aus bma 04/04

von Michael Fromm

Honda X 11Die erste Bewährungsprobe der X-11 im ausgiebigen Praxistest erfolgte sieben Wochen nach Erwerb. Ursprünglich hatten Jost und ich in Anknüpfung an unsere Südengland-Tour im Spätsommer 2001 eine gemeinsame Ausfahrt geplant. Leider musste Jost wenige Tage vor der Abreise absagen, weil ihm unaufschiebbare Termine im Büro den Urlaub verhagelten…! Ausfallen lassen wollte ich die Fahrt aber auch nicht, so machte ich mich denn allein auf den Weg.
Um rasch aus Deutschland herauszukommen fuhr ich von Hamburg zunächst über Bremen, Cloppenburg und Wesel nach Venlo und durchfuhr die Niederlande entlang der Maas. Bei Maasbracht erreichte ich Belgien und beendete die Etappe der Anreise nach dem Passieren von Maastricht in dem hübschen kleinen Städtchen Tongeren.
Tongeren besitzt eine schöne Fußgängerzone im alten Stadtkern und zeigte sich noch von den belgischen Krönungsfeierlichkeiten im Juli in festlichem Schmuck. Vor dem Rathaus war ein handballfeldgroßes Blumenwappen angelegt worden und die Straßen der Altstadt zierten Flaggen und festliche Beleuchtung. Im „Rembrandt”, welches angeblich die „oudste Herberg van Belgiès” ist, kostete ich die ersten Trappisten-Biere. Diese Spezialität wird in Klöstern gebraut, einige Sorten sind leicht aromatisiert und diese Biere enthalten leicht 6,5 % Alkohol. Da Belgien für seine extraordinären Biersorten bekannt ist, versuchte ich bei anderer Gelegenheit mit Entdeckergeist auch mal ein „Belle-Vue Kriek” mit Kirscharoma – das Zeug schmeckte aber unerträglich und musste anderweitig entsorgt werden, bevor sich mir die Fußnägel aufrollten.
Am nächsten Tag sollten die Ardennen erreicht werden und ich wählte eine über kleine Landstraßen führende Strecke über Waremme, Huy, Modave und Barvaux in den belgischen Teil dieses geologisch alten Gebirgsmassivs. Die Ardennen besitzen keine größeren zentralen Orte und sind nur wenig industrialisiert.

 

Barvaux zeichnet sich neben der schönen Umgebung durch die Möglichkeit aus, Kajakfahrten auf der Ourthe zu unternehmen. Den Gebirgscharakter der Landschaft unterstreichen zahlreiche Grotten und Höhlen, von denen die Grottes de Han bei dem kleinen Ort Han-sur-Lesse südlich von Rochefort die bekanntesten sind. Außer dem Besuch eines Wildparks und eines Museums wird eine eineinhalb Stunden dauernde Grottenbesichtigung angeboten, wobei als Zubringer zum Grotteneingang eine Kleinbahn fungiert.
Die Tagesetappe endete im sehr einfachen, aber auch sehr gepflegtem Hotel de la Poste in Gedinne. Kürzere Regenphasen hatten mich anfangs schon begleitet, nach dem Frühstück in Gedinne regnete es sich aber für den Folgetag richtig ein. Ich fuhr zwar zunächst in Richtung Sedan in den zu Frankreich gehörenden Teil der Ardennen, kehrte wegen des schlechten Wetters aber wieder in den belgischen Teil zurück und erreichte am Nachmittag Bouillon.
Festung Chateau Fort über BouillonBouillon ist ein malerischer, alter Ort, der sich in eine Schleife des Semois schmiegt. Beherrscht von der Festung „Chateau Fort”, dessen Ursprung wahrscheinlich im 8. Jh. n. Chr. liegt, bieten sich von den höhergelegenen Teilen des Ortes tolle Blicke über das Semois-Tal. Seinen Namen hat Bouillon übrigens nicht von der gleichnamigen Suppe, sondern von dem Kreuzritter Godefroid de Bouillon. Da am frühen Abend der Regen aussetzte, nutzte ich noch die Gelegenheit, einen Teil der „Route Verte Ardennes-Eifel” ohne Gepäck kennenzulernen. Die höchsten Erhebungen der Umgebung betragen zwar lediglich 420 m, die Straßen und die sich bietenden landschaftlichen Ansichten sind jedoch sehr eindrucksvoll.
Am nächsten Tag brach ich in die Vogesen auf und fuhr bei zeitweise erneut recht feuchtem Wetter über Arlon durch Luxemburg zunächst wieder nach Deutschland, wo ich entlang der Saar über Saarburg, Dillingen, Saarlouis und Überherrn erneut Frankreich erreichte.
Ab Saint Avold konnte ich kleine Landstraßen durch den Bezirk Moselle genießen, die mich über die Dörfer Leyviller, Insming, Albestroff und Fénétrange nach Sarrebourg am Eingang der Vogesen führten. Dieses Mittelgebirge in Ostfrankreich erstreckt sich westlich des oberrheinischen Tieflandes in Nord-Süd- Richtung; die Hauptmassive liegen im südlichen Bereich.
Die abendliche Stärkung nahm ich in einem sehr rustikalen Imbiss ein, wobei meine mangelhaften Französischkenntnisse eine Unterhaltung mit den Damen vom Grill („La Boutique du Sandwich”) vereitelten.
Nach überstandener Nacht und dürftigem Frühstück in einem heruntergekommenen Hotel konnte ich mich morgens auf wunderschönen Strecken den noch nebelverhangenen nördlichen Vogesen zuwenden. Auf der Strecke über Dabo, Niederhaslach, Schirmeck und Saint-Odile erklimmt man Straßen bis 760 m und genießt neben der Vorbergzone mit Weinanbaugebieten eine wunderschöne Berglandschaft.
Kleinbahn zur Grotte Am frühen Nachmittag war es dann an der Zeit, sich auf den Heimweg zu machen; der Vogesen-Nordteil musste einer zukünftigen Tour vorbehalten bleiben. Über die Autobahn wandte ich mich einem weiteren Etappenziel zwischen Trier und Bitburg zu, wo ich Freunde besuchte. Von dort aus gelangte ich am nächsten Tag durch das Kylltal und Malberg sowie durch die Eifel nach Koblenz, nicht ohne noch kurz das berühmte Kloster Maria-Laach zu besuchen, eine Benediktinerabtei am Ufer des Laacher Sees, welche 1093 begründet wurde und in dem nach unterschiedlichen Entwicklungen nun seit 1892 Benediktiner wirken.
Mit der Rückfahrt am letzten Tag von Koblenz nach Hamburg schloss sich der sieben Tage zuvor begonnene Kreis, der mich durch fünf Länder führte.
In sieben Tagen legte ich 2.351 km zurück, wobei auf An- und Abreise naturgemäß ein recht großer Anteil entfiel. Die Übernachtungspreise rangierten von 18 bis 70 Euro für ein Einzelzimmer mit Frühstück, wobei das teuerste Hotel nicht unbedingt die beste Unterkunft bot …
Auffällig war, dass ich während der Reise erstaunlich wenig Motorradfahrer traf. Insbesondere in Belgien und Frankreich war ich auf der Strecke und an den Aussichtspunkten praktisch immer allein. Erst zurück in Deutschland nahm die Motorraddichte wieder spürbar zu. Vielleicht hatten andere sich in dieser Woche aber auch von den gemischten Wetteraussichten von einer Tour abhalten lassen.
Erstmals konnte ich auf dieser Fahrt auch die praktischen Vorteile der Euro-Einführung spüren: sowohl das Umrechnen der Preise als auch der gebührenbehaftete Geldumtausch entfielen.