Der Angststreifen – er führt unweigerlich zu Diskussionen. Dient er der Sicherheit oder ist er indikator für Fahrkönnen oder gar Heizerei? Ugly hat sich ein paar Gedanken gemacht …
aus Kradblatt 8/15
von Andreas „Ugly“ Denner
www.horsemen-of-apocalypse.com
Der ANGST-STREIFEN
Indikator für Fahrkönnen oder Sicherheitsreserve?
Bei jedem Motorradtreff sieht man immer wieder welche, die die Reifen der Bikes genauer unter die Lupe nehmen. Bei dem einen geht es darum sich im Vergleich selbst einzuschätzen, andere wollen sich damit nur selbst beweihräuchern …
Was genau kann man denn aber jetzt an einem Reifen erkennen?
Die benutzte Reifenfläche verliert ihren Glanz und wird dunkel und matt. Daher kann man sehr gut erkennen, welche Schräglage gefahren wurde. Ein Indikator für Fahrkönnen ist es auf jeden Fall, aber es ist dabei auch Vorsicht geboten. Man muss differenzieren und kann nicht alle über einen Kamm scheren!
Mit welcher Fahrtechnik ist der Fahrer unterwegs? Benutzt er das „Drücken“, kommt er ganz schnell an die Kante. Beim normalen „Legen“ (was wohl die meisten machen) geht es nicht mehr ganz so schnell. Benutzt man aber ein „Hanging Off“, dann ist es schon schwieriger an die Kante zu kommen, da man die Gewichtsverlagerung ja gerade dazu benutzt um Schräglage zu vermeiden.
Es kommt auch drauf an welche Reifendimensionen verbaut sind und auch welcher Reifen – vor allem die Form, und damit meine ich nicht, dass er rund sein soll. Heute hat man ja gerne mal einen 190er Hinterradreifen drauf. Auch wenn viele das jetzt nicht gern hören, aber den bekommst du leichter an die Kante als einen 160er! Für die gleiche Kurvengeschwindigkeit ist bei einem schmaleren Reifen weniger Schräglage nötig. Also braucht man, um den 160er Reifen an die Kante zu bekommen, auch eine höhere Kurvengeschwindigkeit um die gleiche Schräglage zu erreichen – also automatisch dickere Eier …
Je nach Reifenhersteller ist die Flanke des Reifens selbst bei den gleichen Dimensionen auch weiter nach oben gezogen bzw. man hat halt einfach mehr Reifenlauffläche zur Verfügung (siehe Vergleichsbilder). Ich kenne jemanden, der hat den einen Reifen ohne große Probleme an die Kante bekommen, nach dem Herstellerwechsel aber noch einen Angststreifen von einem halben Zentimeter auf beiden Seiten. Erstmal gegrübelt, dann die Reifenfläche gemessen und festgestellt, dass der neue Reifen einfach mehr Fläche hat!
Es gehen viele Gerüchte um, dass man nicht jeden Reifen an die Kante bekommt. Manche sagen auch, man bekommt den Reifen nur an die Kante, wenn man den Luftdruck absenkt um mehr Reifenauflagefläche zu haben. Das kann ich leider nicht abschließend beantworten da ich nicht jeden Reifen gefahren bin und ich den Luftdruck sowieso etwas abgesenkt habe (nicht nur auf der Renne, auch auf der Landstraße). Es ist aber so, dass man wirklich nicht jeden Reifen an die Kante bekommt!
Ein Angststreifen ist gut, da man sich eine Reserve! Sicher?
Viele sehen den Angststreifen als Notfallreserve an. „Auf der Landstraße gehört sowas ja sowieso nicht!“ oder „Sowas macht man ja nur auf der Rennstrecke!“ Wie oft hört man das?
Meiner Meinung nach muss jeder selber wissen, wie er wo fährt, solange man es verantworten kann. Ich glaube keiner ist so blöd und fährt 300 in einer 30er Zone. Außerdem bekommt man auch den Reifen an die Kante oder das Knie auf den Boden wenn man ganz brav nach StVO unterwegs ist!
Eine Reserve ist der Angststreifen jedenfalls nicht!
Hat man einen Angststreifen, hat man die maximal mögliche Schräglage noch nicht erreicht. Dies als Notfallreserve zu sehen ist eine gute Ausrede von Leuten, die sich einfach nicht schräger trauen.
Wenn man große Schräglagen nicht gewohnt ist, dann schmiert man schon von der Straße ab, bevor man die maximale Schräglage erreicht hat. Wie oft fährt jemand geradeaus in den Graben, weil er von der steilen Kurve überrascht wird, obwohl man nur die Schräglage hätte erhöhen müssen?
Das mit der Reserve klappt also nicht, da der Kopf (meist) früher blockiert als man an die Grenzen der Maschine oder des Reifens kommt!
Was passiert, wenn man es schafft die Schräglage in einer Notsituation zu erreichen und auf den Angststreifen kommt? Man schmiert ab, da der Reifen an der Stelle noch jungfräulich ist und keinen Grip entwickeln kann. Je nach Breite des Angststreifens rutscht man auch nur kurz. Das reicht aber auch schon, um einen „Schräglagen-unerfahrenen-Fahrer“ einen Schrecken einzujagen, um dann doch abzuschmieren, weil man einen Fehler macht.
Manche im Internet raten dazu, den Angststreifen mit feinem Schmirgelpapier abzuschleifen bzw. aufzurauen, um im Notfall wirklich Grip zu haben. Kann vielleicht helfen, hat aber was von „ich schleif’ mir die Knieschleifer auch schon mal mit ’ner Feile an, dann seh’ ich cool aus beim nächsten Treffen“
Es ist also keine Reserve sondern nur ein Anzeichen um noch weiter das Motorradfahren zu lernen, wenn man im Normalfall möglichst sicher unterwegs sein will. Je besser man fahren lernt und kann, desto sicherer ist man unterwegs und desto mehr Reserve hat man im Straßenverkehr. „Kein Angststreifen“ ist also eher ein Zeichen für eine große Reserve – nach meiner Meinung zumindest!
Wenn man also einen Reifen sieht weiß man trotzdem nicht wie gut der Fahrer ist. Man weiß ja nicht, wie er an die Kante kam oder ob er einfach mehr oder weniger Reifenfläche zur Verfügung hat. Es sollte sich also keiner wegen so was verrückt machen lassen!
Übrigens, die andere Sorte Angststreifen entfernst du in der Waschmaschine …
Empfehlung der Redaktion:
Um Schräglage zu trainieren empfehlen wir nicht nur, möglichst viele Kilometer abzuspulen – Erfahrung kommt schließlich von Fahren sondern auch die Teilnahme an Kurven- und Schräglagentrainings. Zunächst bei Anbietern von Sicherheitstrainings, als Steigerung dann Renntrainings mit Instruktoren. Das macht super viel Spaß und bringt einen echt weiter! Schaut auch in den Blog von Ugly und besucht seinen YouTube Kanal „Reiter der Apokalypse“.
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Kommentare
5 Kommentare zu “Angststreifen am Motorradreifen”
Bei einer Road King hast Du unweigerlich einen „Angststreifen“ oder keine Fussbretter da kanst Du wählen!
Ro Bert:
100 % Zustimmung!!!
Unglaublich mit welcher individuellen Subjektivität hier Dinge halbgar und thematisch falsch vermischt werden.
Nur ein Beispiel
„Schräglage in einer Notsituation zu erreichen und auf den Angststreifen kommt? Man schmiert ab, da der Reifen an der Stelle noch jungfräulich ist und keinen Grip entwickeln kann. Je nach Breite des Angststreifens rutscht man auch nur kurz. Das reicht aber auch schon, um einen „Schräglagen-unerfahrenen-Fahrer“ einen Schrecken einzujagen, um dann doch abzuschmieren, weil man einen Fehler macht.“
So richtig der Tenor des Artikels ist (ungenutzte Reserven schlummern beim Fahrer, nicht beim Reifen), so falsch ist die Aussage, dass der Reifen rutscht, wenn man den Angststreifen erreicht. Wie das Wort schon sagt, man erreicht den ungenutzten Bereich!!!!! Der größte Teil der Reifenaufstandsfläche ist somit genutzter Bereich und nicht jungfräulichea Gummi. Da rutscht gar nichts, nur weil man schräger fährt.
Ich erwarte von Journalisten schon ein wenig mehr Fachverstand und Präzision und nicht eine weiteres Geschwubbel auf Stammtischlevel..
Mann Mann Mann, solche Diskussionen können nur von Prollern kommen. Lasst doch jedem seinen Angststreifen haben, was soll das , wie kleine Kinder, ich kriege bei meinen Reifen den Angststreifen weg bla bla bla, mich nähme mal wunder was der Autor damit kompensieren muss, nen kleinen Schniedel oder wie ?
Hallo Andreas, du hast das Recht gut beschrieben. Bitte nicht auf der Straße probieren! Meldet euch bei einem Auslegertraining an. So wie ich es z.B. Für die Kreisverkehrswacht Freyung Grafenau anbiete, und wenn ihrvdas könnt geht mit auf die Rennstrecke