aus Kradblatt 2/15
Text: Marcus Lacroix
Fotos: Johannes Richardt, Jörg Künstle, Marcus Lacroix, Friedrich Wiese, Björn Gramm

Kleine Winterflucht nach Andalusien ins BMW Motorrad Test Camp 

Der Winter ist bekanntlich eine Zeit, in der motorradlose Menschen besonders zu Depressionen neigen. Da kann man aber doch etwas gegen tun …

In der Nacht zum 2. Januar prasselt der Regen an die Fensterscheibe, stürmische Böen zerren am Hausdach, ich liege glücklicherweise im kuscheligen Bett. Dreckswetter – kaum vorstellbar, dass ich morgen schon bei frühlingshaften Temperaturen auf dem Motorrad sitzen soll und so dem Winter-Blues entfliehe.

Hamburg, 7 Grad und Sprühregen, AirBerlin hebt planmäßig um 11 Uhr ab. Palma de Mallorca, 16 Grad und Sonne, die Frisur sitzt. Umsteigen in den Flieger nach Alicante und von da geht’s mit dem Bus weiter zum Ziel nach Mojácar Playa bei Almeria. 20 Grad zeigt das Thermometer, in der Sonne sind es sicher mehr …

In Almeria, einer der Städte mit den meisten Sonnenstunden in Spanien, erwarten mich nicht nur das BMW Motorrad Test-Camp von Bike Promotion, sondern neben diversen Pressekollegen auch Produkte aus dem 2015er Bekleidungs- und Helmprogramm von Louis und Nolan/X-lite, Reifen von Metzeler, GoPro-Actionkameras, Zubehör von Touratech und Öle von Motorex. Der geneigte Leser ahnt es, wir sind nicht aus Spaß in Spanien, das wird harte Arbeit! Zweieinhalb intensive Fahr-Tage auf der aktuellen BMW-Modellpalette und das Testen von Bekleidung & Zubehör stehen auf dem Plan. Vermutlich wird sich euer Mitgefühl angesichts der beschriebenen Strapazen in Grenzen halten, aber Arbeit darf doch auch Spaß machen, oder?! Die Kradblatt-Facebook-Fans waren fast live dabei und unter dem Hashtag #almeria
pressevent findet man viele Bilder im Netz.

ParkgarageDie Location: das BMW Motorrad Test-Camp ist keine exklusive Geschichte, in dem nur Firmen ihre Präsentationen in passender Umgebung durchführen und reihenweise Pressefuzzis durchgeschleust werden. Jeder kann dort buchen, alleine oder in Gruppen und das angebotene Programm ist wohl unvergleichbar. Gefahren wird natürlich ausschließlich mit den aktuellen Motorrädern und Rollern der BMW-Produktpalette.

Bei der Eröffnungsansprache meinte ich noch mich verhört zu haben doch als wir die Tiefgarage unseres Vier-Sterne-Hotels Marina Playa betraten traute ich meinen Augen kaum: 250 (in Worten: zweihundertfünfzig!) BMWs warten dort auf ihre Reiter. Die Vielzahl ist nötig, da die Gäste weitestgehend frei für die angebotenen Aktivitäten ihre Maschine wählen können. Die nagelneuen R 1200 RS und S 1000 XR waren Anfang Januar allerdings nicht dabei, da die offizielle Präsentation noch ausstand.

Landstrasse R 1200 RNeben geführten Touren auf tollen Landstraßen entlang der malerischen Küste und durchs landschaftlich wie fahrerisch beeindruckende Hinterland können Renntrainings auf dem Circuito de Almeria sowie Geländeausflüge gebucht werden. Das alles auf Wunsch als „Rundum-sorglos-Paket“ inkl. Flug und Hotel und für Gruppen (z. B. Fir­men­events) auch individuell angepasst. Für gestresste Berufstätige ideal! Interessant ist die Möglichkeit, die Programme zu mischen. So z. B. einen Tag Landstraße zum Eingrooven und einen Tag Rennstrecke oder offroad zum sportlichen Beißen.

Meine Wahl für den ersten Tag fiel auf die Landstraßentour am Vormittag, die Café Racer-Tour am Nachmittag und am zweiten Tag morgens die Rennstrecke und nachmittags das Offroad-Programm. Ich wollte überall mal reinschnuppern.
Die erfahrenen Tourguides von Bike Promotion bereiteten alles perfekt vor und da in unserem Fall alle Teilnehmer „vom Fach“ waren, ging es entsprechend flott voran. Das BMW Test-Camp kann aber natürlich auch von Fahranfängern gebucht werden und die Gruppen werden so zusammengestellt, dass jeder zu seinem (Fahr)Spaß kommt. „Wiederaufsteiger“ können ein Programm mit Sicherheitskomponenten buchen und selbst wer keine eigene Bekleidung hat, kann vor Ort aus dem BMW-Sortiment versorgt werden.

Pause„Meine“ Motorräder: Für die erste Tour wählte ich meinen Favoriten, die neue BMW R 1200 R, die mich optisch voll anspricht. Unterwegs tauschte ich mit einem Teilnehmer gegen die F 800 GT. Die Café Racer-Tour wurde selbstverständlich stilecht von allen mit der BMW R nineT gefahren. Auf der Rennstrecke steht ausschließlich die BMW S 1000 RR zur Verfügung, in unserem Fall mit verschiedenen Metzeler Sport- bzw. Rennreifen bis hin zum Slick. Für die Off­road-Tour griff ich unter den vielen GSen zur kleinen F 700 GS, die mit dem recht groben Metzeler Karroo 3 und u. a. einem Touratech Koffersystem ausgestattet war. Bei der Landstraßen-Abschlussrunde durfte dann die nackige S 1000 R ran. Durch Tauschmöglichkeit mit anderen Tourteilnehmern konnte man sich nicht nur ein gutes Bild von den Maschinen machen, sondern aufgrund verschiedener Metzeler-Bereifung diese auch direkt vergleichen.

Cafe am MeerAlle Maschinen im Camp haben Vollausstattung. Wer sich eine BMW kaufen möchte, aber nicht wirklich weiß was ihm liegt, fühlt sich wie im Schlaraffenland. Solche Probefahrtmöglichkeiten kann natürlich kein Motorradhändler bieten und alleine dadurch kann sich der Kurztrip schon lohnen.

Und wie gefielen mir „meine“ Maschinen? Also: die R 1200 R macht Spaß, keine Frage. Sieht gut aus, fährt gut, bremst gut aber so richtig sprang der Funken bei mir leider nicht über, was aber auch an der Vollausstattung mit dem ganzen elektronischen Spielkram liegen mag.

Völlig unterbewertet wird hingegen das Mauerblümchen F 800 GT. Aufsteigen und wohlfühlen, die Maschine passte mir auf Anhieb. Wenn die 1200er-Meute das Gas aufreißt, wird es zwar selbst mit runterschalten etwas eng, aber mal ehrlich – im Alltag ballert man doch ex­trem selten so rum. Für alle, die einfach nur, ohne einen auf dicke Hose machen zu wollen, Motorrad fahren möchten, mein persönlicher Tipp für die nächste Probefahrt!

Cafe TourMein absoluter Liebling war – und ist auch nach der Tour – aber die BMW R nineT. Tolle Optik, allemal ausreichende Fahrleistungen und das allerbeste: keine (gefühlt) 1000 Knöpfe an den Armaturen für alle (un)möglichen und nach meiner Meinung überflüssigen Spielereien, Infos und Modi-Änderungen. Mit der Meinung stand ich bei den Kollegen übrigens nicht alleine da! Einfach nur Motorrad pur, das macht Freude. Außerdem sitze ich super drauf und hätte die 9er am liebsten gleich von Almeria nach Oldenburg in meine Garage gefahren. Dazu hat die nineT noch einen tollen (etwas zu lauten) Sound, der in der Gruppe mit 10 Ninetten in Deutschland eher grenzbereichig wäre. In Andalusien gabs nach oben gereckte Daumen und alte Männer ließen sich in jugendlicher Pose von ihren Frauen mit dem Café Racer fotografieren. Viva la vida!

Adrenalin pur bot erwartungsgemäß die BMW S 1000 RR auf der Renne. Wir wurden von Instruktoren geführt und ich durfte mit zwei Kollegen Sabine Holbrook folgen (www.sabine3racing.ch, siehe auch Titelseite), die uns glücklicherweise nicht allzu hart ran nahm. Die 4025 Meter des Circuito sind echt cool, zwei nicht einsehbare Kurven über Kuppen und eine fiese Schikane, die ich bestimmt zu 70 % vermasselt habe (inkl. Kiesbettabkürzung). Zackiges Umlegen auf der Angst-Bremse klappt auch mit einer S 1000 RR nicht so gut. Dank Traktionskontrolle und Schaltautomat lädt man danach aus der Kurve heraus die rund 200 PS auf der langen Geraden voll durch. Unterwegs linste ich mal auf den Tacho und dort standen 267 km/h – leichtes Schlucken und schon war der Bremspunkt wieder erreicht, ABS-ANKER RAUS! Ganz ehrlich liebe Leser: Die S 1000 RR macht wirklich gaaaaanz viel Spaß, auf der Landstraße ist sie in meinen Augen aber so was wie die sprichwörtlichen Perlen für die Säue. Und für Renntrainings würde ich mir persönlich ein leistungsschwächeres Motorrad aussuchen. Die Kollegen, die nachmittags die Metzeler-Slicks ausprobierten, zeigten sich schwer beeindruckt um wie viel (noch) exakter sich die RR damit dirigieren ließ und die 280 km/h knackten sie noch. Für meine bescheidenen Fähigkeiten – die durch besagte Elektronik-Helfer schon deutlich erweitert wurden – reichte der Metzeler Racetec K3 mehr als aus und nachmittags saß ich schon auf der Enduro und wanderte damit durch eine unglaubliche Wildwest-Landschaft.

Gelaende F 700 GSDie BMW F 700 GS ist ein gutmütiges, vielseitiges Motorrad. Die Lenkpräzision beim direkten Umstieg vom Racer S 1000 RR auf die grob bereifte F fühlte sich allerdings an, wie der Griff in einen Pudding. Man gewöhnt sich aber sehr schnell um und in dem leichten Gelände, das teils steinig, teils sandig und auch mal mit kleinen Bachläufen durchzogen war, kommt man mit Maschine und Reifen sehr gut klar. Vorteile hat dort sicher das größere Vorderrad der F 800 GS, aber selbst die Fahrer der übergewichtigen R 1200 GS in Touratech-Vollausstattung buddelten sich mit den Metzeler problemlos überall durch. Kleinere Umfaller steckten Maschinen wie Touratech-Zubehör problemlos weg.

Bleibt noch die BMW S 1000 R: nach etwas Eingewöhnung kam ich ganz gut mit ihr klar. Liebe auf den ersten Blick war es aber weder optisch noch technisch und als recht laut empfand ich sie auch. Aber ich bin eh nicht so der Vierzylinder-Fan und so gesehen hat sie deutlich mehr Spaß gemacht als erwartet. Manche Kollegen bekamen auf der S/R das Grinsen hingegen gar nicht aus dem Gesicht – so unterschiedlich sind zum Glück die Geschmäcker.

Gelaende vor dem AnstiegGerne hätte ich noch mehr Maschinen gefahren, doch dazu war die Zeit zu knapp. Sehr begeistert zeigten sich alle, die den Elektro-Scooter C evolution gefahen haben. Und auch die vollverkleideten R 1200 RT und K 1600 GTL setzen sich auf den kurvigen Landstraßen gut in Szene.

Alle Infos zum BMW Motorrad Testcamp gibt es online unter www.bmw-motorrad-test-camp.com und beim freundlichen BMW-Vertragshändler. Bike Promotion hat noch mehr Events im Angebot, darunter auch Exklusives wie die Rennstrecke in Laguna Seca/USA. Klickt mal rein: www.bike-promotion.com.

Die Bekleidung: Für das Almeria Press Event wurden uns thematisch zu den Touren passend Bekleidung von Louis und Helme von Nolan/X-Lite zur Verfügung gestellt. Klar, dass niemand im Race-Einteiler die Café-Tour fährt. Verschiedene Teile aus dem Test-Sortiment werden wir euch in späteren Kradblatt-Ausgaben präsentieren, da eine halbtägige Probefahrt nicht wirklich reicht, um sich ein Bild zu machen. Gut gefallen haben mir in Almeria auf jeden Fall der neue Louis-Textilanzug Vanucci Okavango II und der X-Lite Klapphelm X-1003. Norddeutschland wird zeigen was dran ist …

Rennstrecke mit InstruktorDas Zubehör: Wie erwähnt konnte man diverse Metzeler-Reifen fahren. Ganz ehrlich: Ich habe mich auf allen wohl gefühlt und kann nicht sagen ob dieser oder jener auf der letzten Rille evtl. mehr Grip bietet. Dafür müsste man konzentriert auf einem abgesteckten Kurs fahren. Das macht aber ja auch im Alltag niemand. Die Gummis heutzutage können nach meiner Ansicht eh mehr als die meisten Normalfahrer.

Touratech präsentierte jede Menge Zubehör für Enduros – von stabilen Gepäcksystemen über sehr praktischen Kleinkram bis hin zu reinem Schnickschnack fürs Auge. Auffällig war die gute Verarbeitung. Das komplette Programm und den echt fetten 2015er-1924-Seiten-Katalog gibt’s unter www.touratech.de.
Motorex informierte umfangreich über seine Öle und von GoPro konnte man die neue Hero4 samt Zubehör ausprobieren – das würde hier aber definitiv den Rahmen des Artikel sprengen.

Rennstrecke PlanDie Region: Absolut besuchenswert! Der Wechsel zwischen blauem Mittelmeer und wüstenähnlichem, von Canyons zerfurchtem Hinterland ist unbeschreiblich. Die Straßen bieten ordentlich Grip und auch die Kreisverkehre, vor denen man uns gewarnt hat, lassen sich ganz normal fahren, wenn man nicht hirnlos am Gas zieht. Hotels gibt es gerade an der Küste reichlich und wer nicht mit dem eigenen Bike fahren möchte, findet verschiedene Vermieter im Internet. Ob man mit Bike-Promotion, einem anderen Anbieter oder auf eigene Faust fährt bleibt einem selbst überlassen. Das Marina Playa Hotel hat mir gut gefallen, ebenso die professionelle Organisation von Bike-Promotion. Allerdings sollte man sich den Hochsommer sparen, denn dann wird es in Andalusien wirklich heiß. Und die Landschaft im Herbst beschrieb ein Kollege mit „50 shades of brown“ (50 Braun-Schattierungen), denn mehr bleibt nach einem heißen Sommer nicht übrig. Winter und Frühjahr sind somit ideal.

Fazit: So ein Presseevent ist eine tolle Sache, zumal man endlich mal die Menschen hinter den E-Mails sieht – was bei mir für manche Überraschung sorgte (Gruß an Björn von Louis). Auf der anderen Seite ist es natürlich für die Firmen eine PR-Veranstaltung und auch erfahrene Journalisten (oder evtl. gerade die) müssen aufpassen, dass sie sich nicht einwickeln lassen. Das Wetter wirkte mit 20 Grad und strahlendem Sonnenschein wie bestellt und das Essen war natürlich auch richtig lecker. Im Rahmenprogramm trat die Hamburger Band „Jimmy Cornett & The Deadmen“ stilecht für uns in der Westernstadt „Mini Hollywood“ auf (in der Region wurden wegen der Landschaft viele Western gedreht). Wenn ihr die Chance habt die Jungs live zu sehen, geht hin!

Winterflucht ist klasse! Gerade im norddeutschen Winter ist so ein Trip die reinste Instant-Seelenmassage. Wer seine Tour familiärer und geländelastiger gestalten möchte, findet auch in Griechenland und Costa Rica Reiseziele von Anbietern die das Kradblatt unterstützen (siehe www.Enduro-Touren-Griechenland.de und www.enduro-vagabundo.com) und exotischer wird es mit Wheel of India, die Enfield Touren in Indien anbieten (www.WheelofIndia.deofIndia.de).