aus bma 12/07
von Jens Möller
BMW und die guten alten F-Einzylinder- Modelle: Lange Jahre stand das für solide Technik mit BMW-typischem eher von der Funktion geprägtem Design. Ganz böse Zungen sagen sogar, daß die F 650 GS-Modelle das typische Begleitfahrzeug von Ehefrauen sind, wenn der Vati mit der dicken Kuh GS auf Reisen geht. Bloß nicht überfordern, Spaß in wohldosierten Mengen abgeben, komplett alttagstauglich sein und gehörig Komfort bieten. Das hört sich ja auch nicht schlecht an, doch irgendetwas scheint zu fehlen? Manch einer mag an das Wort Emotion denken, andere sprechen von Faszination, einfach Motorrad fahren nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit dem Bauch.
Dafür waren die F-Modelle aber nicht gedacht, wie allein schon der Blick auf die Waage bestätigt. Die pendelt sich bei knapp unter 200 kg ein, für einen Einzylinder! Fett ist zwar noch anders, aber trotzdem zeigt diese Anhäufung von Masse, daß es für die F-Modelle eben gemütlicher zugehen soll, bittschön. Vorher würden für die reichlichen Kilos aber noch gute 7700 Euro auf den Tisch zu blättern sein, schließlich fährt der Propeller ja auch mit.
Und jetzt kommt es ganz anders. BMW hat es einfach so gewagt und die bieder erscheinenden Einzylinder überarbeitet. Aber nicht so ein kleiner Modellwechsel, bei dem der Kunde außer dem Austausch des Designs keinen Unterschied erkennen kann, nein, man ging in München in die Vollen. Da darf schon mal in die Hände geklatscht werden. Denn alle drei neuen G 650er-Modelle wiegen nur noch um die 160 kg. Daß dafür bei einem Einzylinder kein noch so kleines Teil unberührt bleibt, scheint auch Techniklaien klar. So zieren mit der Xcountry, einem als Scrambler geprägtem Modell, der Xchallenge, der richtigen Endurovariante und der Xmoto als Supermoto-Modell drei wirklich heiße Eisen die Händlerhallen. Das „X” im Namen der Drei leitet sich übrigens vom Englischen „Cross over” ab, nicht daß beim nächsten Probefahrttermin peinliche Versprecher aus Unwissendheit passieren.
Für diesen Fahrbericht wählten wir unter den drei Leichtgewichten die Supermoto-Variante Xmoto aus, also die mit fetter Bereifung im 120/160-Format und reichlichen 270 mm Federweg vorne und deren 215 mm hinten, die uns ZTK aus Schneverdingen, Tel. 05193/964240, zur Verfügung stellte. Und gleich noch eine positive Überraschung: Die Xmoto sieht in Natura richtig gut aus, auch wenn ihr leicht futuristisches Äußeres auf Fotos manchmal nicht sofort überzeugen kann. Und dann war der leichte Flitzer von den Jungs von ZTK auch noch mit einer wohlklingenden Trompete aus Slowenien, dazu später mehr, und mit einem Öhlins-Federbein ausgerüstet. Was will man da noch mehr? Ich jedenfalls nichts, daher rein in den Transporter mit der Xmoto, in heimatlichen Gefilden schnell ausgeladen und Hebel eingestellt. Äh, na gut, lassen wir sein, weil es erstens nichts zum Einstellen gibt, oder aber sich der Ganghebel auf dem Getriebeausgang nur in einer Position arretieren läßt. Sonst ist es aus mit dem Schalten. Aber die festgelegte Stellung paßt glücklicherweise hervorragend. Jetzt aber genug gebastelt, gab es den Hinweis auf den Bauch nicht schon weiter oben? Spätestens beim Druck auf den Starter kommt der nämlich wieder ins Spiel. Und nein, ich weiß nicht, wie dieses Kanonenrohr von Akrapovic die deutsche Zulassung geschafft hat, aber es hat eine EG-ABE und ist im offiziellen Zubehörprogramm für die Xmoto zu finden. Das reicht mir voll und ganz als Alibi. Denn schon im Stand massiert dieser Klang wohlig sanft dein Trommelfell, um dir mit jedem Gasstoß die Mundwinkel etwas mehr in die Breite zu ziehen. Mit Verlaub, liebe Leser, aber so klingt die BMW Xmoto einfach richtig geil!
Doch Akustik hilft wenig beim Fahren, also rauf jetzt auf den Hobel. Wobei besonders kleinere Zeitgenossen ihr Steigeisen nicht vergessen sollten, denn der Allerwerteste thront 900 mm über Normalnull. BMW-typisch läßt sich das aber auch auf bis zu 860 mm reduzieren.
Einmal in Fahrt, überrascht die Xmoto mit scheinbar nicht für möglich gehaltener Geschmeidigkeit, denn vor allem der Motor, von Rotax aus Österreich geliefert, mußte kräftigst abspecken. So verlor allein die Schwungmasse am Generator einiges an Gewicht, für einen glänzenden und vibrationsarmen Rundlauf ist aber wegen der verbauten Ausgleichswelle immer noch gesorgt. Mit der Xmoto im vierten Gang bei Ortsgeschwindigkeit vor sich hindümpeln? Überhaupt kein Problem. Und wer gut mit der Kupplungshand und dem Gasgriff umgehen kann, sprich Sensibilität mitbringt, dem gelingt das sogar in der höchsten, der fünften Gangstufe. Doch diese Geschmeidigkeit hat auch ihre Schattenseite, nämlich dann, wenn es richtig flott gehen soll. Zwar meilenweit entfernt von jeder Lethargie, aber dennoch spürbar, dreht der Motor nicht überbordend nach oben, sondern läßt sich gefühlt für jede Beschleunigung etwas Zeit. Natürlich reicht der Sprint für jede Blechkarosse, nur gerade in Verbindung mit dem sonoren Klang aus dem Zubehör-Endtopf hätte man vielleicht etwas mehr erwartet. Also den Motor lieber nicht bis zur Höchstleistung von 53 PS bei 7000 U/min ausdrehen, sondern auf der Drehmomentwoge reiten, die bei 5250 U/min mit 60 Nm ihren Höhepunkt findet. Für alle, die dennoch vergleichen wollen: Auch wenn die Höchstleistung im Verhältnis zu den F 650-Modellen nur um drei PS gestiegen ist, fahrdynamisch sieht es aus wie das Verhältnis von frisch Gezapftem zu Dosenbier. Oder zumindest so ähnlich.
Daß die BMW Xmoto trotzdem den Spaß im Zweiradleben nicht vergißt, liegt am eingangs erwähnten Gewicht und am guten Fahrwerk. Nur das Öhlins-Federbein konnte nicht vollends überzeugen, da es nicht für die Xmoto gedacht war, das Motorrad so hinten einfach zu tief stand. Bei über 40 Grad Schräglage schob es da schon mal mächtig übers Vorderrad. Aber sonst? Einfach ein nettes Spaßmobil, die Kleine. Flugs das Gas aufgedreht, schon steht man auf dem Hinterrad, auch für Ungeübte leicht nachvollziehbar und glückshormon-fördernd. Das Gleiche gilt für vorne: Einmal kräftig an der Bremse angepackt, und die Fuhre verbeugt sich stilecht. Die Dosierung klappt dank serienmäßiger Stahlflexleitung und großer 320 Bremsscheibe mitsamt 4-Kolben-Anlage bestens. Die Upside-down-Gabel mit fetten 45 mm Durchmesser macht diese Späßchen locker mit. Zur Not kann auch noch an den Einstellern für Zug- und Druckstufe hantiert werden. Wer diesen Spaß auch erleben möchte, sollte aber vorher das ABS abschalten. Das gibt es optional zur BMW Xmoto (710 Euro), und eingeschaltet verhindert es wirkungsvoll Stoppies. Ist ja auch nicht schlecht, denn im Zweifel steht die sichere Verzögerung im Vordergrund und nicht die Show. Obwohl die mit der BMW schon mächtig Laune machen kann. Gemäkelt werden könnte jetzt noch an der sehr schmalen und harten Sitzbank. Den Tester hat es auch nach 200 km am Stück nicht gestört, sensible Popos müßten aber wohl Leidensfähigkeit mitbringen.
Was dagegen wohl niemanden stören wird, ist der geringe Verbrauch der Xmoto. Gerade einmal 4,8 Liter im Schnitt auf wirklich gasdurchsatz-freundlichen 100 km hat sich der Einspritzer gegönnt. Und wäre der Endtopf nicht gewesen, hätten wir bestimmt auch seltener beschleunigt. Aber auch so kann sich der Verbrauch sehen lassen, denn trotz nur 9,5 Litern Tankinhalt erreicht man damit noch eine akzeptable Reichweite ohne ständig nach der nächsten Tankstelle Ausschau halten zu müssen.
War sonst noch etwas? Ach ja, wer es drauf anlegt, fährt mit der Xmoto bis zu 170 km/h schnell, reichlich viel für eine Supermoto und spaßfrei; wer es locker in der Tasche sitzen hat, kann sich noch eine Menge Zubehör für die Xmoto gönnen, beispielsweise das schon erwähnte ABS oder die sehr stabilen Handschützer mit Alubügel. Dafür hier noch ein Blick ins Cockpit, das ohne Drehzahlmesser zwar sehr spartanisch ausfällt, sonst aber alles Wissenswerte bietet. Für alle gilt jedoch: Die Supermoto-BMW ist kein Billigheimer. Laut Liste werden 8700 Euro aufgerufen, die sich mit dem erwähnten Zubehör locker ins Fünfstellige steigern lassen. Es kommt eben doch nicht alles anders bei BMW, und ob der Spaß da ein Loch bekommt, muß jeder für sich selbst entscheiden. Fakt bleibt aber, daß BMW mit den neuen G-Modellen und besonders mit der Xmoto herrlich unvernünftige und gleichzeitig voll alltagstaugliche Motorräder auf die Beine gestellt hat. Zwar wird die Xmoto auf der Kartpiste keinen Blumenpott gewinnen, dafür muß aber nur alle 10000 km der nächste Händler zur Inspektion besucht werden, und Spaß gibt es schon in der nächsten Kurve im alltäglichen Motorradleben. Und das ist doch auch schon eine ganze Menge.
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