommentare zu “BMW R 1100 R”
Hallo R 1100 R Freunde/ -innen,
meine rste BMW habe ich 1992 neu gekauft, eine R 100 R. Die habe ich 21 Jahre gefahren. Oft bepackt mit 2 Personen und vollem Camping Gepäck. Ab in die Alpen nach Norditalien. Dann habe ich Vollhorst dieses tolle Motorrad verkauft – dafür könnte ich mich jeden Tag in den A…. treten.
Dananch folgten 7 oder 8 anderen BMW,s R 1100 S, K 1200 RS, R 1100 RT, R 850 R, K 1200 S, R 1200 ST,…..und so weiter.
Vor 2 Wochen hav´be ich (fast) zufällig eine R 1100 R mit 13.500 km gefunden, 3 Vorbesitzer, TÜV abgelaufen, Reifen überaltert, Bat. tot. Aber alles egal, Gott sei Dank hat die R Heizgriffe und KEIN ABS:
Ja wie freue ich mich darauf, MEINE BMW abzuholen und den Winter über alle Öle und Flüssgkeiten auszutauschen.
Motoröl, Getriebeöl, Gabelöl,……
Neue Michelin Pilot Road 5 drauf und ab geht die Post.
DIE BLEIBT DANN HIER, bis „wir beide ins Gras beißen“.
Wer hat noch Ratschläge für Wartungsarbeiten die ich nicht geplant habe?
Gruß Frank
Moin Frank.
Glückwunsch zur R 1100 R 🙂
Die hatte ich auch mal, außerdem an Vierventilern die 11er GS und eine 850 R
Wegen deiner Frage zu sonstigen Wartungsarbeiten:
Überprüfe gewissenhaft alle Gummiteile, speziell auch die Überzüge des Kabelbaums!
Ich habe mir letztes Jahr eine 1996er R 80 GS Basic geholt, auch nur knappe 18 tkm gelaufen und viel gestanden.
Da lösten sich verschiedene Teile des Kabelbaums beim Anfassen in Krümel auf.
Bougierrohr gibts aber als Meterware.
Auch die Gummis im Kardanbereich und die Funktion der Bremspumpen genau prüfen.
Die Gummi-Bremsleitung habe ich auch getauscht gegen Stahlflex.
Austausch von Gummileitungen alle 10 Jahre ist m.W. normal.
Luftfilter prüfen, die zersetzen sich bisweilen oder werden von Nagern angefressen.
Ich würde ihn pauschal neu machen.
Tank innen prüfen.
Der Benzinfilter sitzt m.W.n. an der Pumpe.
Die Pumpe selbst kann korrodieren, wenn nicht trocken und gut belüftet gelagert.
Elektrische Steckverbinder auf Korrosion prüfen.
Ölwechsel im Endantrieb nicht vergessen.
Gabelölwechsel ist m.W.n. nicht vorgesehen, die Gabel ist wartungsfrei, die Holme laufen in Nylonbuchsen.
Federung und Dämpfung übernimmt der Stoßdämpfer des Telelevers.
Staubkappen der Gabel auf Risse prüfen.
Hol dir eine originale BMW Reparaturanleitung oder das Reparaturhandbuch aus dem Delius Klasing Verlag.
Ansonsten: Viel Spaß mit der R.
Ob mit oder ohne ABS, die ist ein gutes Moped.
ABS-Modelle laufen auch problemlos, wenn man die Wartung gewissenhaft macht.
Viele Grüße,
Marcus
Hallo Frank, ich habe eine R1100R Bj. 99, die ich mit 38, 5 Tsd vor 11 Jahren gekauft habe. Mittlerweile hat sie 95tsd drauf. Markus hat ja die wichtigsten Sachen schon genannt. Typischerweise verabschiedet sich der Anlasser zwischen 60 und 70 Tsd. Bei mir waren auch die bremsleitumgen fällig und sind nun aus stahlflex. Die würde ich jedenfalls tauschen. Wichtig ist die Schmierung der tachoschnecke bei jedem radwechsel und Getriebe, sowie kardanöl regelmäßig zu tauschen. Hier empfiehlt sich auch der Einsatz von hochwertigem Getriebe Öl z. B75 w 140 statt 75 w 90, da vor allem der kardan ein sehr stark belastete Teil ist. Die Getriebe sind bei den bmws auch etwas anfällig, da macht es auch Sinn das bessere Öl zu verwenden. Energie release als Zusatz macht hier auch nochmal viel Sinn. (wird im Rennsport als reibunsverminderer verwendet) die Kupplungen geben gerne ihren Geist auf bei ca 70tsd. Da habe ich aber die Vermutung das sie von Werk zu sehr auf Verschleiß Also zu eng eingestellt sind. Das würde ich dann einfach mal überprüfen. Meine hat jedenfalls noch keine Ausfallerscheinungen. Die Gummis sind allgemein etwas alterungsanfällig. Hier kann regelmäßige gummipflege helfen. Öl fahre ich seit Jahren das 10 w 60 racing von liqui Moly, seitdem ist Der Ölverbrauch von 0,5 auf 1tsd auf fast Null runter gegangen. Wichtig vor allem bei hohen Temperaturen oder Fahren in den Alpen mit hoher Belastung, halt immer da wo das Öl dünn wird. Das gabelöl macht jedenfalls auch Sinn, haste ja geschrieben. Sonst fällt mir gerade nix ein, was hier noch dringend wäre. Viel Spaß mit dem Moped, meine fahre ich jedenfalls noch sehr lange. Grüße aus der Pfalz von Wolfgang bei Kaiserslautern
Meine R 1100 R wird nun 25 jahre alt und hat bald die 100.000 km geknackt. Mit 85.000 km hab ich sie gekauft und bald kam die erste Kupplung, wie mir mein Techniker bestätigte. Der Ölverbrauch ist minimal bei 0,1 l/1000 km.
Die Maschine macht einfach nur Spaß, und auf Reisen macht sie geradezu süchtig.
Das Durchzugsmoment beim Überholen macht nur Spaß, gerade dann, wenn die Maschine gemütlich und ruhig knurrt, während andere Brüllmücken mit ohrenbetäubendem Lärm daherkommen.
Ich denke, weil sie so robust ist, stehen die Reparaturkosten im Verhältnis.
BMW eben.
Guter Bericht
Hallo Jörg,
habe gerade deinen Bericht gelesen und kann vieles von dem was du schreibst bestätigen.
Habe mir vor 3 Monaten auch eine R1100R gekauft, allerdings den Vorgänger mit dem anderen Cockpit und ohne ABS (32000 km).
Bin aber sehr (bis auf ein paar Kleinigkeiten) mit der Maschine zufrieden.
Der Motor ist für seine 78 PS bärenstark und das Fahrwerk verhält sich sehr neutral auch bei starker Schräglage.
Reparaturen könnten allerdings sehr teuer werden, wenn mal etwas kaputt ist.
Gruß
Auric