Unterwegs in Schleswig-Holstein
aus Kradblatt 4/25 von Jogi | penta-media.de

Bestimmt habt ihr auch schon eine der zahlreichen TV-Wiederholungen des Films „Das Boot“ von Wolfgang Petersen gesehen.

Der 282-minütige TV-Film wurde 1981 nach der Vorlage des gleichnamigen Romans von Lothar Günther Buchenheim gedreht und erhielt sechs Oscars und einen Golden Globe. Mit 32 Millionen DM war dieses Werk die bis dahin teuerste deutsche Filmproduktion. Das lag nicht nur an der Starbesetzung mit Jürgen Prochnow, Herbert Grönemeyer, Martin Semmelrogge, Heinz Hoenig, Sky du Mont und (dem letztes Jahr verstorbenen)* Erwin Leder, der den Obermaschinisten Johan so unvergleichlich verkörperte, sondern auch an den sehr aufwendigen Modellen und Nachbauten des U-Bootes. Nicht erst seit diesem Film fasziniert das Thema U-Boot und der Heldenmythos der den Besatzungen anhaftet.
Sogar eine Band bediente sich des Namens U96 und produzierte eine Technoversion der Filmmusik von Klaus Doldinger, die es bis in die Spitze der Charts schaffte.
Weil wir Motorradfahrer stets auf der Suche nach einem Ziel sind, das wir am Wochenende anfahren könnten, haben wir uns vor unserer Haustür auf die Spuren der deutschen U-Boot Geschichte gemacht.
Unsere erste Etappe führte uns nach Laboe, einem kleinen Ostsee-Badeort mit gerade mal 4.900 Einwohnern, die betonen, auf der Sonnenseite der Kieler Förde zu leben. Laboe liegt nur 19 km von der Schleswig-Holsteiner Landeshauptstadt Kiel entfernt. Für Navi-Besitzer ist Laboe leicht zu finden, alle anderen rauschen über die A7 nach Kiel und folgen einfach der Beschilderung in Richtung Ostufer.

Sich in Laboe zu orientieren ist nicht sehr schwer. Direkt an der Strandpromenade befindet sich das 72 Meter hohe Marine-Ehrenmal, dessen Bau bereits 1925 vom Delegiertentag des Deutschen Marinebundes e.V. beschlossen wurde. Die Grundsteinlegung folgte im feierlichen Akt 1927 durch den Admiral Reinhard Scheer.

Das Marine-Ehrenmal ist heute eine nationale Gedenkstätte mit internationalem Charakter und zugleich die offizielle Gedenkstätte der Deutschen Marine. Hier finden viele Veranstaltungen mit der Bundeswehr bzw. der Deutschen Marine statt, wie z.B. die „Internationale Kranzniederlegung zur Kieler Woche“, „Bester Bootsmann/Ehrenpreisveranstaltung“ und Benefizkonzerte mit dem Marine-Musikkorps.
Als Motorradfahrer finden wir problemlos unweit des Ehrenmales eine passende Parklücke für unsere Bikes und stapfen zum Eingang des expressionistischen Turmes.
Die über 5,7 Hektar große Anlage beherbergt 7000 qm Ausstellungsfläche, auf der Schiffsmodelle und Maritimes gezeigt werden. Darunter auch U-Boot Modelle und Gedenktafeln für die Gefallenen. Oben auf dem Ehrenmal befindet sich eine Plattform, von der aus die Besucher einen großartigen Blick über die Kieler Förde genießen können, bei guter Sicht sogar bis nach Dänemark.

Direkt vor dem Ehrenmal liegt das „Technische Museum U 995“ auf dem Strand. Die U 995 ist das letzte erhaltene U-Boot der Deutschen Kriegsmarine vom Typ VII C, gebaut bei Blohm & Voss in Hamburg. Stolze 693 Exemplare liefen bis 1945 von diesem Typ vom Stapel. Der Typ VII ist bis heute der meistgebaute U-Boot Typ der Welt.

Diese Boote waren enorm seetüchtig und wurden daher auch Atlantik-Boote genannt. Sie waren für eine Tauchtiefe von 100 m konstruiert und wurden vor Indienststellung auf 165 m Tiefe druckgeprüft. Es stellte sich unter realen Extremsituationen heraus, dass eine Tauchtiefe von mindestens 280 m erreicht werden musste, um sie tatsächlich zu zerstören. Geschwindigkeiten von 17,0 Knoten an der Oberfläche und 7,5 Knoten getaucht waren mit Diesel- und Elektroantrieb möglich.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde U 995 von Großbritannien an die Königlich Norwegische Marine ausgeliefert. 1952 wurde aus U 995 das norwegische Schulboot „KAURA“ mit der NATO-Identifikationsnummer S 309.

Von 1970 bis 1971 wurde U 995 entmilitarisiert und in den ursprünglichen Zustand von 1945 zurückgebaut. Als Zeichen der Aussöhnung wurde das U-Boot von Norwegen an die Bundesrepublik Deutschland unter der Bedingung zurückgegeben, das U-Boot in einer würdigen Aufstellung als technisches Museum der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Deutsche Marinebund erklärte sich bereit diese Aufgabe zu übernehmen. Seitdem laufen jährlich 350.000 Besucher durch das Boot.
Wir können kaum glauben, dass im Inneren des nur 67 Meter langen und 6 Meter breiten U-Boot 45 Männer und 14 Torpedos untergebracht waren. Im Film wirkte alles irgendwie viel größer. Trotz der geöffneten Luken ist die Belüftung eher schlecht. Wie hat es die Besatzung bei geschlossenen Luken bloß aushalten können? Trotz der fast allen Motorradfahrern eigenen, technischen Begeisterungsfähigkeit sind wir froh draußen wieder frei durchatmen zu können.
Unsere zweite Etappe führt nach Heikendorf, nur wenige Kilometer von Laboe entfernt. Dort befindet sich das U-Boot Ehrenmal Möltenort. Es ist ebenfalls leicht zu finden. Man muss einfach nur der Beschilderung folgen.
Auf dem Ehrenmal steht ein zum Flug bereiter Seeadler in 15 Metern Höhe und wacht scharfen Blickes in Richtung Förde über die ein- und auslaufenden Schiffe. Das zu seinen Klauen bis 1945 an den Sockel geschlagene Hakenkreuz wurde gegen ein U-Boot Kriegsabzeichen ersetzt.

Das U-Boot Ehrenmal wurde 1930 zum Gedenken der zwischen 1914 und 1918 gefallenen U-Boot Besatzungen der Kaiserlichen Marine errichtet. Alleine in diesen Zeitraum fallen 4.744 Besatzungsmitglieder aus 200 versenkten U-Booten.
Später wurde hier auch den Gefallenen des Zweiten Weltkrieges gedacht und im unterirdischen Rundgang der Gedenkstätte Bronzetafeln für 30.002 Marine-Soldaten aus 739 versenkten U-Booten hinzugefügt. Heute dient die Gedenkstätte ebenfalls den U-Boot Soldaten der Deutschen Marine. (Deutsche Marine: Seit 1995 offizielle Bezeichnung der deutschen Seestreitkräfte bzw. Teilstreitkraft der Bundeswehr).
Je nachdem, von wo aus ihr die U-Boot Tour startet, empfiehlt sich ggf. eine Übernachtung in Laboe oder Heikendorf, da die Besichtigungen schon einige Stunden in Anspruch nehmen können. Außerdem ist es recht schön auf der Sonnenseite der Kieler Förde. Den Abend am Fischereihafen, der Strandpromenade oder in einem gemütlichen Restaurant ausklingen zu lassen, ist eine wirklich gute Idee.
Allgemeine Infos: www.laboe.de
Übernachtung: Hotel Admiral Scheer
Strandstraße 92, 24235 Laboe
www.admiral-scheer.net
Besuchenswert:
Marine Ehrenmal und U995
Strandstraße 92, 24434 Laboe
www.deutscher-marinebund.de
U-Boot Ehrenmal
Möltenorter Schanze, 24226 Heikendorf
www.ubootehrenmal.de
Wetter in Laboe: www.webcam.marinebund.de

- Nachtrag vom 10.4.2024:
Bei der Veröffentlichung des Artikel war Erwin Leder noch voll lebendig, wie nicht nur Wikipedia sondern auch er selbst uns untenstehend im Kommentar bestätigte! Wir bitte vielmals um Entschuldigung für diesen Fauxpas!
Kommentare
Ein Kommentar zu “Ausflugstipp: Deutsche U-Boot Geschichte in Laboe”
Totgesagte leben bekanntlich länger, vielen Dank!
Erwin Leder (Johann, das Gespenst)