aus Kradblatt 10/17
von Antje Gröger

30. Geburtstag einer BMW R 100 RS

Antje und ihre BMW R 100 RSJedes Jahr im Frühling, wenn die ersten Biker auf den Straßen zu sehen sind, kribbelt es in meinen Fingerspitzen und ich freue mich total auf „Meine Weiße“. Ja, sie gefällt mir immer noch so gut, wie am ersten Tag, als ich sie beim BMW-Händler in meiner früheren Heimat in der Ausstellungshalle sah. Strahlend, ästhetisch und sportlich zugleich.

Seit meinem 16. Lebensjahr bin ich auf zwei Rädern unterwegs. Zunächst mit einer Herkules Ultra II (damals Kleinkraftrad genannt), dann mit 18 Jahren mit einer BMW R 45, mit der ich meine ersten Boxer-Erfahrungen sammelte. Zwei nette Typen aus meinem Dorf hatten sich ein halbes Jahr zuvor an der Mosel tot gefahren, da sie vom Mofa auf schnelle Maschinen umgestiegen waren und sich völlig überschätzten. Das war mir eine Lehre. Obwohl es noch nicht vorgeschrieben war, blieb ich für zwei Jahre bei meiner 450er.

„Meine Weiße“ – eine BMW R 100 RS – stand mit genau 10.000 Kilometern auf dem Tacho und einem Jahr auf dem Buckel im Mai 1988 vor mir. Ein Werksangehöriger hatte sie in München eingefahren und nun stand sie in Gießen und ich wusste: „Das ist sie!“ Den Kaufvertrag habe ich sofort unterzeichnet und während der Semesterferien stand ich täglich um 4 Uhr morgens auf, um in einer 30 Kilometer entfernten Fabrik am Band Scheibenwischermotoren für Mercedes zusammenzubauen. Ich brauchte schließlich das Geld.

Ich habe diesen Kauf nie bereut! 29 Jahre begleitet sie mich! Selbst in schwierigen Zeiten (und davon hatte ich viele) hätte ich sie nie verkauft. „Meine Weiße“ und ich sind ein Superteam. Wir haben den Westerwald und Taunus, den Schwarzwald und die Schweiz, das Elsass, Lahn, Mosel, Rhein und Loire abgefahren. Wir waren sogar in meiner zweiten Heimat, der Bretagne und in Norwegen und Schweden.

In Schweden hatte ich einen Unfall in einer ungesicherten Baustelle. Den Schotter auf der Straße habe ich zu spät erkannt und es ging in den Graben. Leider lag dort, gut zugewachsen, ein ziemlich großer Stein. Mir ist nicht viel passiert, obwohl ich einen richtig hohen Salto um eine Tanne herum gedreht habe. Aber „Meine Weiße“ hatte es richtig erwischt. Die Vorderachse war rausgerissen, der Rahmen verzogen. Für mich gab es keine Frage – sie sollte wieder aufgebaut werden. Also vom Westerwald über Dänemark und die Fähre nach Schweden, die auf einer Palette fixierte Maschine in den Transporter geladen und zurück zur Werkstatt nach Gießen. Zu zweit in nur zwei Tagen!

Mit neuem Rahmen, Cockpit inklusive neuem Tacho, neuer Vorderachse und neuen Reifen ausgestattet, war sie wieder die Alte. Eine Beule am Tank erinnert heute noch an den Unfall und ist mir immer eine kleine Warnung, vo­raus­schauend zu fahren.

Seit 1990 lebe ich im schönen Schleswig-Holstein. „Meine Weiße“ schnurrt wie immer und braucht nach wie vor von Inspektion zu Inspektion keinen Tropfen Öl. Ich liebe es, mit ihr gemütlich durch die Rapsfelder und an den Küsten der Nord- und Ostsee entlangzutuckern.

Seit drei Jahren wird sie begleitet von einer BMW K 1200 RS, die einen sehr lieben Besitzer hat. Und wie kann es nicht besser passen – die K ist schwarz.

Black & White touren nun gemeinsam durch das Leben. Aktuell zeigt der Tacho der Weißen 198.039 km und ich freue mich darauf, bald die 200.000 km zu überfahren! Die schaffe ich noch in diesem Jahr …

PS: Ich habe den Artikel auch an BMW geschickt und nette Rückmeldung bekommen. Unter anderem Material, in dem zu sehen ist, dass meine Weiße das erste Motorrad in der BMW-Geschichte war, das mit einer im Pininfarina-Windkanal entwickelten Vollverkleidung ausgestattet wurde.