aus bma 5/13
von Georg Betzl
Hallo, ich möchte mich erst mal vorstellen. Ich bin eine Yamaha Radian 600 meine Bezeichnung laut Hersteller ist YX 600. Angetrieben werde ich von einem Luft gekühlten vier Zylinder Motor mit 60 PS. Mein offizieller Standard ist Naked Bike aber durch mein Aussehen und die Aufmachung gehe ich auch als Cruiser durch. Gebaut wurde ich 1986 in den USA. Viele werden jetzt sagen Moment, Yamahas sind japanische Motorräder. Das stimmt, aber wir Radian wurden in Amerika für den US Markt gebaut für Europa waren wir nie bestimmt.
Allerdings erwiesen wir uns wohl nicht als Bestseller und so landeten einige von uns eben doch in Europa, in den Niederlanden um genau zu sein. Die Amerikaner stehen wohl auf eine Marke. Mir erging es genauso und es hat auch nicht sehr lange gedauert bis mich eine Frau aus Deutschland gekauft hat. So kam ich hierher. Ich bekam eine deutsche Zulassung und sollte fortan auf deutschen Straßen bewegt werden. Das mit dem Bewegen war aber so eine Sache. Leider war die Frau Anfängerin und so hatte ich doch einige Male Kontakt mit dem Asphalt. Aber gut, Motorräder können sich nun mal nicht aussuchen, von wem sie gefahren werden. Mein Zustand verschlechterte sich zusehends. Nach zwei Jahren kam ich zu einem Händler, der alle Schäden reparierte – mein Äußeres war wieder hergestellt.
Der nächste Besitzer war wieder eine Frau. Aber dieses Mal kam ich in wirklich gute Hände. Die Frau fuhr nicht viel mit mir aber ich wurde immer gewartet und ganz oft geputzt. Leider hielt auch diese Verbindung nicht allzu lange; wieder wechselte mein Besitzer. Und wie könnte es anders sein, eine Frau. Hier wurde ich zwar wieder öfter gefahren, nur leider war es ähnlich wie mit der ersten Frau – ich hatte wieder Bodenkontakt. Manchmal kam ich mir wie ein Testgerät vor, mit dem die Härte von Asphalt ausgelotet wird. Zu allem Überfluss stand ich hier auch noch draußen und an den abgeschrammten Stellen machte sich der Rost breit. Das ging einige Jahre so. Doch dann hatte die Frau wohl genug vom Motorrad fahren und brachte mich zu einem Händler, wo ich erst mal untergestellt werden sollte. Das allerdings war kein Motorrad-Händler sondern jemand, Achtung jetzt kommt’s, der mit gebrauchten LEICHENWAGEN handelt und diese auch sammelt. In dieser Halle verbrachte ich viele Jahre, was meinem ohnehin schon schlechten Zustand nicht gerade zuträglich war, aber immer noch besser als draußen zu stehen.
Aber das Blatt sollte sich doch noch einmal wenden. Ich hatte schon die Hoffnung aufgegeben wieder mal über kurvige Straßen zu fahren und das zu tun, wozu Motorräder gebaut sind. Doch dann tauchten ein Mann und eine Frau auf und ich wurde sehr skeptisch von jeder Seite beäugt. Leider lief mein Motor nicht, doch der Mann hatte sehr schnell erkannt warum nicht. In meinen Tank war Wasser gekommen und der Rost hatte sich über die Jahre auch dort ausgebreitet. So konnte der Motor nicht anspringen. Hinzu kam noch der wirklich sehr schlechte gesamte Zustand. Doch trotz alledem wurden sich das Pärchen und der Leichenwagen-Händler einig, ich durfte mit. Man verlud mich in einen Anhänger und los ging die Reise in ein neues Zuhause. Dort angekommen schob der Mann mich in eine kleine Werkstatt. Hier verlor man nicht viel Zeit. Sofort wurde an mir gearbeitet und wer hätte das gedacht, plötzlich lief auch mein Motor wieder. Doch das war erst der Anfang. Nun rückten mir beide zu Leibe.
In Windeseile wurde alles bis auf die letzte Schraube zerlegt und instandgesetzt. Rahmen und Motor wurden gesäubert und entrostet und bekamen neuen Lack. Einige Teile waren wohl nicht zu retten, es musste Ersatz her. Neuteile waren schwer zu bekommen, deshalb wurden mir einige Gebrauchtteile von einer Schwester implantiert die wohl ein härteres Schicksal als mich getroffen hatte. Es gab auch schicke Neuteile wie einen Scheinwerfer, Lenker, Spiegel und Blinker aus dem Zubehörhandel. Außerdem bekam ich auch einen schicken neuen Lack und eine frische Sitzbank. Auch alle Verschleißteile wie Reifen, Kettensatz, Bremsen, usw. gab es neu. Und die vielen rostigen Schrauben waren Vergangenheit. Sie wurden fast alle durch Edelstahl ersetzt.
Nachdem alle Arbeiten abgeschlossen waren stand der TÜV an. Dort gab es Probleme weil die verbauten Teile an mir keine ABE oder Zulassung hatten. YX taucht in keiner ABE auf also musste alles extra eintragen werden. Doch auch diese Hürde wurde genommen. Ich bekam nach 11 Jahren wieder ein Nummernschild und durfte endlich auf die Straße. Nach einer ausgiebigen Probefahrt brauchte ich nicht mehr zurück in die Werkstatt in der ich einige Zeit verbracht hatte. Mein neuer Stellplatz war jetzt zwischen den anderen Familien-Motorrädern, in einem Wintergarten. Mit zwei weiteren Yamahas, einer Kawasaki, einer Suzuki und einer MV Agusta. Hier muss man sich als Motorrad einfach wohl fühlen. Hoffentlich muss ich nie weg von hier. Und jetzt schaut mich an, bin nicht wieder eine echte Schönheit geworden! Ich habe schon fast vergessen, wie ich vor einiger Zeit noch ausgesehen habe.
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Kommentare
7 Kommentare zu “Yamaha YX 600 Radian”
Ein echtes Liebhabermotorrad 🙂
Vielen Dank für den Bericht. Ich fahre seit diesem Jahr eine Yamaha YX600 Radian in dunkelblau. Es ist gar nicht so leicht Infos/Tipps/Handbuch zu bekommen, da wie Du schon beschrieben hast, es gar nicht für Deutschland gedacht war. Ich bin gespannt, wann ich das erste Mal einer weiteren Yamaha Radian über den Weg fahre.
Beste Grüße aus Niedersachsen,
Annie
Ich möchte gern mein Radian von die Niederlande nach Östereich importieren. Leider haben sie mir beim TÜV gesaght das ohne technisches Datenblatt es nicht geht. Haben Sie noch das information das gehört zu das motorrat? Viele danke!!!
Hallo Silke, welch ein Zufall. Du bist tatsächlich die 2. Besitzerin der Radian gewesen. Das konnte ich anhand der Fahrzeugpapiere nachvollziehen. Vielen Dank für die Infos. Ich konnte nur das wiedergeben was mir der Leichenwagenhändler aus Wuppertal erzählt hat. Mittlerweile war sie schon auf einigen Bikeshows und hat auch schon einen Preis gewonnen für die Beste Restaurierung.
Ich war dann wohl die zweite der drei Frauen. Aber die Geschichte stimmt nicht ganz ;-). Die erste Frau hat die Maschine von ihrem Freund geschenkt bekommen. Sie ist aber nur selten gefahren, da sie sich schon in der Fahrschule bei Glatteis lang gemacht hatte und das Fahrschulmopped sowie 2 parkende Autos dabei geschrottet hatte. Sie hatte Angst, zu fahren und ihr war die Radian zu „schwer“. Ich habe die Maschine in optisch relativ schlechten, technisch aber halbwegs gutem Zustand in einer Werkstatt stehen sehen und wollte sie unbedingt haben. Hatte aber noch gar keinen Führerschein. Die Vorbesitzerin hat sie mir für kleines Geld verkauft und während ich meinen Führerschein gemacht habe, habe ich angefangen, sie zu restaurieren. Bzw. restaurieren zu lassen. Zumindest weitgehend. Das muss 1998 gewesen sein. 2000 habe ich sie entdrosseln lassen. Sie hatte zum damaligen Zeitpunkt nur einen kleinen Schaden, weil sie der Vorbesitzerin mal umgefallen sein muss. Waren aber nur ein paar kleine Schrammen auf dem „Yamaha-Deckel“. Sollte es weitere Sturzschäden gegeben haben, können die erst ab Besitzer 3 zustande gekommen sein. Aber stimmt, ich habe sie 2001 bei dem Yamaha-Händler Krumrein in Wuppertal in Zahlung gegeben, für eine Yamaha Fazer mit 98 PS. Mit der kam ich dann 360 KM statt nur 120KM weit (was bei Touren durch die Eifel von Vorteil ist, da dort die Tankstellen weit auseinander liegen) und die Verkleidung machte das schnellere Fahren weitaus angenehmer. Und stimmt auch…nach mir hat wieder eine Frau das Motorrad gekauft. Schade, dass sie sie hat so verkommen lassen. Umso schöner, dass sie nun wieder in guten Händen ist!
Hallo,
ich würde wetten, dass die hellblaue Radian mal meine gewesen ist! Ich habe sie in Velbert lackieren lassen und die Sitzbank war eine Spezialanfertigung für die Vorbesitzerin. „Meine“ Maschine hatte am Tank vorne rechts eine gespachtelte Stelle genau an der Rundung oben, weil dort mal eine Beule war. Sie war früher auf 27 PS gedrosselt und hatte später 67 PS. Werde ganz schwermütig, wenn ich sie sehe und erinnere mich gerade daran, wie schwierig es gewesen ist, neue Schwimmer-Nadelventile zu bekommen. Für die beiden Plastikdeckel mit dem Radian-Schriftzug habe ich 250 DM bezahlt, weil sie mir geklaut worden waren. Abgegeben habe ich sie nur wegen des kleinen Tanks mit 120KM Reichweite. War ein tolles Mopped..und mein erstes!
Hallo habe Probleme beim TÜV, ich benötige dringend wenn es geht eine Kopie des Fahrzeugbrief lässt sich da was machen???
LG Dieter Michels
Wer hat denn die schicke Sitzbank angefertigt ? 🙂