aus bma 02/06

von Wilhelm Riedemann

Das Leben ohne Motorrad ist möglich, aber sinnlos! Alles begann an diesem verhängnisvollen Samstag vor sechs Wochen, als sie das Motorrad meines Kollegen vom Betriebsparkplatz klauten. Gibt es wirklich keine Ehre mehr unter den Bikern?
Irgendwann sagte ich zu ihm: Nun hör schon auf zu heulen, mir rosten schon die Druckknöpfe an meiner Jacke, nimm meine Maschine, so bis Mitte September, und sei wieder froh. Es handelte sich um eine BMW K 100 RS, die schon fast 20 Jahre im Besitz meiner Sippe ist.
Und dann kamen die Mails: Ist ja gar nicht so übel, das Alteisen, willst du sie nicht verhökern? Steter Tropfen hölt den Stein, ich war sie los. Watt nu?
Im Auktionshaus meines Vertrauens fand ich sie, Tiger-Lilly, so was hatte die Welt noch nicht gesehen und dann, zwei Minuten vor Auktionsende – über 1040 Leute hatten geguckt – bietet kein Mensch. Die Kumpels stehen vorm Rechner, die Fingernägel bis auf den Grund runtergekaut, ich einen Beta-Blocker reingeschoben und geboten. Hat geklappt, zum Startpreis, unfaßbar!
Kumpel Werner hatte Zeit und einen guten Anhänger, ich hatte Kaffee und Frikadellen. Noch in der gleichen Nacht sind wir losgefahren bis in die Nähe von Speyer/Worms. Moped aufgeladen, Anhänger zu kurz, schräg drauf, und zurück. In der Nähe von Cloppenburg hat mich dann die Highway-Patrol in grün-weiß erwischt. Ich habe alles zugegeben, auch die Sache mit dem Überholverbot, und wir waren uns schnell einig, daß wir eigentlich auch nicht über die Geschwindigkeitsbegrenzung reden müssen. Das Spendenangebot, welches sie mir machten, war mehr als fair. Der Sheriff schrieb die Quittung, und kam ganz Nahe an mein Gesicht, und knurrte:„…und ab Ahlhorn können sie dann auch wieder überholen.” Ich verkniff mir eine Bemerkung.
Am nächsten Tag ging’s zur Zulassungsstelle. Meine liebe Frau N., das haben sie ganz hervorragend gemacht. Über 10 Minuten nur die Sondereintragungen eingetippt, und dabei immer nett geblieben. Jetzt habe ich sie mit in mein Nachtgebet aufgenommen und bin richtig stolz auf meinen zweiseitigen KFZ-Schein.
Für die Neugierigen unter uns: Es handelt sich um eine BMW K 100, Baujahr 1983 mit 112.000 km und einem Wulf Gerstenmaier Umbau. Ich war im September auf einem BMW-Treffen und hab keinen getroffen, der so etwas kannte. Und ein Hingucker ist sie schon. In Süddeutschland soll es sie häufiger gegeben haben. Und sie fährt echt gut, die alte Tigerkatze.
Hier noch etwas für die Technikfreaks: Es ist der original Rahmen, mit den normalen Felgen und Reifen, aber ein komplettes White-Power-Fahrwerk, das diesem alten Eisen eine super Kurvenlage vermittelt, eine genaue Lenkung und den bekannt guten BMW-Geradeauslauf. Das üppige Gewicht von über fünf Zentnern merkt man nur beim Rangieren. Da sind die Stummellenker von Baumeister etwas gewöhnungsbedürftiger. Es ist von der Fa. Baumeister zusätzlich noch eine zurückverlegte Fußrastenanlage angebaut, das Bremspedal und der Bremshebel sollen Sonderanfertigungen sein. Die Auspuffanlage ist von Gillet, eine BMW K1 oder späte K 100 RS Anlage.
Die Maschine ist, wie auf den Fotos zu sehen, komplett verkleidet, sogar mit dieser BMW typischen „Abschußrampe”, diese Verkleidungseinheit links und rechts vom Tank, die ein Hängenbleiben beim Unfall verhindern soll. Den Hersteller der Verkleidung, die Fa. Gerstenmaier, gibt es nicht mehr. Teile auch nicht. Es scheint sich bei der Tiger-Lilly um ein Einzelstück, die letzte ihrer Art, zu handeln. Die Einersitzbank kann gegen eine Doppelsitzbank ausgetauscht werden, die zusätzlichen Fußrasten sind derzeit nicht montiert. Die Scheibe ist von Polybauer, das beruhigt ungemein, falls Ersatz von Nöten ist. Die Armaturenaufhängung ist etwas ungünstig gelöst, da bin ich noch dran. Ansonsten finde ich den BMW-Kofferträger ganz nützlich, da ich keinen Tankrucksack auf dem Alutank montieren kann.
Eine Sache ist mir in der Zwischenzeit noch passiert, die wirklich dreist ist: Jemand mailte mich an, daß er die BMW unbedingt haben wolle, er akzeptiere jeden Preis. Der E-Mail-Kontakt plänkelte so dahin, wurde dann konkreter. Letztendlich schickte er mir einen Scheck zur Verrechnung über 5500 brit. Pfund, ausgestellt von einer Bank aus Newcastle. Ich vermutete natürlich eine Sauerrei, erzählte es überall rum. Ich ging zur Bank und sagte, daß es ist vieleicht Scheckbetrug sei, und die erzählen mir, wenn das Geld gutgeschrieben ist, ist es stornosicher und kann nicht zurückgebucht werden. Im Internet habe ich dann rumgewühlt und dort wurde ich auf eine Betrugsmasche aufmerksam. Potentielle Käufer melden sich auf Schrottfahrzeuge und überweisen ein Vielfaches des vereinbarten Betrags. Der Verkäufer soll eine Transportfirma per Western-Union bezahlen. Hinterher platzt der Scheck, ein Fahrzeug wurde noch nie abgeholt. Das Dreisteste war aber die Bank, die weiter behauptete, daß die Aktion stornosicher sei. Da war ich echt sauer, denn es kursieren seit Monaten Briefe im Bankwesen über genau diese Masche. Tja, der Scheck hängt jetzt auf’m Klo und sehr viele Menschen machen sich Gedanken, wie man an die fast 10.000 Euro ran kommt,
Der E-Mailkontakt gab nicht auf, wollte mir noch mehr Schecks schicken. Ich solle es bei einer anderen Bank versuchen. Ich habe dann aber ausschließlich auf Barschecks oder Cash bestanden. Seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört.
Wenn jemand noch so eine Wulf-BMW besitzt, möge er sich bei mir melden. Für Informationen über dieses Modell bin ich dankbar, und vieleicht macht mir ja jemand wieder ein Angebot, meine E-Mail: Hans.Quarz@web.de.