aus Kradblatt 6/18
von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
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Wann riskiert man beim Entfernen vom Unfallort die Fahrerlaubnis?

Dass man sich nach einem Unfall nicht einfach so vom Unfallort entfernen darf, weiß jeder von Euch. Was jedoch passiert, wenn man sich an diese Regelung, die im Strafgesetzbuch unter § 142 StGB verankert ist, nicht hält, möchte ich in diesem Rechtstipp erläutern.

Nach § 142 StGB wird mit einer Freiheits- oder Geldstrafe bestraft, wer sich als Unfallbeteiligter nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass an dem Unfall beteiligt war, ermöglicht hat oder eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne dass jemand bereit war die Feststellung zu treffen. 

Ein recht komplizierter Satz, aber letztendlich sagt er nur aus, dass man nach einem Verkehrsunfall nicht einfach ohne seine Daten zu hinterlassen den Unfallort verlassen darf. Folglich macht derjenige alles richtig, der nach einem Unfall sofort die Polizei ruft und wartet bis diese alle Daten aufgenommen hat. Es wird auch derjenige, der sich nach einer sogenannten Wartefrist vom Unfallort entfernt, nach dem Gesetz bestraft, wenn er die erforderlichen Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht. Dies ist der Fall, wenn er unverzüglich der nahegelegenen Polizeidienststelle die erforderlichen Daten mitteilt. Wie lang die Wartefrist sein muss, wird von den Gerichten völlig unterschiedlich gesehen. Es hängt dabei sicherlich auch von der Schwere des Unfalls ab, von der Tageszeit an dem sich der Unfall ereignet hat und was man unternommen hat, damit die Unfalldaten aufgenommen werden.

Was die meisten jedoch nicht wissen ist, dass ein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort auch zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis führen kann. Die steht nämlich in § 142 StGB nicht drin.

Wer jedoch wegen eines unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt wird, dem wird unter bestimmten Voraussetzungen nach § 69 StGB die Fahrerlaubnis entzogen. § 69 sieht nämlich unter Abs. 2 Nr. 3 vor, dass die Fahrerlaubnis zu entziehen ist, wenn man sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, obwohl man weiß oder wissen kann, dass ein Mensch getötet wurde oder nicht unerheblich verletzt wurde oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist. D.h., die Kenntnis von der nicht unerheblichen Verletzung eines Menschen und natürlich auch die Kenntnis vom Tod eines Menschen beim Unfall führt zwangsläufig zu Entziehung der Fahrerlaubnis.

Was ist jedoch, wenn an fremden Sache ein nicht unbedeutender Schaden entstanden ist, von dem man weiß. Was unbedeutend ist, hierzu äußert sich das Gesetz nicht. 

Die Gerichte haben sich vermehrt schon damit beschäftigt. Wo die Grenze für die Annahme eines bedeutenden Schadens liegt, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Es gibt Gerichte, die diese Grenze bei 1300 € festlegen. Ist folglich am fremden Fahrzeug ein Schaden i.H.v. 1300 € verursacht worden und man hatte hiervon Kenntnis, wird zwangsläufig auch die Fahrerlaubnis entzogen. 

Das Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 8.8.2017, Az. 203 CS 66 JS 36037/17 hat diese Grenze aufgrund des allgemeinen Anstiegs der Reparaturpreise für zu gering erachtet. Es hat die Wertgrenze auf 1600 € in einem Fall, bei dem auf einem Parkplatz ein Sachschaden von 1469,04 € netto entstanden war, hochgesetzt. In diesem Fall war dem Unfallflüchtigen die Fahrerlaubnis nicht entzogen worden. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Ob sich andere Amtsgerichte dieser Erhöhung der Wertgrenze anschließen, muss noch abgewartet werden. Das Landgericht Aachen, Urteil vom 13.11.2017, Az. 66 QS 10/ 16 hat jüngst nochmal betont, dass es lediglich auf die Nettoreparaturkosten ankommt. D.h., liegen die Bruttoreparaturkosten über 1300 € jedoch die Nettoreparaturkosten unter 1300 €, ist die Fahrerlaubnis nicht zu entziehen. 

Letztendlich muss man sagen, dass Ihr alles richtig macht, wenn Ihr nach dem Unfall sofort die Polizei ruft, abwartet bis diese da ist, um die Daten aufzunehmen und dann mit deren Zustimmung den Unfallort verlasst. Ist dies nicht möglich oder Ihr müsst im Stundenbereich warten, müsst Ihr unverzüglich zur nächsten Polizeidienststelle fahren damit dort die Daten aufgenommen werden können. Ihr solltet es nicht riskieren, die Fahrerlaubnis aufgrund eines Entfernens vom Unfallortes zu verlieren. Letztendlich sind Unfallschäden durch Eure Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung zu ersetzen, sodass ihr allenfalls eine Höherstufung in der Versicherung in Kauf nehmen müsst.