aus Kradblatt 12/14
Text und Fotos: Thomas Bergmann
IVM und Motorradhersteller verhindern Wegfall des 60 km/h-Limits für Motorräder und Gespanne mit Hängern in Deutschland
In Deutschland gilt als einzigem Land der Welt ein gesondertes Tempolimit für Motorräder und Gespanne mit Anhänger. Überall sonst dürfen Kraftfahrzeuge mit Hänger die gleichen Höchstgeschwindigkeiten fahren, egal ob das Zugfahrzeug ein Auto oder Motorrad ist. Das führt hierzulande immer wieder zu der gefährlichen Situation in der Form, dass Motorradfahrer, die sich auf Autobahnen an das für sie geltende Tempolimit von 60 km/h halten, von jedem 40-Tonner überholt werden und dieser dazu auf die linke Spur wechseln muss. Andererseits wurde das Tempolimit für Autofahrer mit Anhänger unter technischen Auflagen inzwischen sogar auf 100 km/h angehoben.
Mit einer Petition an den Deutschen Bundestag habe ich im Januar 2015 gemeinsam mit 388 Mitzeichnern versucht, diese aus den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts stammende Sonderregelung aufheben zu lassen.
Nach 9 Monaten Bearbeitungszeit hat der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags am 16. Oktober 2014 beschlossen, dieses Anliegen abzulehnen (pdf zur Ablehnung).
In der Begründung wird auf die vom Bundestag eingeholte Stellungnahme der Motorradhersteller verwiesen, aus deren Sicht es für die Aufhebung dieses Tempolimits keine Notwendigkeit gibt und dass der Industrie-Verband Motorrad (IVM) auf Anfrage des Bundesverkehrsministeriums keine Erkenntnisse zur Fahrdynamik von Hängergespannen habe und es aus Sicht des IVM auch keinen Markt für Motorradanhänger in Deutschland gibt.
Über 100 Hersteller von Motorradanhängern gibt es weltweit, auch in Deutschland! Dass Anhänger sich hier nur schwer verkaufen lassen, liegt nur an dem unsinnigen Tempolimit aus einer Zeit, als ein Mittelklasse-Motorrad wie die BMW R 25 nur Trommelbremsen hatte und 15 PS Leistung bei 120 kg Eigengewicht. In anderen Ländern fahren heutzutage viele Motorräder mit Anhänger, ohne damit mehr Unfälle als Autofahrer zu verursachen.
Ich habe mit meiner 8.500 km-Tour bis nach Gibraltar und zurück bewiesen, dass sich ein Alltagsmotorrad mit ABS mit einem 140 kg schweren Anhänger z.B. in Frankreich auch bei Geschwindigkeiten bis 130 km/h legal und sicher bewegen lässt.
Bedenklich finde ich an dieser Stelle, dass eine Stellungnahme von Lobbyorganisationen wie dem IVM Innovationen verhindert, die den daran interessierten Bürgern und Wählern damit vorenthalten werden, die Einführung von Tagfahrlicht für Motorräder dagegen sofort legalisiert wird, sobald ein Hersteller wie z.B. BMW das in seine Zubehörliste aufnehmen möchte.
Es bleibt zu hoffen, dass dieses unsinnige Markthemmnis bei nächster Gelegenheit fällt und auch die deutschen Motorradfahrer die Freiheit bekommen, legal im Verkehrsfluss mitschwimmen zu dürfen.
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Kommentare
4 Kommentare zu “60 km/h für Motorräder mit Anhänger”
Wer hat meinen alten Anhänger?
Und Bike?
Typisch Deutschland. Siehe Kleingartengesetz… Gesetze aus Anno vor dem Krieg haben immer noch Gültigkeit obwohl sich die Umstände , die Technik, die Gewohnheiten geändert haben… 🤦♀️🤦🤦♂️
Welch ein Unsinn, dass dieser alte paragraph nicht laengst an aktuelle verkehrsbedingte Begebenheiten angepasst worden ist!! Der technische Fortschritt, der Massentourismus, das enorme verkehrsaufkommen auf unseren strassen verlangt nach einer angepassten Verkehrspolitik; ich selbst bin seit ueber 40 Jahren Lkw chauffeur und Biker und habe grosse Bedenken mit diesem System…; vermutlich sind zu wenig motorraedern mit anhaenger unterwegs, vermutlich passiert hier zu wenig- erst dann wuerde Bewegung in die Sache kommen
Hat man einen Campingurlaub zu zweit auf einem Motorrad vor, ist ein Anhänger ein großes Sicherheitsplus gegenüber einem hoch aufgetürmten Gepäckturm, der die Fuhre schnell kippelig machen kann.
Kritiker, die dann gern auf’s Gespann verweisen, vergessen schnell, dass man einen Anhänger im Fahrbetrieb nicht spürt und die gleich Fahrdynamik hat, wie mit einem Solomotorrad!
Gruß
Lucky