aus bma 4/99

von Margot Hölzel

Am 30. Juli ging für uns nach drei Jahren Planung und Vorfreude ein Traum in Erfüllung. Gemeinsam mit unserem Motorrad- und Funkfreund Herbert aus Berlin reisten mein Mann und ich zum fünften Kontinent.
In Singapore legten wir einen zweitägigen Zwischenstop ein. Allein diese Stadt ist eine Reise wert. Wir bewunderten die Skyline und die sehenswerte Hafenanlage. Sehr beeindruckend ist das Chinesenviertel mit seinen Suppenküchen, dem exotischem Obstmarkt und verschiedensten Tempeln und Kirchen. Unangenehm war nur die hohe Luftfeuchtigkeit von 90% bei 30°C, da waren die klimatisierten Warenhäuser eine willkommende Abkühlung.
Australien/QueenslandMit einer Boeing 777 ging der Flug am Abend des 1.8. weiter über den Äquator und quer über den fünften Kontinent. Pünktlich kamen wir am nächsten Morgen in der Hauptstadt von Queensland, Brisbane, an, wo wir von Dietmars Bruder Peter abgeholt wurden; er war vor 18 Jahren mit seiner Familie nach Australien ausgewandert.
Trotz lähmender Müdigkeit überstanden wir die anschließende 400 km lange Autofahrt nach Bargara bei Bundaberg gut. Und nach einer Dusche und einem köstlichen Lammbraten waren wir wieder ganz die alten. Am nächten Tag zeigte uns Peter die Umgebung von Bundaberg. Hier ist das Hauptanbaugebiet von Zuckerrohr, woraus der berühmte Bundaberg-Rum – kurz „Bundy” – gebrannt wird.
Am 4.8. fuhren mit dem Überlandbus zurück nach Brisbane, um unsere Motorräder abzuholen, die wir über GS-Sportreisen in München für unseren hiesigen Aufenthalt gemietet hatten, zwei Yamaha XJ 900 Diversion. Allerdings kann man Geld sparen, wenn man seine Maschine etwa vier Wochen vor Antritt der Reise direkt beim Vermieter ordert. Die folgende Firma können wir sehr empfehlen:
Australian Motorcycle Adventure,
Ron Staines
Fax 0061 (07) 3355 5959
Phon 0061 (07) 3355 0311
Ron holte uns vom Busbahnhof ab und brachte uns zu einem Hotel direkt in der City, unser Gepäck nahm er freundlicherweise gleich mit in seine Firma. Nach einem abendlichen Bummel durch die Innenstadt schliefen wir uns erst einmal aus.

 

Oh Schreck, ausgerechnet heute schüttete es in Strömen. Punkt acht Uhr holte uns Ron ab und fuhr uns quer durch die Stadt in seine Firma. Da standen die Mopeds ordentlich geputzt und auch technisch gut gewartet. Für den Fall, daß wir in Schwierigkeiten kämen, gab uns Ron die Telefonnummer seines deutschsprachigen Freundes Reiner mit. Bei immer noch strömendem Regen lotste uns Ron noch zum Bruce-Highway Nr. 1. Das war wirklich ein prima Service.
Unser Ziel war Hervay Bay an der Sun-Shine-Coast, aber auch hier goß es in Strömen. Schließlich bezogen wir eine Sechsbett-Suite. Die Wohnung brauchten wir auch, um unsere nassen Klamotten auszubreiten. Ein leckeres Abendbrot und ein Wäschetrockner versöhnten uns mit der nassen Tour.
Australien/QueenslandAm Morgen trauten wir unseren Augen nicht: ein klarblauer Himmel lockte uns aus den Federn. Unsere Tour führte Richtung Rockhampton, über Gin Gin und Miriam Vale nach Agnes Water. Unterwegs hatten wir die erste Berührung mit der Gravel-Road. Das sind die unbefestigten Straßen voller Sand, Geröll, Wellblech und jeder Menge Staub, dazu freilaufende Buckelrinder, die keinen Respekt vor den Motorrädern zeigten. Dietmar hatte mit der vollbepackten Maschine und mit mir hintendrauf gut zu tun, bei ca. 30 km/h auf der Strecke zu bleiben. Orangenplantagen und zahlreiche Tomatenfelder wechselten sich ab mit Steppe.
Endlich in Captain Cook Holiday Village-Town of 1770 angekommen, schlugen wir unsere Zelte auf. Noch war es hell, und wir liefen durch den Urwald zum Hafen, um uns den Sonnenuntergang anzuschauen. Von einer Minute zu anderen war es stockdunkel, so daß wir Probleme hatten, den Weg zurück zum Campingplatz zu finden. Etwas mulmig war uns da schon mitten im Busch.
Nach einer Besichtigung der Bucht, an der James Cook 1770 den Kontinent betreten hatte, gingen Dietmar und ich ans Meer baden. Ein endloser, weißer Sandstrand präsentierte sich uns, und weit und breit keine Menschenseele – nur Busch ringsum mit flötenden Papageien darin. Da gab’s nur eins, Klamotten runter und ab in den Pazifik. Nacktbaden ist in Australien wohl verboten, aber es war wirklich so, als ob wir allein auf der Welt wären.
Am nächsten Morgen, an den blauen Himmel und das warme Wetter hatten wir uns gewöhnt, fuhren wir gutgelaunt weiter. Bis Miriam Vale lagen wieder 60 Kilometer Gravel Piste vor uns. Knapp zwei Stunden später hatten wir den Bruce-Hwy (Hwy = Highway) erreicht und fuhren gen Norden an Gladstone vorbei bis Mount Larcom. Hier füllten wir unsere Tanks und fuhren weiter über Rockhampton und Marlborough nach Norden. Der Highway schien endlos, weit und breit kein Haus geschweige denn ein Ort, und der Sprit ging langsam zur Neige. Mit dem letzten Tropfen erreichten wir Clairview – eine Tankstelle mit Imbiss. Wir staunten nicht schlecht, als wir erfuhren, daß der Tankwart aus Magdeburg stammt, seine Frau stammt aus der Schweiz. Wir versprachen, bald mal wieder vorbeizuschauen.
In Hay Point fanden wir einen schönen Campingplatz und bauten im Schatten riesiger Kokospalmen unsere Zelte auf. Anschließend genehmigten wir uns ein paar ausgezeichnete Steaks im Restaurant am Platz.
Das Wetter war toll, die Mopeds liefen bestens, und wir hatten kein Gefühl für Raum und Zeit mehr. Wir schauten uns die Gegend an, probierten Zuckerrohr (es schmeckt faserig und malzig-süß) und verbummelten den Rest des Tages im Meer auf der Suche nach Muscheln und Korallen.Australien/Queensland
Am nächsten Morgen ging es über Mackay, Bowen, Ayr und Townsville zum Rollingstone Beach. Auf dem Campingplatz mit Grillplätzen, Toiletten und Waschbecken suchten wir vergebens die Anmeldung, es gab keine. Der Platz ist bis zu 48 Stunden kostenlos zu benutzen. Wir trafen eine junge Frau aus Österreich, einen Finnen und einen ausgewanderten Bayern – eine interessante Mischung. Die Österreicherin war mit Rad und Zelt ein halbes Jahr in Australien. Der Finne und der Bayer waren schon vor vielen Jahren ausgewandert.
Das tolle Wetter brachte uns jeden Morgen früh aus dem Schlafsack. Es wurde deutlich wärmer, je weiter wir nach Norden kamen, und es wurde später dunkel. Auch die Vegetation änderte sich hier im Norden. Abgesehen von den vielen überfahrenen Känguruhs und Schlangen an der Straße begleiteten uns Steppenlandschaften und Eukalyptuswälder. Doch bald wurde der Urwald sichtbar. Nördlich von Cairns nahmen wir uns einen Campingplatz in Trinity Beach. Ein herrlicher Strand lud zum Baden und Laufen ein. Alles ist sauber und gepflegt, und niemand verlangt hier Kurtaxe oder Eintrittsgeld. Hier fühlten wir uns wohl, von hier aus wollten wir die Gegend auskundschaften.
Am ersten Tag stand eine Fahrt zum Cap Tribulation an. Auf zunächst guten Straßen kamen wir an den Daintree River. Hier war das Baden verboten – wegen der Krokodile! Durch den riesigen Dschungel schlängelte sich die Straße, die von mehreren Gravelpisten unterbrochen war. Neidisch guckten Dietmar und Herbert hinter zwei leichten Crossmotorrädern her. Unsere Yamahas liefen wirklich gut, aber für die Gravelpisten waren sie im Grunde zu schwer.
Die Aussichtspunkte am Cape Tribulation boten einen sehr schönen Blick über die regenwaldbedeckten Berge auf das türkisblaue Meer. Und im Informationszentrum ließen es sich drei Flughunde gut gehen, die alle Auswilderungsversuche abgelehnt hatten. Ab und zu vertilgten sie ein Gummibärchen. Auf dem Rückweg zu unserem Campingplatz entdeckten wir zur Abwechslung einmal eine Teefarm.
Am nächsten Morgen fuhren wir nach Freshwater. Hier ist der Bahnhof der historischen Eisenbahnlinie nach Kuranda. Die Fahrt ging durch den Regenwald, vorbei an tiefen Tälern und Wasserfällen. Die Aussicht war sehr beeindruckend. In Kuranda herrschte reges Touristenleben. Ich konnte nicht widerstehen und Dietmar kaufte mir in einem der Folkloreläden zu unserer Silberhochzeit Ohrringe aus echten Goldnuggets. Dann fuhren wir mit der längsten Seilbahn der Welt von Kuranda über den Regenwald hinweg bis kurz vor die Cairns. Unterwegs konnte man aussteigen und auf Fußwegen durch den Urwald schlendern, wobei auf Schildern ausführlich über Flora und Fauna informiert wurde. Es war übrigens sehr angenehm, daß wir auch in dem hinterletzten kleinen Ort mit Kreditkarte zahlen konnten. Und auch unser Mobiltelefon war ständig betriebsbereit. Am nächsten Tag erwartete uns in Cairns ein ganz besonderes Highlight. Wir wollten im Great Barrier Reef schnorcheln. Dies hatten wir – wie auch andere Ausflüge – bereits in Australien/QueenslandDeutschland über eine Agentur gebucht. Die Fahrt mit dem Schiff zum Reef dauerte gut zwei Stunden. Unterwegs wurden wir von einem Tauchlehrer eingewiesen, außerdem mußten wir eine Bescheinigung über unseren allgemeinen Gesundheitszustand ausfüllen. Endlich konnten wir uns passende Taucherflossen und Schnorchel aussuchen und abtauchen. Es war herrlich. Zwei Stunden genossen wir das Reef mit dem Gesicht im warmen Pazifik. Die Korallenfische kamen in Schwärmen neugierig auf uns zu und schwammen auf der Hand mit uns mit. Immer wieder kamen wir über den Rand des Reefs, wo es schlagartig in die Tiefe ging. Es war unbeschreiblich – als ob man fliegen könnte. Hinterher konnten wir vom „Glas Bottom Boat” die Korallen noch einmal zwei Stunden studieren – diesmal ohne selbst naß zu werden. Die Rückfahrt zum Festland wurde uns mit einem kleinen Imbiß und heißem Kaffee verkürzt. Nach diesem unvergeßlichen Tag konnten wir hervorragend schlafen, obwohl Flughunde nachts immer wieder Äste auf unsere Zelte warfen.
Nach einem weiteren Badetag am Strand setzten wir unsere Fahrt fort ins Tableland. Die Gegend erinnert an den Schwarzwald, nur die Dimensionen sind anders – sanfte grüne Hügel, viele Rinder, kleine Tannenwäldchen und hohe Berge am Rand kennzeichnen das Tableland, umgeben ist es von dichtem Regenwald. Auf unserer Fahrt sahen wir viele Vulkankegel und trafen sogar auf Goldgräber.

In Millaa Millaa bauten wir unsere Zelte für die Nacht auf und fuhren auf dem Waterfall-Circuit von einem Wasserfall zum anderen. Mitten im Urwald liegen an dieser Straße die Millaa Millaa-, dieZillie- und die Elinjaa-Falls – sehr reizvoll.
Auf dem Palmerston-Hwy fuhren wir am nächsten Tag bis Innisfail undweiter auf dem Bruce-Hwy über Cardwell und Ingham nach Townsville. Da wir hier keinen ansprechenden Campingplatz fanden, fuhren wir weiter. Hier und da standen Zuckerrohrfelder in Flammen, um Schädlinge zu vernichten. Der Pflanze schadet diese Roßkur nicht, nur die Blätter verbrennen.
Im Dunkeln erreichten wir den Campingplatz am Alva Beach hinter Ayr. Leider gab es weit und breit kein Geschäft, wo wir hätten einkaufen können. Es war schwülwarm und die Mücken setzten uns sehr zu, also verkrochen wir uns schnell in unsere Zelte und schliefen auch gleich ein.
Am nächsten Morgen wurden wir von Gerda und Hans, die neben uns in einem Wohnwagen campierten, zum Frühstück eingeladen. Hans war 1952 als Lokführer über eine Zeitungsannonce von Berlin nach Australien ausgewandert. Sie wohnen im kühleren Süden Australiens und kommen im Winter – wie viele Rentner – wegen des warmen und trockenen Wetters für sechs Monate mit ihrem Wohnwagen nach Queensland; was für ein Leben.
Weiter ging es ein bißchen wehmütig über Bowen und Proserpine nach Cape Hillsborough. Hier zelteten wir auf einem echten Buschcampingplatz in einem Nationalpark. Die Anlage war ein wenig heruntergekommen, dafür hopsten mehrere Känguruhs sehr zutraulich um uns herum, sie ließen sich sogar gerne streicheln und naschten von unserem Weißbrot. Auch der Strand und das Meer waren sehr schön. Hier konnte man Ebbe und Flut sehr gut beobachten. Nachts im Zelt hörten wir den Lauten des Urwalds zu.Australien/Queensland
Unsere nächste Station war Rockhampton, die „Rinderhauptstadt” Australiens. Am Ortsein- und -ausgang wird die Stadt von großen Bullendenkmälern bewacht. Einen Besuch wert ist das Hotel „Criterion”. Neben preiswerter Übernachtung bietet es einen gepflegten irischen Pub und ein klasse Steakhaus.
Auf unserem Weg zurück nach Bundaberg fuhren wir auf einer historischen Straße durch den Emu Park an der Keppel Bay. Hier steht das singende Denkmal von James Cook – ein Segel aus Hohleisen, wo der Wind seine Melodie spielt. Es heißt „Sail of Song – the Singing Ship”. Über Miriam Vale und Gin Gin erreichten wir Bundaberg. Hier hatten wir wieder eine schöne Zeit mit der Familie. Während Herbert noch einmal mit einem Schiff zum Whale-Watching. fuhr, schauten wir uns in Bargara vor dem Reef Delphine an. Doch dann kam der Abschied. Ein letzter Abstecher in die Touristenstadt „Surfers Paradise”, dann mußten wir nach einer Grundreinigung die Motorräder wieder abliefern. Zum Abschied schenkten Ron und Reiner uns noch T-Shirts und Käppis als Andenken.
Die letzten drei Tage sahen wir uns noch ein wenig in Brisbane um. Als Fußgänger waren wir für den Straßenverkehr ein echtes Risiko. Mit dem Motorrad gewöhnt man sich schnell an den Linksverkehr, zu Fuß schaut man aber ständig in die falsche Richtung.
Was mich besonders an Australien beeindruckt hat, ist, wie selbstverständlich und friedlich die Menschen der verschiedensten Abstammung miteinander umgehen. Verbotsschilder gibt es nicht, nur Warnschilder. Den Menschen wird hier mehr Selbstverantwortung zugesprochen als in anderen Ländern.
Bei unserer Ankunft in Berlin erwartete uns Jutta mit Sekt bei schmuddeligem Herbstwetter. Während unseres vierwöchigen Urlaubs haben wirkeine vorzeigbare Kilometerleistung absolviert und keine spektakulären Abenteuer gesucht oder gefunden. Wir hatten ganz einfach sehr viel Fahrspaß, tolle An- und Aussichten, haben viele wirklich nette Leute getroffen und hatten so einen besonders tollen Urlaub mit jeder Menge Spaß.

Reiseinfos:

Beste Reisezeit ist von Juni bis September (geringster Niederschlag)
Zahlungsmittel:Kreditkarten (Visa, Master, Diners, Amexko), Traveller-Schecks (in A$) und Bargeld: 1 A $ = 1,13 DM
Unterkunft: Hotels/Motels: ab A$ 70- 90/DZ, Bed & Breakfast: ab A$ 60/ DZ; Camping: A$ 10 – 20 für 2 Personen im Zelt und mit Motorrad.
Visum: für Aufenthalte bis zu drei Monaten gebührenfrei; neuerdings bekommt man das Visum gleich mit dem Flugticket erteilt.
Australische Botschaft: Godesberger Allee 105-107, 53175 Bonn
Flugkosten (Hin- und Rückflug): je nach Fluggesellschaft ca. DM 1800 – 2300 in der Economy Class.