aus bma 4/09
von Pabi
Fotos: BMW/Pabi
Seit der Vorstellung der neuen K Baureihe im Jahre 2004 hat BMW satte 60.000 Stück der Kategorien 1200 S, R und GT verkauft. Bei der ersten Ausbaustufe, die nun, Anfang 2009, zunächst nur in der S und R Variante zu den Händlern kommt – die GT lässt noch ein wenig auf sich warten – stand deshalb Evolution statt Revolution im Lastenheft der Techniker ganz oben.
Trotzdem stockt erfahrenen BMW Treibern schon bei der ersten Griffprobe der Atem und wird ihr Weltbild auf eine harte Probe gestellt. Am rechten Stummel sucht der Daumen vergeblich nach der Betätigung für den rechten Blinker und erst recht nach dem Blinker-Ausschalter. BMW wird doch nicht? Doch, sie haben! Ein einsamer Knopf links an der Armatur regelt ab sofort alle Blinkerfunktionen. Links, Rechts, Aus. Einfach genial diese Bayern! Natürlich begnügte man sich nicht damit, ein 50 Jahre altes englisch-japanisches Bedienelement nachzubauen. Mit gelaserten Leiterbahnen funktioniert die Can Bus Elektrik nicht nur mit wesentlich geringerer Spannung, sondern benötigt auch weniger Platz. Was der K 1300 S zu wirklich schicken, schlanken, übersichtlichen Armaturen verhilft.
Sahnehäubchen ist das in Tupper-Kunststoff transluzent gehaltene Bremsflüssigkeitsbehältnis. Weitere optische Highlights sind das schmale LED-Rücklicht, die Lackierung in Lava-Orange, beziehungsweise Tricolor und ein wesentlich enger und sportlicher geschnittenes Kunststoffkleid. Soweit die offensichtlichen Änderungen zum erfolgreichen Vormodell.
Weniger leicht zu erkennen sind hingegen die Verbesserungen an Fahrwerk, Motor und Getriebe, die die Techniker vorgenommen haben, um dem Getriebe den Krach abzugewöhnen, das Ansprechverhalten zu verbessern und das Fahrwerk noch komfortabler und gleichzeitig sportlicher zu machen. Fast 5 Millimeter mehr Hub, bei nahezu gleich gebliebener Bohrung heben nicht nur den Hubraum um 150 ccm, sondern auch die Spitzenleistung auf 175 PS und vor allem das Drehmoment auf sagenhafte 140 Nm. Ein Leistungstsunami auf dem man gerne mitschwimmt. Sich manchmal sogar dabei ertappt, in den siebten oder achten Gang schalten zu wollen, denn schon ab 5.000 Umdrehungen im Sechser hängt das turbinenartige Aggregat derart agil am Gas, dass man meint, noch mal hoch schalten zu können. Oder zu müssen. Aber dafür gibt’s ja die Ganganzeige.
Apropos Hochschalten: Unsere Testmaschine in Lava Orange war mit dem Schaltassistenten, den es als Sonderzubehör in der BMW Kaufbar gibt, ausgestattet. Wer meint, daß das für ein Touren- oder Sporttourenmotorrad ein relativ unsinniges Rennsportgimick sei, mag auf den ersten Blick betrachtet recht haben. Wird sich aber der Wirkung dieses Zünd- und Einspritzunterbrechers nur schwer entziehen können. Unter Last ermöglicht das kleine Teil drunten am nun doppelt kugelgelagerten Schaltpin nämlich ein fast ruckfreies Hochschalten, bei dem die Drehzahl während des Schaltvorganges lediglich um 500 Umdrehungen abfällt. Im Gegensatz zu fast 2.000 Umdrehungen Verlust beim manuellen Kuppeln und Hochschalten. Einfach Gas stehen lassen und Schaltpin hoch ziehen. Die Sozia honoriert es mit helmkontaktfreier Mitfahrt. Und die anderen Kavalierstarter an der Ampel haben zudem das Nachsehen. Ein weiterer Benefit des Schaltassistenten ist der Klonk-lose Übergang in die nächst höhere Fahrstufe. Trotz aller Bemühungen der Techniker mit hinterschliffenen Getriebezahnrädern, neuem Kupplungsdruckzylinder und anderen Lammellen, den teilweise entsetzlich brutalen Geräuschen beim Gangwechsel entgegen zu wirken, mag das BMW Getriebe lange Leerlaufzeiten nicht. Lässt der Pilot sich beim manuellen Schaltvorgang zu viel Zeit, rumst es nach wie vor gewaltig in der Box. Also: Schaltassistent gleich mitbestellen, oder die linke Hand-Fuß Synchronisation trainieren.
Konstantfahrruckeln oder große Lastwechselreaktionen sind bei BMWs und ihren Fahrern immer ein Thema. Bei der neuen K 1300 S nicht. Dank neuem Mapping und einer Klappe im vergleichsweise wunderbar klein geratenen Auspuff geht das Leistungsmonument ab Standgasdrehzahl äußerst sanft zu Werke und brennt sein Feuerwerk, daß wir locker im Bereich der Hayabusa ansiedeln können, ganz fein kontrollierbar ab. Der Windschutz für den leicht gebückt, aber komfortabel sitzenden Fahrer ist bemerkenswert gut und wer bei 240 km/h den Hahn komplett aufreißt, wird merken, dass da noch reichlich Reserven an Gaszuglänge und Leistung vorhanden sind. Vor allem die Vehemenz, mit der die K 1300 in diesen Speedregionen noch beschleunigt, ist beeindruckend bis ehrfurchtgebietend.
Dass ABS, ASC, Heizgriffe und Außentemperaturanzeige Features sind, die durchaus ihre Daseinsberechtigung haben, erfuhren wir bei unserer Testfahrt am 5. Dezember von München zurück nach Bochum. Denn bei Temperaturen nur knapp über dem Gefrierpunkt freut man sich erstens über die Gewissheit, dass die Feuchtigkeit auf dem Asphalt eben noch nicht in den festen Aggregatzustand wechselt. Und sollte es denn doch mal glatt sein, hilft das ASC, die 175 PS highsiderfrei zu verwalten.
Ein wenig enttäuschend agiert das ABS-Integral-Bremssystem in Sachen feinfühliger Dosierbarkeit. Hier braucht es schon die ganze entschlossen zupackende Hand, um auf der Autobahn nicht im Kofferraum übermütiger Spurwechsler zu landen. Da wünschen wir uns ein wenig mehr Initialbiss. Auch mit einem Finger. Überraschend agil geht der 228 Kilo leichte Tourensportler zu Werke. Handlich wie ein Supersportler läßt sich das Münchner Eisen manövrieren. Was hauptsächlich am tiefen Schwerpunkt und dem strafferen, dank ESA II während der Fahrt einstellbaren, Fahrwerk liegt.
Insgesamt ist die Überarbeitung der K 1200 S sehr gelungen und dem weiteren Erfolg der K-Baureihe steht mit dem neuen Speedtourer K 1300 S nichts im Wege. Sogar der Preis ist mit 17.000 Euro durchaus im konkurrenzfähigen Bereich angesiedelt. Man erhält ein schnittiges, gut verarbeitetes, optisch sehr ansprechendes Eisen, das seine elektronischen Gimmicks sehr zielgerichtet zur Umsetzung seiner exorbitanten Motorleistung darbietet und nun nicht mehr mit total unsinniger dreiknöpfiger Blinkerbedienung nervt. Nicht zuletzt dürfte der heiser kreischende Sound BMW-Skeptiker begeistern.
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Kommentare
Ein Kommentar zu “BMW K 1300 S (Mod. 2009)”
Danke für die gute, detaillierte, subjektive Darstellung.