Wer unverschuldet in einen Unfall verwickelt ist, der bekommt seinen Schaden natürlich ersetzt. Aber auch dafür gibt es Fristen. Erklärungen von RA Jan Schweers…

 

 

 

Paragraph

aus Kradblatt 4/14 – Rechtstipp

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Endlich „richtig“ Motorradfahren:
Nutzt die neuen Führerscheinklassen!

Wenn der Frühling vor der Tür steht, spielen bei vielen Motorradfahrern die Hormone verrückt. So manch einer bringt diese Hormonausschüttungen durch ein neues Motorrad fast zum Übersprudeln. Wenn man sich dann auch noch vergrößern kann, wird die Saison zum vollen Erfolg. Das seit dem 19. Januar 2013 geänderte Führerscheinrecht hat hierzu sicherlich beigetragen. Seit diesem Datum kann man unter bestimmten Vorraussetzungen mit einem alten Führerschein der Klasse A1 auf ein größeres Motorrad umsatteln. Das Ganze nennt sich dann A2.

Ihr fragt euch sicherlich, wie das angehen kann, denn früher musste man für alles Prüfungen ablegen und wurde kräftig zu Kasse gebeten. Damit ist seit dem letzten Jahr Schluss. Nach dem Motto „Geiz ist Geil“ können sich nunmehr auch Motorradfahrer auf größere Motorräder schwingen, wenn sie eine praktische Fahrprüfung erfolgreich bestanden haben. Die „neue“ Fahrerlaubnisklasse A2, mit der man Motorräder bis zu 35 kW, das sind immerhin 48 PS, fahren kann sieht nämlich vor, dass man, wenn man zwei Jahre im Besitz der Klasse A1 war, nur eine praktische Fahrprüfung ablegen muss um in den Genuss der 35 kW-Bikes kommen zu können. Die Prüfung muss natürlich bestanden werden.

Nach dem erfolgreichem Bestehen wird der Führerschein dann um die Klasse A2 ergänzt. Die Kosten betragen, je nach Geschicklichkeit auf dem Bike, 300 bis 400 Euro. Damit sollte eigentlich jeder auskommen. Eure Fahrschule muss sich vor der Prüfung davon überzeugen, dass ihr die nötigen Fähigkeiten und Erfahrungen besitzt, um eine 35 kW-Maschine zu steuern. Eure Händler halten mehr als 1 Jahr nach der Führerscheinreform viele Maschinen bereit, die als „echte“ 35 kW Maschinen die Voraussetzungen erfüllen, damit ihr sie fahren könnt. Es ist aber auch möglich, sich ein gebrauchtes Bike zu kaufen, das die Voraussetzungen erfüllt oder aber es entsprechend umzubauen. Es gibt für eine Vielzahl von größeren Maschinen Drosselsätze. In Deutschland dürfen auch Motorräder gedrosselt werden, die mehr als 70 kW haben. Es ist dabei zu beachten, dass das Motorrad je Kilogramm maximal 0,2 kW haben darf. Fragt vorher ggf. also euren Motorradfachhändler bzw. lasst die Drosselung dort vornehmen.

In anderen EU-Ländern ist diese Drosselung so wiederum nicht erlaubt. Dort dürfen die Motorräder nicht mehr als 50 Prozent gedrosselt werden. Wenn ihr also mit einem so gedrosselten Motorrad ins Ausland fahren möchtet, solltet ihr euch vor der Fahrt erkundigen (z.B. beim ADAC), ob eure Fahrerlaubnis der Klasse A2 im Urlaubsland ausreicht. Die Österreicher haben z.B. die Regelung, dass für solche Motorräder die Klasse A erforderlich ist!

Wer bereits vor Ablauf der zweijährigen Frist in die Klasse A 2 aufsteigen will, muss sowohl die theoretische, als auch die praktische Prüfung absolvieren, was natürlich mit weiteren Kosten verbunden ist. Ein weiterer Vorteil der neuen Klasse A2 gilt für Inhaber der Klasse A (beschränkt). Sie kommen durch die neue Klasse A2 in den Genuss, jetzt stärkere Maschinen fahren zu dürfen. Mit der Führerscheinklasse A2, die bisher als Klasse A (beschränkt -25 kW) eingetragen wurde, dürfen jetzt Motorräder bis 35 kW (48 PS) und damit 10 kW mehr gefahren werden, als noch vor der Reform. Ein Direkteinstieg in die Klasse A2 ist ab 18 Jahren möglich. Achtung! Die Klasse A2 berechtigt nach Ablauf von zwei Jahren dann aber nicht automatisch zum Fahren von Motorrädern der Klasse A, wie es früher bei dem sog. Stufenführerschein der Fall war. Das Mindestalter für den Aufstieg in die Klasse A beträgt (wie früher) weiterhin 20 Jahre. Ab 24 Jahren ist ein Direkteinstieg in die Klasse A möglich, weshalb der Füherschein der Klasse A2 für alle zwischen 18-23 Jahren ausgelegt ist. Interessant ist, dass diejenigen, die vor dem 1. April 1980 ihren Pkw-Führerschein oder die damalige Klasse 4 ab 16 gemacht haben, als Besitzer des Führerscheins der Klasse A1 angesehen werden. Damit fällt das lästige 125er Fahren weg, wenn man die praktische A2 Prüfung besteht. Dann kann man mit einem 35 kW Bike richtig zur Sache kommen und im beginnenden Rentenalter seinen Traum von der Umrundung der Erde auf dem Bike nochmal verwirklichen. Die 35 kW Regelung ist eine Revolution und sollte so manchen aufs Bike bringen und das Smartphone in der Freizeit in die Ecke legen lassen.

Wer bereits im Besitz der Klasse A2 und 20 Jahre alt ist, muss nach 2-jähriger Fahrpraxis nur noch eine praktische Prüfung machen, damit er die Klasse A erhält. Die Klasse A, d.h. Motorrad mit unbegrenzter Leistung kann nach erfolgreicher Theorie- und Praxisprüfung nunmehr mit 24 Jahren sofort erworben werden.
Die neue Klasse AM ermöglicht zudem allen, die einen Autoführerschein nach dem 1. April 1980 gemacht haben, ein Kleinkraftrad bis 50 ccm und einer maximalen Leistung von 4 kW bei einer Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h zu fahren.

Bei der Klasse A1 fällt die Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ab 16 Jahren weg.
Das Fazit der Reform ist, dass viele positive Veränderungen und Vorschriften im Bereich der Führerscheinklassen in Kraft getreten sind, die uns den Einstieg und vor allem Aufstieg in unser Lieblingshobby deutlich vereinfachen. Wer es noch nicht gemacht hat, sollte sich vor der Saison Gedanken machen, ob er zum Biker wird. Biken macht Spaß und hält jung!