aus Kradblatt 7/24, von Marcus Lacroix

Thomas Meyer baut G/S-Replikas in Kleinserie
Thomas Meyer baut G/S-Replikas in Kleinserie

Als Gaston Rahier 1985 zum zweiten Mal in Folge die Motorradwertung der Rallye Paris-Dakar gewann, wurden Mensch und Maschine zu Legenden. Die Szene schwärmte von dem kleinen Belgier, denn er pflügte wie kein anderer durch die afrikanische Wüste. Sein Motorrad, eine speziell für die Rallye gebaute BMW R 80 G/S, wurde zur Ikone, weil es im wahrsten Sinne des Wortes unzerstörbar schien. Fast jeder Rallye- und GS-Fan träumte damals von dieser Maschine, auch wenn er niemals eine Rallye bestreiten wollte.

Gaston Rahier Autogrammkarte - legendäre Maschine
Gaston Rahier Autogrammkarte – legendäre Maschine

So erging es auch Thomas Meyer: „Als ich Januar 1985, mit 17 Jahren, die ersten Bilder dieser wunderschönen Maschine sah, dachte ich, ich hätte einen Schlaganfall!“

Manche Träume lassen einen zum Glück nicht los und Jahrzehnte später wird die legendäre Dakar-BMW von Thomas für einen exklusiven Kundenkreis in mühevoller Handarbeit nachgebaut. Exklusiv, denn eins ist klar: für den Preis einer handgearbeiten Replika bekommt man auch eine gut ausgestattete nagelneue GS der aktuellen Baureihe und Handarbeit dauert!  

Zu Hause, in einem kleinen Dorf in der Nähe von Hamburg, ist Thomas Meyer vor allem als Inhaber eines Unternehmens bekannt, das nichts mit Motorrädern zu tun hat. Doch der Unternehmer hat neben seinem Beruf vielfältige Interessen. Thomas fährt seit Jahrzehnten Motorrad. Vor allem hat er ein gutes Händchen fürs Handwerk. Und der 56-Jährige ist ein mehr als leidenschaftlicher Heimwerker und Erfinder. „Ich habe schon mit 14 Jahren an Mopeds herumgebastelt und irgendwie hat mich die Liebe zu den Maschinen nie verlassen“. 

Die käufliche G/S - heute Kult, vom Werksrenner aber Lichtjahre entfernt
Die käufliche G/S – heute Kult, vom Werksrenner aber Lichtjahre entfernt

Der Unternehmer restaurierte in den letzten Jahrzehnten unzählige Motorräder. Maschinen verschiedener Hersteller, vorzugsweise Modelle aus alten Zeiten: Indians Chief, Scout und Four, BMW R-Modelle und mehrere englische Klassiker. Allen diesen Maschinen ist gemein, dass Meyer sie in seiner Werkstatt restauriert hat. Schraube für Schraube. Stück für Stück. Wenn er die Bikes aufbaut, ist er voller Leidenschaft. Er verlässt seine Werkstatt kaum, bis alles perfekt ist, ein süchtiger 24/7-Motorrad-Enthusiast. 

Thomas ist Autodidakt, wenn es um Schweißen, Strahlen oder Lackieren geht. Er kennt sich bestens mit der Motorentechnik aus und weiß, an wen er sich wenden kann, wenn er selbst nicht weiterkommt oder seine Werkstattausrüstung der Aufgabe nicht gewachsen ist. 

Tom-Moto macht G/S-Träume von damals heute wahr
Tom-Moto macht G/S-Träume von damals heute wahr

Vor sechs Jahren machte sich Thomas mit einigen Jahrzehnten Verspätung daran, seinen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Und weil bis heute alte, serienmäßige BMW R 80 G/S aus den 1980er-Jahren erhalten sind, es aber keines der wenigen von BMW speziell für Rallyezwecke gebauten „Paris-Dakar-Modelle“ gibt, entschloss sich der Selfmade-Mechaniker zum Bau seines eigenen Traumbike auf eigene Faust. Er investierte viele hunderte, wenn nicht tausend Stunden in das Projekt. Anhand von Bildern und Videos reproduzierte er Aufkleber, baute Wüstenluftfilter und Ölkühler ein, montierte passende Offroad-Reifen, formte den Sitz und ließ ihn mit robustem, fein genähtem Ziegenleder überziehen. Meyer installierte eine Marzocchi M1-Gabel und Hyper-Pro-Stoßdämpfer. Gleichzeitig reduzierte er das Gesamtgewicht der Maschine. Der leidenschaftliche Mechaniker listet weitere Modifikationen auf: „Verstärkter Rahmen und verlängerte Schwinge von SWT Sports, Gabelstabilisator von Kern, Bremsleitung von Spiegler, mit Ultraschall gereinigte Vergaser, fein abgestimmte, angepasste Abgasanlage, verlängerter Haupt- und Seitenständer.

Fertige Teile warten auf den Aufbau
Fertige Teile warten auf den Aufbau

Die Motoren seiner Replikas werden alle mit 1.000 ccm, mindestens 60 PS und einem längeren 5. Gang ausgeliefert. Der Heckrahmen, Schwinge und der Tank werden in leuchtendem Orange (RAL 3024) pulverbeschichtet oder lackiert. Meyer stellt die BMW auf neue Felgen und Speichen. 21 Zoll vorne und 17 Zoll hinten mit Michelin Anakee Wild oder nach Kundenwunsch auch mit anderen Profilen. Natürlich erhält das Motorrad die Original-Scheinwerfermaske und Kotflügel – wie die 1985er-Legende. Thomas hat auch eine Quelle für den riesigen Tank von damals gefunden – diese waren aus GFK und haben beim TÜV leider keine Chance. Dafür bezieht er neue 43 Liter Fässer aus Schweinfurt/Üchtelhausen von SWT die von Acerbis exklusiv für Manuel Schad hergestellt werden.

Eine neue Serie wartet auf die Übergabe
Eine neue Serie wartet auf die Übergabe

Handgenähte Tank- und Hecktaschen sind selbstverständlich. Jede einzelne Schraube der Maschine wird im Laufe der Wochen und Monate irgendwann einmal von Meyer in der Hand gehalten. Sein Anspruch ist, dass das Motorrad nicht nur wie das Original aussieht, sondern auch die gleiche hohe Qualität bietet. Die Schweißarbeiten zur Verstärkung des Rahmens und der Schwinge übernehmen die Schweinfurter TÜV-zertifizierten BMW-Spezialisten von SWT-Sports. Die bundesweit bekannte Enduro-Schmiede macht das mit so viel Liebe zum Detail wie vor 40 Jahren. 

Nachdem sich in Fachkreisen herumgesprochen hatte, was Thomas Meyer in seiner Werkstatt macht, gab es sofort viele Anfragen von Motorradbegeisterten, die den gleichen Traum wie Meyer, aber nicht die gleichen Fähigkeiten hatten. Tenor: „So eine Maschine möchte ich auch haben!“ Thomas meldete daraufhin seine Firma „Tom-Moto GmbH“ an und baut seitdem in Kleinserie alte BMW R 80 G/S zu nahezu neuwertigen Exemplaren der legendären „Wüstenschiffe“ von 1985 um. Anschließend verkauft er die Maschinen für 35.000 €. Manch ein GS-Fan wird jetzt schlucken, doch Thomas sagt nur so viel: „Wenn man die Arbeitsstunden zählt und die ca. 7.000 km Fahrten durch die Republik, die in jeder Kleinserie stecken, hin- und herfahren, aufkaufen der Basisbikes, organisieren, schleifen, flexen, schweißen, lackieren und schrauben, schrauben und noch mehr schrauben, dann ist es auf jeden Fall günstig.“ Custombikefans zucken bei solchen Preisen indes kaum mit der Augenbraue.

Details der 1. Serie - Tanktasche und Sitzbank
Details der 1. Serie – Tanktasche und Sitzbank

Bisher hat Thomas sieben Paris-Dakar-Modelle in Kleinserie hergestellt und verkauft und nachdem das Magazin „BMW-Motorräder“ ihm eine mehrseitige Reportage gewidmet hat, gehen regelmäßig Anfragen aus dem In- und Ausland ein. „Ich bewältige drei Maschinen in 15 bis 18 Monaten und werde so schnell nicht damit aufhören“, sagt Thomas und lächelt, „es ist für mich eine Erfüllung, morgens „Moin Jungs!“ zu sagen und abends zu schauen, wie die Motorräder wieder ein Stück gewachsen sind – 1.800 Stunden Lebenszeit,und noch mehr verbringe ich mit den Dreien“. 

TOM-MOTO bietet ein „rundum Sorglos Paket“ an, heißt: anrufen, bestellen, 50% anzahlen und nach 15–18 Monaten abholen. Oder ein Kunde bringt seine eigene R 80 G/S, ST oder R 100 GS als Auftrag zum Umbauen mit. Dann verständigt man sich über die benötigten Teile und findet einen Preis. Das Highlight der Arbeit ist dann aber immer die Übergabe, so Thomas: „Und dann sind die Bikes fertig, TÜV abgenommen, die Kunden kommen zum Abholen und sind sprachlos …“

Die TOM-MOTO GmbH findet man in 27432 Bevern, Beverwehr 22a. Terminabsprachen und Infos gibts unter Telefon: 0172-5190442, E-mail: tom@tom-moto.de, Web: www.tom-moto.de.