aus bma 8/11 – Reisebericht

Text & Fotos: Frank Sachau

Altmühltal und Fränkische AlpDie romantische Flusslandschaft der Altmühl und die weiten Höhen der Fränkischen Alb gehören zu den wohl schönsten Ecken Deutschlands. Mit dem Motorrad unterwegs im Tal des Urvogels und den einstigen Ausläufern des römischen Weltreiches…

Wie Greifvögel stoßen wir steil hinab ins Altmühltal, unser Horst ist das Hotel Altmühlberg hoch über Beilngries. Die neun Stadttürme fallen uns sofort ins Auge, besonders die bunt glasierten Zwillingstürme der Stadtpfarrkirche St. Walburga. Wir überqueren die Altmühl, die bis hier schon einen langen Weg hinter sich hat, ihr Ursprung findet sich auf der Frankenhöhe in der Nähe von Rothenburg ob der Tauber. Kurs Ost liegt an, grobe Richtung Regensburg.

Ab Dietfurt hat man dem alten Wasserlauf übel mitgespielt, für den Main-Donau-Kanal wurde manches begradigt, die Schifffahrt hatte halt Vorrang. Davon unbeirrt schlängelt sich der Asphalt durch kleine Orte, während am rechten Außenspiegel die Altmühl im Sonnenlicht glitzert. Auf leisen Schwingen sind wir auf der Straße der Kaiser und Könige unterwegs, die über Regensburg und Wien nach Budapest führt. Sie versetzt uns in längst vergangene Zeiten, als Monarchen mit herrschaftlichem Gefolge durch das Land zogen. Sie stimmt uns neugierig, ihren Spuren ein Stückchen zu folgen, vorbei an Klöstern und Burgen, mittelalterlichen Städten und prachtvollen Residenzen. In Riedenburg, gegenüber des Schiffsanlegers, blickt die Statue Graf Heinrich III. (ca. 1100 – 1175) über den Strom auf das St.-Anna-Kloster. Er lebte in Riedenburg und war einer der ersten namentlich bekannten Minnesänger Bayerns. Direkt nebenan lockt die Gelateria Angelo mit leckeren Eisspezialitäten und kostenlosen Parkplätzen vor der Tür. Erfrischt nutzen wir in Kelheim die gute Thermik aus und kurven durch den dunklen Frauenforst hinauf nach Sinzing. Eine tolle Bergstrecke mit unzähligen Biegungen, die nicht umsonst als Trainingsparcours der Lokalmatadore gilt.

Befreiungshalle KehlheimAnschließend gelangen wir durch die Randbezirke Regensburgs nach Bad Abbach an der Donau. Hier lassen uns zwei in Stein gemeißelte Löwen in die Eisen steigen. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts forderte die durch häufige Überflutungen unsichere Trasse zahllose Opfer. Dann endlich wurde die Straße am Teufelsfelsen ausgebaut. Seitdem prangt an der abgesprengten Felswand eine zehn Meter hohe Ehrentafel, die an diese Pionierleistung erinnern soll.

Von der Donau und den schroffen Felswänden eingezwängt, gleiten wir auf der gut ausgebauten B 16 bis nach Kehlheim. Von der Maximiliansbrücke aus genießen wir den Blick auf den Zusammenfluss von Altmühl und Donau und die darüber liegende, beeindruckende Befreiungshalle, die an die gewonnenen Schlachten gegen Napoleon während der Befreiungskriege in den Jahren von 1813 bis 1815 erinnern soll. Zurück auf der Straße der Kaiser und Könige fliegen wir an Burg Randeck und Schloss Prunn, und wenige Kilometer später an den Beilngrieser Stadttürmen vorbei.

Die Landstraße nach Kinding bildet unsere Einflugschneise in das besonders windungsreiche Altmühltal Richtung Westen. Das Wasser hat sich in den vergangenen Jahrtausenden durch den weichen Kalk tief in die Fränkische Alb geschnitten. An einer besonders engen Flussschleife liegt das malerische Eichstätt. Die idyllische Altstadt mit ihren zahlreichen Sehenswürdigkeiten und einladenden Straßencafes ist einen Pausenstopp wert. Die eindrucksvolle, schneeweiße Willibaldsburg überragt den Ort. Sie beherbergt das Jura Museum, in dem der 150 Millionen Jahre alte, versteinerte Urvogel Archaeopteryx zu bestaunen ist. Er wurde 1956 in einem Steinbruch des Fränkischen Jura entdeckt und stellt das älteste Bindeglied zwischen Vögeln und Reptilien dar. Bei genauem Hinsehen sind die Reste des Federkleides zu erkennen. Ob der Urvogel fliegen konnte, ist allerdings unklar.

Hopfen im Altmühltal und Fränkische AlpDer weite blaue Himmel wölbt sich über uns, als wir nach so viel Kultur Lust auf etwas Kür haben. Die vertrackte Ortsdurchfahrt Dollnsteins fordert unsere volle Aufmerksamkeit, die Altmühl drückt das Teerband an die Felsen und in den Berg. An manchen Stellen ist es so eng, dass wir den Paddlern und Kanuten auf dem beschaulich dahin ziehenden Wasserlauf die Hände reichen könnten. Der erste Ampelstopp nach dem nächsten Ortsschild führt zu amüsanten Wortspielereien: Der Bürgermeister von Pappenheim sollte „seine Pappenheimer kennen”. Und dann entfliehen die Altmühl und wir der Enge des Tales, von nun an sind weite Wiesen angesagt.

Auf der anspruchslosen Bundesstraße 2 nach Weißenburg halten unsere Reifenflanken ein Nickerchen, das aber ein jähes Ende mit dem verschlungenen Aufstieg zur Eichstätter Alb findet. Der dichte Schernfelder Forst nimmt uns auf und spuckt uns bei Eichstätt wieder aus. Von einer Kanzelkehre aus können wir das Panorama der Universitäts- und Bischofsstadt bewundern. Auf der nun folgenden Etappe gewinnen wir wieder an Höhe, denn die Jura-Hochstraße macht ihrem Namen alle Ehre. Die zwanzig Kilometer nach Kinding werden durch keine nennenswerten Ortschaften unterbrochen, wir können die Bikes laufen lassen. Und bald schieben sich wieder die vertrauten Stadttürme Beilngries vors Vorderrad.

Unweit von hier verlief einst ein antikes Bollwerk. Im ersten Jahrhundert nach Christus hatten die römischen Sandalenträger es satt, immer wieder eins auf die Nase zu bekommen und begannen mit dem Bau des Limes, eines militärisch befestigten Grenzwalls, der sich über weite Strecken auch durch die Fränkische Alb zieht.

Altmühltal und Fränkische AlpAm nächsten Morgen gelangen wir bei Denkendorf auf die südliche, also ehemals römische Seite des Walls. Eine klasse Strecke mit tollen Biegungen und griffigem Teer. Die Etappe von Schelldorf nach Donauwörth ist eine Motorradreise der Kontraste: Auf schmalen Trassen sich durch dunkle Forste tasten, von sanften Hügeln aus Weitblicke genießen oder im landschaftlich reizvollen Wellheimer Tal Schmetterlingen beim Tanzen zuschauen. Wir schwingen durch die Juralandschaft der Südlichen Frankenalb, kommen durch Kaisheim mit seinem ehemaligen Zisterzienserkloster und nehmen Kurs auf den Enduropark Hechlingen. Hier, in der Nähe des Meteorkraters Nördlinger Ries, können wir Kurven aller Geschmacksrichtungen vernaschen und anschließend den Höhenzug Hahnenkamm erklimmen. Er bildet die Nahtstelle von Schwäbischer und Fränkischer Alb.

Zurück auf der Bundesstraße 466 umfahren wir das von den Römern gegründete Gunzenhausen, Furten ermöglichten hier einst die Überquerung der Altmühl. Nun steht der Wechsel auf die nördliche Seite des Limes an, die der Barbaren. Auf unserem Weg nach Spalt können wir große Wasserflächen am Horizont im Sonnenlicht glitzern sehen. Das Fränkische Seenland mit dem Großen und dem Kleinen Brombachsee ist eine am Zeichentisch geplante Schöpfung der Neuzeit. Es bildet im Zusammenspiel mit weiteren Gewässern nicht nur ein attraktives Wassersport- und Erholungsgebiet, sondern regelt als Reservoir für den wasserarmen Norden den gesamten Wasserhaushalt der Region.

Altmühltal und Fränkische AlpIn einem Talkessel liegt die verträumte Hopfenstadt Spalt. Die Fränkische Rezat windet sich durch den betagten Ortskern und vereint sich ganz in der Nähe mit der Schwäbischen Rezat zur Rednitz, die dann wiederum bei Bamberg in den Main mündet. Alles ist im Fluss. Ein Ortsschild schießt vorbei – Fliegenstall? Welches Nest würde sich freiwillig diesen Namen geben? Wir werfen unsere Anker aus, drehen um und checken das ab. Alles wird gut: Der Weiler heißt Fiegenstall. Wir entfernen uns vom Limes, die kurzweiligen Landstraßen des Naturparks Altmühltal entführen uns in den Nordosten, nur wenige Ortschaften bremsen unseren Bewegungsdrang. Anschließend queren wir erst die A 9, dann den Main-Donau-Kanal, der sich bei Dietfurt mit der malerischen Altmühl vereinigen wird. Die Große Kreisstadt Neumarkt in der Oberpfalz wird von uns ignoriert und elegant umfahren. Am linken Spiegel öffnet sich weites Land, am rechten ködert uns erneut das Hügelland der Fränkischen Alb. Allzu gern werden wir schwach und folgen einer unscheinbaren Ausschilderung nach Anzenhofen.

Die dann folgenden Kilometer um den Truppen­übungsplatz Hohenfels sind leicht verdaulich und garantiert ohne schädliche Nebenwirkungen. Zusammen mit der Lauterach finden wir uns in Hohenburg wieder. Der dortige Marktplatz gehört zu den schönsten der Oberpfalz, er wird von liebevoll herausgeputzten Fassaden eingerahmt, allen voran das historische Rathaus aus dem 16. Jahrhundert.

Die Alb gibt alles und schafft es, unseren Adrenalinspiegel auf hohem Niveau zu halten. Die Etappe Schmidmühle, Kallmünz, Hemau gleicht einer schnell gerittenen Vielseitigkeitsprüfung: Kurven, Hügel, Mischwald und zwischen Hemau und Painten sogar eine Allee.

Burg RandeckIn Kelheim wechseln wir über die Donau, die zu Zeiten der Römer als nasser Limes die Barbaren fernhielt. Motorrad fahren macht hungrig und durstig. Was liegt da näher, als einen der schönsten Biergärten Bayerns zu besuchen? Und den finden wir inmitten der barocken Klosteranlage von Weltenburg an der Donau. Während die Bikes auf dem nahen Parkplatz pausieren, sitzen wir an rustikalen Holztischen unter mächtigen Kastanienbäumen und lassen uns eine zünftige Brotzeit schmecken, die uns eine freundliche Bedienung in stilvoller Tracht serviert. Das berühmte Weltenburger Klo­ster­bier aus der ältesten Klosterbrauerei der Welt dürfen sich nur die Sozias munden lassen, wir müssen ja noch fahren. Nicht weit entfernt stoppen wir später an den gut sichtbaren Grundmauern des Römerkastells Abusina. Das Kastell am Limesende bewachte einen wichtigen Straßenknotenpunkt auf dem südöstlichen Donauufer. In Neustadt gelangen wir auf die westliche Stromseite und stoppen wenige Fahrminuten später an der Hadriansäule, die wie ein drohender Zeigefinger die Verteidigungsanstrengungen und das Weltmachtstreben Roms untermauert. In Sichtweite der Säule steht ein rekonstruierter Holzwachturm. Von dort aus haben wir nicht nur einen guten Ausblick auf das Donautal, sondern auch auf das Kastell Abusina. Wir wenden und treiben unsere Streitwagen à la Ben Hur auf der Deutschen Limesstraße nach Altmannstein. Jetzt auf die Bundesstraße und schnurstracks nach Hause wäre ein grober Schnitzer! Zusammen mit dem Wasser des Schambachs streben wir hinunter zum nicht weit entfernten Riedenburg. Dabei durchfahren wir Hexenagger, wo aber keine hinterlistigen Besenreiterinnen auf uns lauern. Im romantischen Riedenburg wünschen wir der träge dahinfließenden Altmühl eine gute Nacht und nehmen Anlauf für unseren Anstieg zum Altmühlberg, wo unser gleichnamiges Hotel auf uns wartet.

Reise-Info:

Unterkunft: Hotel Altmühlberg

Hoch über Beilngries bietet das kradlerfreundliche Haus komfortable Zimmer und eine abwechslungsreiche Küche. An der Tankstelle um die Ecke kann das Motorrad gereinigt werden, bevor es in der großen Hotelgarage übernachtet. Das Doppelzimmer mit Frühstück gibt es ab 33 Euro pro Person: Hotel Altmühlberg, Megi und Stefan Rupp, Dorfstraße 4, 92339 Beilngries – Paulushofen, Fon 08461 / 605301, www.altmuehlberg.de

Literatur & Karten:

HB-Bildatlas Band 198 „Altmühltal“. Über 100 Seiten reich bebilderte, geballte Informationen für den ersten Überblick. Zahlreiche Straßenkarten. ISBN 3-616-06298-5. 8,50 Euro.

Motorrad Powerkarten „Süddeutschland und Österreich“, Good Vibrations Verlag, 8 laminierte Blätter, Maßstab 1 : 250.000, nahezu unkaputtbar, Preis 19,90 Euro. Die Karten sind im Buchhandel oder unter www.bike-book-shop. com erhältlich.

Informationen:

Informationszentrum Naturpark Altmühlta l• Notre Dame 1, 85072 Eichstätt •.Fon: 08421 / 9876-0, www.naturpark-altmuehltal.de

BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH, Leopoldstraße 146 • 80804 München, Fon: 089 212397-0 • www.bayern.by